Internetsicherheit:Aus Versehen gehackt

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Ulrich Leiner ist als Vorsitzender der Haarer Grünen nicht gerade prominent. Und er setzt soziale Netzwerke sparsam ein. Dennoch wurden Daten gehackt und veröffentlicht. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Haarer Grünen-Vorsitzende Ulrich Leiner zählt zu den Opfern des Diebstahls von Politiker-Daten. Der Täter hat ihn ganz offensichtlich mit einem prominenten Parteifreund verwechselt.

Von Bernhard Lohr, Haar

Der Haarer Grünen-Vorsitzende Ulrich Leiner wunderte sich nicht schlecht, als er kürzlich Anrufe aus der Parteizentrale in Berlin und aus dem Münchner Polizeipräsidium erhielt. Von einem Tag auf den anderen fand er sich in einer Reihe mit der bundesdeutschen Politprominenz wieder. Denn die Berliner Parteifreunde und die Polizeibeamten eröffneten ihm, dass der Hacker, der persönliche Daten von Hunderten Politikern ausgeforscht und öffentlich ins Netz gestellt hatte, es auch auf ihn abgesehen hatte. Nach der ersten Überraschung kam am Telefon allerdings schnell der Hinweis, was den 20-jährigen mutmaßlichen Täter dazu verleitet haben könnte, den überregional völlig unbekannten Haarer Grünen-Chef aufs Korn zu nehmen.

Denn die Anrufer fragten Leiner, kaum dass sie ihn über das Datenleck informiert hatten, gleich nach seiner Arbeit im Landtag und offenbarten damit, dass sie wie offensichtlich der Hacker selbst einem Irrtum aufsaßen. Sie verwechselten Ulrich Leiner mit seinem Parteifreund Ulli Leiner, der von 2013 bis 2018 Mitglied des Landtags war. Dessen Daten hatte der Hacker aus Mittelhessen, der noch zur Schule geht und zu Hause wohnt, wohl abgreifen wollen. Nach einer ersten Befragung durch die Polizei bekannte er, dass er sich mit seinem Hacker-Angriff gezielt an Politikern habe rächen wollen, über die er sich geärgert habe. Dass er sich über den Haarer Grünen-Chef echauffiert haben könnte, ist eher unwahrscheinlich. Leiner nimmt es mit Galgenhumor: "Nicht prominent, aber verwechselt und dennoch Daten veröffentlicht - sozusagen doppelter Mist."

Doch auch wenn er nicht gemeint war - betroffen ist Leiner doch. Zwar seien keine allzu heiklen Daten abgegriffen worden, sagt er. Und als relativ unbekannter Politiker muss er eher nicht fürchten, dass Informationen wie seine Handynummer über ihn eifrig weitergereicht werden. Er ist am Mittwochnachmittag ohne Probleme telefonisch zu erreichen und erzählt dann, wie er im Oktober merkte, dass jemand auf Daten auf seinem Computer zugriff. Plötzlich seien alle E-Mails verschwunden gewesen, sagt Leiner. Jemand habe diese allerdings wenig professionell gelöscht, sodass er sie mit Hilfe des Providers im Ordner für kürzlich gelöschte Dateien gefunden habe. "Das ist schon ein blödes Gefühl", sagt Leiner. Mit Blick auf die Dimension des Datenklaus bei Hunderten Politikern, der beim Grünen-Parteichefs Robert Habeck bis ins familiäre Umfeld reichte, spricht Leiner von einer Warnung für alle. "Da sieht man, wie dünn das Eis ist."

Der Versuchung, es Habeck nun gleich zu tun und mit Twitter und Facebook zu brechen, kann Leiner nicht erliegen. Er ist in einer anderen Situation, weil er nicht derart im Rampenlicht steht. Facebook nutzt er kaum und über einen Twitter-Account verfügt er gar nicht. Er lehne es ab, in "abgehackten, kurzen Sätzen zu denken", sagt er. Dabei will er die sozialen Netzwerke gar nicht verteufeln.

Der Haarer Grünen-Chef freut sich, gerade jetzt vor der anstehenden Kommunalwahlkampf, darüber, dass seine Grünen am Ort auf ihrer Facebookseite mehr Likes haben als die konkurrierende SPD und die CSU. "Das Problem ist nicht die Technik", sagt Leiner, der beim Fraunhofer-Institut über Künstliche Intelligenz forscht und somit vom Fach ist. "Das Problem ist der Mensch." Die Politik müsse den Datenschutz in Europa ganz oben auf die Agenda setzen.

© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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