Bürger-Engagement:Jetzt säubern wir den See

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Bereits Anfang März haben sich 16 Helfer daran gemacht, den kleinen See zu säubern. Jetzt soll der angrenzende größere See angepackt werden. (Foto: privat)

Die Reinigung der beiden Wasserbecken in der Hochhaussiedlung am Jagdfeld ist ein Politikum in Haar. Eine Gruppe von Anwohnern hat die Sache deshalb einfach selbst in die Hand genommen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Der Jagdfeldsee ist so vieles. Der künstliche See mitten in der Hochhaussiedlung ist ein beliebter Treffpunkt. Er ist ein Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann, und auch einer für die großen Momente. Wenn etwa Hunderte festlich in Weiß gekleidet zum White Dinner zusammenkommen, um am Uferrand stilvoll auf Haar anzustoßen. Und jetzt zeigt eine Initiative von Anwohnern, dass der See auch als ein leuchtendes Beispiel für Bürger-Engagement stehen kann. Weil es Menschen gibt, die nicht meckern und auf die Gemeinde schimpfen, sondern selbst anpacken, damit etwas vorangeht: Rudolf Böck hat mit anderen Bewohnern der Hochhaussiedlung mit Schaufeln, Eimern und Besen Anfang März schon den kleinen Jagdfeldsee gereinigt. Jetzt wollen sie am Freitag, 5., und Samstag, 6. April, den benachbarten großen See säubern - zum Wohle aller.

Die Gemeinde Haar durchlebt finanziell schwierige Zeiten. Millionen Euro fehlen vor allem mit Blick auf die kommenden Jahre, um den hohen Standard an Leistungen am Ort aufrechtzuerhalten. Der Wegzug der großen Unternehmen Panasonic und MSD-Pharma reißt ein tiefes Loch bei den Steuereinnahmen. Auch deshalb stritten sich vor eineinhalb Jahren CSU und SPD im Gemeinderat wegen 30 000 Euro, die laut Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) für die alle zwei Jahre fällige Grundreinigung des künstlich angelegten Sees im Jagdfeld aufzubringen seien. Die CSU beklagte, dass die Roten sich einst vom Bauunternehmer über den Tisch ziehen lassen und der Gemeinde die Reinigungskosten aufgehalst hätten. Die SPD wies das zurück und pochte wiederum auf ein Konzept, um den See und das Umfeld auch gärtnerisch aufzuwerten. Und sie schlug vor, Reinigungsroboter einzusetzen.

Doch jetzt machen die Anwohner zumindest einen Teil der Arbeit selbst. Rudolf Böck hat das angestoßen und nach einem Aufruf mit 16 Gleichgesinnten in Gummistiefeln den Schlick aus dem kleinen See herausgeholt, der sich am Boden abgesetzt hatte. Die Gemeinde stellte Besen und Kübel zur Verfügung, transportierte den Unrat ab und spendierte hinterher eine Brotzeit. So soll es Anfang April auch beim zweiten See laufen, der viermal so groß ist, wobei Rudolf Böck glaubt, dass man mit doppelt so vielen Leuten gut hinkommen wird. Er habe bei der Konradschule und beim Gymnasium angefragt, ob von dort Helfer kommen könnten. Eine Firma habe angeboten, mit Hochdruckreinigern anzurücken. Wie im März werde das Wasser des Sees einen Tag vor dem Einsatz vom Bauhof abgelassen.

Auf die Idee, die Reinigung als Gemeinschaftswerk zu stemmen, kam Böck, als er vergangenen Herbst bemerkte, wie viele Blätter in den See fallen, und anfing, mit einem Kescher Laub herauszufischen. "Das ist auch unser See", sagt er, und sich um ihn zu kümmern, "auch unsere Sache". Bei der Gemeinde sei das Geld knapp, sagt Böck. Vielleicht könne es helfen, wenn sich die Bürger einbringen. Und vielleicht schaffe man es sogar, den See über das ganze Jahr hinweg "in Schuss zu halten" und so die Reinigungs-Intervalle zu vergrößern. So stellt sich Böck vor, im Frühjahr auch den Blütenstaub aus dem Wasser herauszuholen, damit sich gar nicht so viel Schlick bilden kann. Vielleicht könnte man Seerosen anschaffen, die zur Reinigung beitragen. Böck hofft, dass das gesparte Geld für "Kultur oder für Soziales verwendet wird".

Der See liegt Böck und vielen anderen jedenfalls am Herzen. Auch wenn er kein Idyll im klassischen Sinn ist. Er besteht aus einer Betonwanne, Fische gibt es eigentlich nur, wenn sie dort ausgesetzt werden, dafür aber jede Menge Enten, deren Kot zur Verunreinigung beiträgt, weshalb der See nach einiger Zeit immer wieder umzukippen droht. Ungeachtet dessen sei er ein beliebter Treffpunkt, sagt Böck, so etwas wie das Herz der Jagdfeldsiedlung.

Am Jagdfeldsee kommen Menschen zusammen. (Foto: Schunk Claus)

Dazu trägt auch die Skulptur "Concrete Voyage" von Susanne Pittroff bei, eine schiefe Ebene, die auf die Wasserfläche hinausragt, auf die sich gerade junge Leute gerne setzen. Anwohner und auch Schüler der nahen Schulen ließen sich dort oft nieder, sagt Böck. Der See mitten in der Siedlung sei ein Pluspunkt. Eine Grünfläche hätte diese Wirkung nicht.

Treffpunkt für die Reinigung des Jagdfeldsees ist am Freitag, 5. April, um 15 Uhr an und am Samstag, 6. April, um 9.30 Uhr beim Jugendtreff Boni, Jagdfeldring 13. Zu festem Schuhwerk oder Gummistiefeln wird geraten. Arbeitshandschuhe sind nützlich. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Nähere Informationen gibt es per E-Mail an boeckrudolf@gmail.com oder unter Telefon 0157/34 73 12 73.

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