Klimaschutz:Die Vorzeige-Kita soll Schule machen

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Wärmedämmung ist eine Investition in den Klimaschutz. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Gemeinde Haar setzt sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz und will ihre eigenen Gebäude für viel Geld energetisch sanieren. Dabei ist sie finanziell angeschlagen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Ein kommunales Gebäude in Haar kommt dem Ideal schon ziemlich nahe. In der Kindertagesstätte an der Dianastraße lernen die Kinder nicht nur, wie wichtig ein Leben im Einklang mit der Natur ist. Sie erleben auch, dass das möglich ist, ohne im Winter im Gruppenraum zu frieren oder eingepackt in dicken Jacken zu spielen. Es ist dort warm, und doch wird das Klima geschützt. Klimaneutralität? Das Gebäude "schafft das fast", sagte Uwe Dankert jüngst im Gemeinderat, wo der Inhaber eines Beratungsbüros für Energiemanagement ein Konzept zur energetischen Sanierung von kommunalen Gebäuden in Haar vorgestellt hat. Es zeigte sich: Haar wird einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen müssen, um wenigstens das gesetzlich vorgegebene Ziel bis 2045 zu erreichen.

Denn die als Passivhaus konzipierte Kindertagesstätte im Jagdfeld ist der Ausnahmebau in Haar. Die vor gut zehn Jahren eröffnete Einrichtung war damals als Vorzeigeprojekt konzipiert, mit dem demonstriert werden sollte, was im Sinne des Klimaschutzes auch bei einem öffentlich genutzten Gebäude machbar ist. Es ist ein Haus in Holzrahmenbauweise mit einer 40 Zentimeter dicken Dämmung an den Wänden und einer 25 Zentimeter dicken am Boden. Es verfügt über eine Photovoltaikanlage, dreifach verglaste Fenster und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Bis alle mit dem Musterhaus klarkamen, dauerte es seine Zeit. Die Erzieherinnen und die Kinder mussten lernen, nicht einfach die Fenster aufzureißen. Das war in dem Passivhaus nicht mehr angesagt.

"Es wird viel Geld kosten, aber nicht so viel, wie ich dachte."

Nun sollen alle 70 kommunalen Gebäude möglichst auf das Niveau der Kita an der Dianastraße gebracht werden. Aktuell stoßen die Haarer Kommunalbauten wie das Rathaus oder auch die Schulen und Kindertagesstätten laut Dankert 2100 Tonnen CO₂ im Jahr aus. Uwe Dankert hat einen Sanierungsfahrplan mit Zeitschiene aufgestellt und für zwei Klimaschutz-Standards überschlägig Investitionskosten ermittelt. "Es wird viel Geld kosten", sagte Dankert, "aber nicht so viel, wie ich dachte." Nach seiner Berechnung wären 25 Millionen Euro insgesamt nötig, um innerhalb von knapp 25 Jahren auf das 2020 verabschiedeten Gebäude-Energien-Gesetz geforderte Niveau zu kommen. Für 36 Millionen Euro wären die Gebäude auf einen A++-Standard zu bringen, was dem Ziel der Klimaneutralität näher komme. Die Investition für neue Anlagentechnik käme noch dazu, sagte Dankert, ohne näher darauf einzugehen.

Der Energie-Fachmann mit Büro in Haar warb dafür, auch wirklich den hohen A++-Standard bei der Sanierung anzupeilen, der über das Soll des Gebäude-Energien-Gesetzes hinausgehe. Die zusätzlichen Ausgaben seien nicht mehr so hoch, sagte Dankert. Er rechnete exemplarisch vor, das für ein zwei Quadratmeter großes Wärmeschutzfenster mit Doppelverglasung 352 Euro zu bezahlen seien, für eine Dreifachverglasung dann nur noch gut 50 Euro mehr.

Der Jugendtreff Dino muss dringend erneuert werden. Das soll nun in einem nachhaltigen Modellprojekt geschehen. (Foto: Claus Schunk)

Es müssen auch nicht alle kommunalen Gebäude angepackt werden, wie das Beispiel des Kinderhauses an der Dianastraße zeigt. Das alte Maria-Stadler-Seniorenheim wird derzeit ohnehin saniert, das Kinderhaus im Jugendstilpark gerade errichtet. Von 70 Gebäuden sind 62 in Dankerts Fahrplan aufgeführt. Er hat die Gebäudehüllen analysiert, Steckbriefe für jedes Gebäude erstellt und Ziele definiert.

Was Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) für ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele verfolgt, ist in der Gemeinde bekannt. Erst in der Bürgerversammlung legte er dar, dass technisch bereits Gebäude möglich seien, die sogar ein Energieplus erwirtschafteten. Der Neubau des Jugendtreffs Dino soll nach Vorstellung des Rathauses der nächste Vorzeigebau in Haar werden. Im Anschuss an Dankerts Vortrag ging Bukowski aber auch auf die finanziell schwierige Lage der Gemeinde ein. "Wir müssen schauen, was wir realisieren können." Die Gemeinderäte sollen das Konzept erst noch zugestellt bekommen. Dann ist eine Debatte darüber geplant, wie es weitergehen soll.

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