Bürgerversammlung Hohenbrunn:Spektakulär und voluminös in die Zukunft

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Modell als Blickfang: Viele der anwesenden 70 Bürger interessierten sich für den ausgestellten Entwurf des neuen Wohngebiets Hohenbrunn West inklusive Realschul-Neubau. (Foto: Sebastian Gabriel)

Bürgermeister Stefan Straßmair verspricht ein autofreies Wohngebiet und eine schöne Realschule. Wegen der hohen Investitionskosten schläft allerdings nicht nur er manchmal schlecht.

Von Stefan Galler, Hohenbrunn

Schon vor dem Beginn der Bürgerversammlung scharten sich die Menschen um das Modell im Foyer der Carl-Steinmeier-Mittelschule: So also soll das neue Wohngebiet Hohenbrunn West mit der ebenfalls neuen Realschule unmittelbar neben der Bahnlinie eines Tages aussehen. Acht etwa 60 Meter lange Mehrfamilienhäuser, von denen fünf jeweils fünf Stockwerke haben, sind in diesem Entwurf zu sehen, dazu vier Sechsspänner mit jeweils sechs Reihenhäusern. Und der Schulkomplex, mit zwei ineinander verschränkten Quadraten und jeweils großzügigen Lichthöfen.

Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) betonte zwar mehrfach im Laufe des Abends, dass er dieses Bauprojekt nicht in den Mittelpunkt der Versammlung rücken wolle, weil es eigens dafür schon bald einen Informationsabend für die Bevölkerung geben werde. Doch viele der etwa 70 anwesenden Bürgerinnen und Bürger interessierten sich vor allem dafür. Und so staunten die einen über das durchaus spektakuläre Modell, während die anderen ihre Sorgen ansprachen: Die Bebauung sei zu groß und zu hoch, finden Skeptiker, sie fürchten zu viel Zuzug für die bestehende Infrastruktur und ein heftiges Verkehrschaos rund um diesen neuen Komplex.

Der Rathauschef teilt diese Bedenken nicht, er verwies etwa darauf, dass die Zahl der Bürger in Hohenbrunn im Vergleich zu vielen anderen Umlandgemeinden nur sehr schleppend nach oben gehe und zudem diese immer älter würden, weil junge Familien keine Wohnungen fänden. Und er ist der festen Überzeugung, dass man den zusätzlichen Verkehr in den Griff bekommen wird: "Es wird ein autofreies Wohngebiet, alle Autos parken unterirdisch in der großen Tiefgarage", führte Straßmair aus. Und darauf angesprochen, dass doch schon jetzt auf der Hohenbrunner Straße kaum mehr ein Durchkommen sei und Radfahrer immer wieder in gefährliche Situationen kämen, sagte der Bürgermeister: "Ich gehe davon aus, dass die Erschließung vor allem über die B 471 laufen wird."

Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair bei der Bürgerversammlung am Dienstagabend. (Foto: Sebastian Gabriel)

Im Gemeinderat hat sich in nicht-öffentlichen Klausursitzungen eine klare Mehrheit für die Pläne ausgesprochen, das bestätigte auch Straßmair. Doch ein zarter Gegenwind kommt nun doch, und zwar von der Überparteilichen Wähler Gemeinschaft - Freie Wähler (ÜWG-FW) und deren Vorsitzenden Karlheinz Vogelsang. "Die geplante Bebauung sprengt den bisherigen Rahmen", sagte der Gemeinderat, der die acht großen Wohngebäude für zu mächtig hält: "Das sind brutale Kaliber mit 60 Metern Länge und jeweils drei Etagen plus zwei Dach-Stockwerken." Die ÜWG-FW spricht sich zudem gegen die 24 Reihenhäuser aus, will stattdessen zusätzliche Mehrfamilienhäuser, diese aber sollten weniger voluminös sein. Die Botschaft "Bebauung mit Augenmaß", die er auf einem CSU-Flyer gesehen habe, könne er jedenfalls nicht teilen, so Vogelsang.

Stefan Straßmair nimmt die überraschenden Zweifel der Freien Wähler gelassen auf. "Wir hatten zwei Architekten im Gemeinderat, da war die überwiegende Mehrheit für den Vorschlag. Plötzlich kam Florian Streibl im Wahlkampf nach Hohenbrunn und die Freien Wähler sehen alles anders." Vogelsang wiederum unterstreicht, dass er und sein Fraktionskollege Peter Berger keineswegs gegen Wohnbebauung seien und auch begrüßten, dass das Bauunternehmen Dibag in Hohenbrunn West ausschließlich Mietobjekte bauen wolle: "Wir sprechen uns schon lange für die Schaffung von neuem Wohnraum in Hohenbrunn-Dorf aus, insbesondere für junge Leute und Familien."

So werden sich wohl im November die letzten Details zum Bebauungsplan klären, nachdem bereits zweifelsfrei feststeht, wie die Realschule aussehen wird. Kurioserweise wird aber nicht der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs realisiert, sondern jener, der nur den dritten Platz belegt hat. "Die Sieger hatten ein wirklich außergewöhnliches und auch spektakuläres Modell vorgelegt. Eine Schule, nach der man sich beim Vorbeifahren umgedreht hätte", sagte Straßmair. Doch wegen formal-rechtlicher Fehler fand der Entwurf keine Berücksichtigung. Und so fiel die Wahl auf den Plan von Köhler Architekten in Gauting und Wanker und Fischer, Landschaftsarchitekten aus Gauting. "Es wird eine schöne Schule", versprach Straßmair.

Allerdings auch eine teure, denn das Grundstück im Wert von sieben Millionen Euro muss die Gemeinde einbringen, zudem anteilig über den Zweckverband einen ordentlichen Batzen der geschätzt 80 Millionen Euro Baukosten berappen. Aktuell nicht die einzige üppige Investition Hohenbrunns: Der Sportcampus mit dem neuen Hallenbad kostet 27 Millionen, davon hat die Gemeinde etwa 20 Millionen zu tragen, dazu kommen jährliche Betriebskosten von etwa einer Million Euro. Der bis 2026 geplante barrierefreie Umbau des Bahnhofs wird etwa vier Millionen Euro kosten, was die Verbindlichkeiten noch weiter in die Höhe treibt - schon für das Jahresende 2023 kalkuliert die Gemeinde mit einem Schuldenstand von 18,4 Millionen Euro, während die Rücklagen auf 6,3 Millionen zusammengeschmolzen sind.

Eine Hohenbrunnerin äußerte bei der Bürgerversammlung daher große Bedenken. Bürgermeister Straßmair ließ sich aber nicht beirren, er schlafe zwar auch manchmal schlecht aus Sorge um die Gemeindefinanzen. "Aber das, was wir uns vorgenommen haben, das geht!", sagte er. Es sei besser, für die Jugend zu investieren in Form der Schule und des Schwimmbads, anstatt das Geld auf dem Konto herumliegen zu lassen. "Wir haben uns langfristig günstige Zinsen gesichert und die Tilgung läuft", sagte Straßmair. "Und wir drehen jedes Zehnerl dreimal um."

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