Haar:Praxiseröffnung unter Schmerzen

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Gegenüber dem Hochhaus in der Münchner Straße 11 wird die Radiologie eingerichtet. Der Gemeinderat hat das jetzt genehmigt. (Foto: Angelika Bardehle)

Das Rathaus ebnet den Weg für eine Radiologie. Der Hausbesitzer zieht Ärger auf sich, weil er die Räume unter falschen Vorgaben vermietet hat.

Von Bernhard Lohr, Haar

Hunderte vom Schmerz Gekrümmte haben in Haar vor der Adresse Münchner Straße 14 schon in der Hoffnung den Blick nach oben gerichtet, dass dort im 13. Stock Linderung möglich ist. Dort betreibt Samer Ismail das Wirbelsäulenzentrum München-Ost. Über Jahre hat sich der Facharzt für Neurochirurgie damit einen Ruf erarbeitet, bei akuten und chronischen Erkrankungen der Wirbelsäule helfen und vor allem auch Schmerzen lindern zu können. Mehr als 30 000 Patienten, mehr als 15 000 Operationen, mehr als 90 000 Behandlungen: So wirbt er im Internet. In Kürze eröffnet Ismail mit einem Partner zusammen direkt gegenüber noch eine Radiologie. Bei dem allerdings, was den Ärzten im Vorfeld dieser Eröffnung zugemutet wurde, wurde aus Sicht vieler Gemeinderäte eine Schmerzgrenze weit überschritten.

Während die Patienten in dem Hochhaus bequem mit dem Aufzug in die Praxis hinauffahren können, soll die Radiologie besonders leicht erreichbar im Erdgeschoss im Geschäftshaus mit der Hausnummer 11 direkt gegenüber eingerichtet werden. Samer Ismail hat dort nach seinen Angaben bereits im Oktober 2021 ein Ladengeschäft angemietet, das während Corona lange Zeit leer gestanden war. Ein Kernspintomographiegerät (MRT) wurde angeschafft, das der Facharzt letztens im Gemeinderat, als er sein Projekt vorstellte, als eines der modernsten und nachhaltigsten Geräte auf dem Markt präsentierte. Es hat eine besonders große Röhre und ist für Menschen mit Platzangst geeignet. In sechs Minuten sind die aufwendigsten Untersuchungen erledigt. Patienten können sich in der Zeit mit Videos ablenken.

Dass Samer Ismail sein Projekt im Gemeinderat ausbreitete, hatte aber damit zu tun, dass nicht alles glatt gelaufen ist nach der Anmietung der Räume. Zwar habe ihm der Vermieter versichert gehabt, dass er dort eine Praxis einrichten könne; doch das traf nicht zu. Deshalb musste jetzt nachträglich eine formelle Nutzungsänderung beantragt und durch den Gemeinderat genehmigt werden. Der gaben alles Gemeinderäte gerne statt. Horst Wiedemann (SPD) strich vor allem die Möglichkeit heraus, dass sich hier auch Patienten mit Klaustrophobie untersuchen lassen könnten. "Das ist für viele Menschen in Haar ein großer Gewinn."

"Es nervt doch sehr, sich so an der Nase herumführen zu lassen."

Allerdings gab es mehrere kräftige Seitenhiebe in Richtung Vermieter: SPD-Fraktionschef Thomas Fäth beklagte, dass dieser "zum wiederholten Male" ein derart rücksichtsloses Gebaren an den Tag gelegt habe. "Es nervt doch sehr, sich so an der Nase herumführen zu lassen", sagte Fäth. Das Rathaus solle diesem mal sehr deutlich zu verstehen geben, dass das so nicht gehe. Peter Paul Gantzer (SPD) riet zudem, den Fall beim Landratsamt zu melden, damit es vielleicht auch eine Geldbuße geben könne, um zu zeigen: "Jetzt hat er mal die Grenzen überschritten." Dietrich Keymer (CSU) warnte davor, dass der Vermieter die Genehmigung missverstehen könnte mit Blick auf weitere Wünsche zur Nutzungsänderung. Es gehe ausdrücklich nur um besagte, genau definierte Räume.

Die Radiologie soll demnächst öffnen. Samer Ismail betonte den Wert dieses neuen diagnostischen Stützpunkts für Haar und Umgebung. Die Gemeinde wachse zügig durch das neue Wohngebiet im Jugendstilpark. Auch passe so eine Einrichtung zu einer Kommune, die Stadt werden wolle. Für die neue Radiologie in der Münchner Straße 11 gibt es Ismail zufolge eine Kassenzulassung. Es profitierten nicht nur seine Patienten. Das moderne Gerät sei zu 50 Prozent zur Nutzung von externen Patienten vorgesehen. So könnten dort etwa auch Bewohner des Maria-Stadler-Seniorenheims untersucht werden. Die Lage mit Parkplatz vor der Tür sei hervorragend geeignet, um Liegend-Patienten aufzunehmen, was zum Beispiel bei mancher Radiologie in der Münchner Innenstadt nicht ohne weiteres möglich sei. Wegen dieser einzigartigen Lage habe er sich die Ladenräume gesichert.

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