Integration:Fahrstunden und Kurse in Rewe-Deutsch

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Deutschkurse sind wichtig für die Integration. Um Geflüchtete in Arbeit zu bringen, braucht es aber noch mehr. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Landratsamt fördert gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer und einzelnen Unternehmen die Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt. Dazu gehört auch der Abbau von bürokratischen Hürden, die Arbeitgeber von der Beschäftigung Geflüchteter abhalten

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

"Die Menschen müssen arbeiten." Diesen Satz wiederholt Landrat Christoph Göbel (CSU) mantraartig, wenn es um die Bemühungen des Landkreises München geht, die Geflüchteten in die Gesellschaft und die 29 Städte und Gemeinden zu integrieren. Die Politik aber ist nur ein Akteur in diesem langfristigen Prozess - wenn auch derjenige an den entscheidenden Hebeln. Nicht zuletzt aus diesem Grund läuft seit geraumer Zeit das Projekt "Weil Integration mehr als Sprache ist", bei dem sich vor allem Unternehmer und Arbeitgeber über die Einstellung von Flüchtlingen informieren können - die aber auch dem Austausch von Behörden, Helferkreisen und Unternehmen dienen soll.

Die bereits vierte Runde dieses Dialogs fand unter Teilnahme der Gemeinden im nordöstlichen Landkreis unlängst im Kulturellen Gebäude in Aschheim statt. Und das Treffen machte deutlich, dass die Integration der Schutzsuchenden in den Arbeitsmarkt vieler Anstrengungen bedarf - aber auch Chancen bietet. Diese wurden beim sogenannten Markt der Möglichkeiten deutlich, an dem Hilfsorganisationen, Netzwerke, Jobvermittler, die Ausländerbehörde und das Jobcenter im Landratsamt sowie Vertreter der Gemeinden Aschheim, Feldkirchen, Grasbrunn, Haar, Hohenbrunn, Kirchheim, Neubiberg, Ottobrunn und Kirchheim teilnahmen.

Einen ganz besonderen Weg bei der Integration vermag Ibrahim Dourra Maiga aufzuzeigen, der als Integrationskoordinator beim Handelsunternehmen Rewe Süd tätig ist. Maiga hat innerhalb seines Konzerns ein eigenes Konzept der Arbeitsmarktintegration entwickelt, das Praktika, Einstiegsqualifizierungen, Ausbildungen und Sprachkurse entwickelt. Flüchtlinge, die hier arbeiten wollen, müssen ein gewisses Sprachniveau nachweisen und sich auch einem schriftlichen Test unterziehen. Während der Einstellung vermitteln Mitarbeiter den neuen Kollegen in Kursen dann auch das sogenannte Rewe-Deutsch - also die notwendige Fachsprache, um in der Ausbildung oder der Anstellung schneller besser zurecht zu kommen.

18 Flüchtlinge werden zu Berufskraftfahreren ausgebildet

Auch das Jobcenter im Landkreis geht nach Aussage von Leiter Bernhard Sexl bei der Integration eigene, innovative Wege. Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer arbeitet das Jobcenter derzeit an einer Teilqualifizierung von insgesamt 18 Flüchtlingen, davon zwölf aus dem Landkreis, zu Berufskraftfahrern. Die beiden Partner helfen den meist jungen Menschen bei ihren Schnupperpraktika, bei einem berufsbezogenen Sprachkurs oder beim Erwerb des Führerscheins.

Bevor es an den praktischen Einstieg von Flüchtlingen in den Berufsalltag oder die Ausbildung geht, gilt es aber stets zahlreiche bürokratische Hürden zu meistern - und aus Sicht der Helfer und Arbeitgeber auch den eigenen Wissensstand zu vergrößern. Das "Zentrum für Flucht" der Agentur für Arbeit in München bietet auch Unternehmen aus dem Landkreis spezielle Fördermöglichkeiten und Dienstleistungen an, mit denen die Qualifizierung und Integration von Flüchtlingen deutlich schneller gelingen kann. "So früh wie möglich", sagt Yasin Birinci vom Zentrum für Flucht, sollten sich Arbeitgeber an die Initiative wenden, um "passgenaue Strategien" für jeden einzelnen potenziellen Auszubildenden und Arbeitnehmer zu entwickeln.

Unternehmen sollen Planungssicherheit erhalten

Im Landkreis München ist die Ausländerbehörde im Landratsamt für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen zuständig. Diese Thematik hat in den vergangenen Monaten immer wieder zu Unsicherheiten und auch Frustration bei den Flüchtlingen selbst und den Ehrenamtlichen in den Helferkreisen geführt. Das Projekt "Integration ist mehr als Sprache" soll daher auch helfen, Missverständnissen vorzubeugen - und den Unternehmen Ängste zu nehmen, einen Schutzsuchenden einzustellen, weil dessen Status nicht geklärt ist.

Mit Verweis auf die durch das Landratsamt erarbeiteten Richtlinien macht Angela Schwarzbach noch einmal deutlich, wer einer Beschäftigung nachgehen darf: grundsätzlich alle Asylbewerber, außer jene aus als sicher geltenden Herkunftsländern. Für anerkannte Asylbewerber und Personen mit Aufenthaltserlaubnis gibt es überhaupt keine Einschränkungen, Asylbewerber mit Duldung können nach einer dreimonatigen Frist mit Zustimmung der Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit einer Beschäftigung nachgehen. Auch die sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung findet dementsprechend im Landkreis München weiter Anwendung. Danach dürfen Asylbewerber, deren Asylantrag nach Erteilung der Beschäftigungserlaubnis abgelehnt wird, ihre Ausbildung beenden. Auch diese Richtlinie soll den Unternehmen im Landkreis mehr Sicherheit geben.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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