Soziale Arbeit:Kreativer Schub für das bunte Haus

Lesezeit: 3 min

Natascha Heidemann hat Mitte Januar die Leitung des Familienzentrums in Haar übernommen. (Foto: Claus Schunk)

Bevor sie die Leitung des Haarer Familienzentrums übernahm, hat Natascha Heidemann das Theateratelier für Menschen mit psychischen Erkrankungen in München geführt. Diese Erfahrung will sie in ihrer neuen Aufgabe einbringen.

Von Laura Geigenberger, Haar

Gerade einmal seit zwei Wochen arbeitet Natascha Heidemann im Familienzentrum in Haar - doch es wirkt, als sei sie dort seit Jahren mit dabei, so ausführlich und leidenschaftlich spricht sie über die Strukturen und Angebote der Einrichtung. Sie sei "hoch motiviert", in die neue berufliche Herausforderung "einzutauchen", sagt die 44-Jährige. "Ich habe einfach so Lust. Wenn ich abends nach Hause gehen muss, denke ich immer: Stimmt, ich habe auch noch ein anderes Leben."

Mitte Januar übernahm Heidemann die Leitung des Haarer Familienzentrums von der bisherigen Chefin Evi Fahmüller, die sich nach 20-jähriger Tätigkeit - davon 13 Jahre im Vorsitz - nun anderen Projekten widmen will. Als Sozial- und Theaterpädagogin habe sie "immer schon versucht, die pädagogischen Aufgaben mit Künstlerischem zu kombinieren", erzählt Heidemann, gebürtige Bielefelderin und selbst Mutter einer kleinen Tochter.

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So sei sie bislang viel in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe tätig gewesen, habe an Schulen und Jugendeinrichtungen Theaterprojekte initiiert und Workshops gegeben. Durch eine Stelle in einem SOS-Kinderdorf sei sie nach München gekommen. Zuletzt führte sie elf Jahre das "Theateratelier", eine künstlerisch ausgerichtete Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Ihre "kreative Ader" wolle sie nun auch in ihrer neuen Rolle als Leiterin des Familienzentrums beibehalten, so die 44-Jährige. "Ich würde zum Beispiel gerne künstlerische Binnenbereiche wie ein Theater für die ganz Kleinen oder Kooperationen schaffen, weil Kunst sehr entlasten und einen anderen Blick auf das Leben schaffen kann."

Denn die Aufgabe der Haarer Institution lautet seit ihrer Gründung vor rund 36 Jahren: Familien bei der Alltagsbewältigung unterstützen sowie ihnen bei Bedarf ein Hilfs- und Kontaktnetzwerk an die Hand geben. Rund 2000 Besucher gehen monatlich in der Selbsthilfeeinrichtung an der Salzgasse ein und aus; von Schwangeren über Eltern mit Säuglingen bis zu älteren Kindern, davon viele mit Migrationshintergrund.

Für die rund 50 Mitarbeitenden berge das ein "großes Potpourri an Herausforderungen" aber auch viele Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten, ist Heidemann überzeugt: "Das Schöne ist, dass dieses Familienzentrum ein großes, buntes Haus ist. Deswegen kann man wirklich alle Bereiche hier mit reinholen."

Neben Raum für Spiel und Spaß hat die Einrichtung zahlreiche Gruppen, Kurse, Veranstaltungen und Dienstleistungen zu bieten, etwa Yoga-Angebote für Mütter, Rechtsberatungen, Still- und Schlafsprechstunden mit Pädagogen, ein Secondhand-Laden mit günstigen Kindersachen und spezialisierte Gruppen wie japanische Eltern-Kind-Treffs oder einen Stammtisch für Eltern mit hochbegabtem Nachwuchs.

Daneben bilden Deutschkurse ein wichtiges Element; für arabischstämmige Kinder gibt es Schrift- und Leseunterricht in der semitischen Sprache. Als "Herzstück" des Hauses bezeichnet Leiterin Natascha Heidemann die sogenannten Baby- und Familiencafés - Treffen, in denen sich werdende oder junge Eltern täglich verabreden und ungezwungen austauschen können. Ganz neu dabei ist das "Papa-Café" explizit für Väter, die mittlerweile immer zahlreicher den Weg ins Familienzentrum fänden. "Eine ganz tolle Entwicklung", freut sich Heidemann.

"Das erste, was ich mir anschauen werde, sind mögliche neue Kooperationen und den Fokus im Haus"

Sie selbst werde allerdings keine Kurse geben, sondern als Leiterin "eher viel Organisation und eine Beratungstätigkeit" übernehmen. "Wir haben ganz viele Kooperationspartner, an die wir Besucher bei Bedarf weiterleiten. Das ist sozusagen eine Art Lotsenfunktion." Die Programmgestaltung und die Delegation des großen Teams, das zur Hälfte aus Ehrenamtlichen besteht, lägen künftig ebenfalls in ihrer Verantwortung. "Das erste, was ich mir anschauen werde, sind mögliche neue Kooperationen und den Fokus im Haus", sagt sie. "Mir geht es darum, zu moderieren und herauszufinden, welche Kompetenzen und Leidenschaften da sind, welche Ideen wir haben und was wir gemeinsam entwickeln können."

Ein Ziel von ihr sei es beispielsweise, über Abendprogramme wie Vorträge oder künstlerische Veranstaltungen "viele neue Themen und Menschen" in die Einrichtung zu bringen. Auch auf die psychosoziale Gesundheit von Familien wolle sie besonders achten, deren Bedürfnisse "gut wahrnehmen, sehr genau hinschauen und sie in ihrer Selbstwirksamkeit stärken", sagt Natascha Heidemann. "Ich wünsche mir, dass das Familienzentrum weiterhin als offenes Haus für jedermann wahrgenommen wird, und wir es gemeinsam in ganz bunter Vielfalt erleben können."

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