Grünwald:"Die Mehrzahl der Bürger war früher nicht informiert"

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Ein großer Banner der FDP in der Ortsmitte sollte die Grünwalder zur Teilnahme an der Bürgerversammlung bewegen. (Foto: privat)

Die Grünwalder FDP hat mit eigenen Flyern für die örtliche Bürgerversammlung geworben. Ihr Vorsitzender Michael Lehmann-Horn erklärt warum.

Interview von Claudia Wessel, Grünwald

Die Bürgerversammlung in Grünwald war in diesem Jahr rekordverdächtig gut besucht. Es kamen 160 Besucher und es wurden 41 Anträge gestellt. Dazu beigetragen hat sicher auch, dass die FDP auf eigene Faust 3500 Flyer verteilt und einen Banner in der Ortsmitte aufgehängt hatte, um auf den Termin hinzuweisen. Die SZ sprach mit dem Ortsvorsitzenden Michael Lehmann-Horn.

SZ: Wie kamen Sie auf die Idee mit dem Flyer?

In Gesprächen mit Bürgern ist mir immer wieder aufgefallen, dass diese zwar gute Ideen für den Ort hatten, aber nichts von der jährlichen Bürgerversammlung wussten. Mit dem Flyer wollten wir auf den Termin und die Möglichkeit hinweisen, sich als Bürger aktiv in der Gemeinde zu beteiligen. Zudem hatten wir auf dem Flyer auch interessante und aktuelle Themen genannt, von denen wir wussten, dass sie auf der Bürgerversammlung behandelt werden würden. Und wir erklärten, bis wann und wie man eigene Anträge einreichen kann.

Sie haben von Familien gehört, dass noch mehr als die anwesenden 160 Personen Interesse an der Bürgerversammlung gehabt hätten, aber wegen ihrer Kinder keine Zeit hatten. Sie hätten gerne einen Live-Stream angeschaut.

Michael Lehmann-Horn, 45, ist seit Juli 2021 Vorsitzender des FDP-Ortsverbands Grünwald und hat viele neue Ideen. Er ist Unternehmer, seine Firma sitzt in Grünwald und vertreibt Produkte für die Filmindustrie. (Foto: Privat)

Das Interesse an einem Livestream, bei dem man an der Bürgerversammlung teilhaben kann, ist allgemein groß. Es ist sicher eine zeitgemäße Art. Nachbargemeinden haben bereits letztes Jahr ihre Bürgerversammlung gestreamt, Grünwald aber wollte das nicht - und verwies auf den Datenschutz. So trauten sich nur ein paar Besucher zur Versammlung 2020. Dieses Jahr scheiterte ein Livestream aber daran, dass Bürgermeister Jan Neusiedl sagte, er wolle sich nicht filmen lassen. Das hat für einiges Unverständnis gesorgt. Grünwald sendet hier als einer der führenden Medienstandorte das falsche Signal. Die Gemeinde sollte allen interessierten Bürgern eine Beteiligung an der Bürgerversammlung ermöglichen und dabei auch zeitgemäße Technik nutzen.

Sie beklagen also, dass eine Bürgerbeteiligung anscheinend unerwünscht ist, obwohl man sie leicht fördern könnte. Welche Ideen haben Sie noch?

Die Mehrzahl der Bürger war früher nicht informiert, wann die Bürgerversammlung stattfindet. Ich denke, die Gemeinde könnte diese auch außerhalb des Amtsblatts bewerben. Auch sollte sie ansprechender und attraktiver gestaltet werden. Ein vorbereiteter Projektor sollte nicht dreieinhalb Stunden lang nur einen Windows-Sperrbildschirm wiedergeben, sondern könnte Anträge sinnvoll illustrieren, etwa mit Bildern und Lagekarte.

Haben Sie noch einen Verbesserungsvorschlag?

Statt einer Tagesordnung mit nur vier Punkten wäre es sinnvoll, die eingereichten Anträge vorab zu veröffentlichen, damit die Bürger sich bereits im Vorfeld ausreichend informieren können. So wissen die Bürger auch, über welche Anträge wann abgestimmt wird. Und dann soll auch wirklich abgestimmt werden und nicht nur in Ausnahmefällen und nach längerer Diskussion mit dem Bürgermeister. Denn erst mit der Abstimmung der Bürgerversammlung erhält man ein aussagekräftiges Meinungsbild der Bürger zu einem Thema. Und dies ist der maßgebliche Vorteil einer so unmittelbaren Bürgerbeteiligung. Es ist Sinn und Zweck der Bürgerversammlung. Wenn Anträge jedoch ohne Abstimmung automatisch an den Gemeinderat weitergeleitet werden, fehlt diesem das Meinungsbild der Bürger.

© SZ vom 14.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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