Ortsplanung:Oben die Wallfahrtskirche, unten die Zweitwagen

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Unter dem Parkplatz vor der Kirche St. Ottilie soll eine Tiefgarage entstehen. (Foto: Claus Schunk)

Der Grasbrunner Gemeinderat genehmigt die umstrittene Tiefgarage im Weiler Möschenfeld. Bürgermeister Korneder rechtfertigt den Eingriff in die Natur damit, dass die Autos dann aus dem Landschaftsbild verschwinden.

Von Lydia Wünsch, Grasbrunn

Braucht Möschenfeld wirklich eine weitere Tiefgarage? Diese Frage stellt sich Max Walleitner, Fraktionssprecher der Grünen im Grasbrunner Gemeinderat. In der jüngsten Sitzung wurde das Projekt der Finck-Gruppe genehmigt, nur Walleitner stimmte dagegen. "Ich sehe einfach keinen Bedarf", sagt er. "So viele Hochzeiten oder Pilgerfahrten zur Kirche St. Ottilie finden dort nicht statt, dass ein derartiger Eingriff in die Natur und so eine Flächenversiegelung gerechtfertigt sind." Tatsächlich besteht Möschenfeld gerade mal aus 66 gemeldeten Einwohnern. Herzstück des Grasbrunner Weilers ist die Wallfahrtskirche St. Ottilie, die während des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1640 durch den Maurermeister Balthasar Wölkhamer errichtet wurde. Mit ihrer imposanten Erscheinung ist sie bis heute ein Anziehungspunkt für Besucher. Gegenüber der Kirche befindet sich ein Parkplatz. Laut Walleitner ist dieser nur selten ausgelastet. Zudem gebe es bereits eine Tiefgarage. Angesichts der geringen Einwohnerzahl führe das zu der Frage, ob es in Möschenfeld nicht bereits mehr als genug Parkmöglichkeiten gebe.

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Dennoch soll unter dem derzeitigen Parkplatz nun eine weitere Tiefgarage mit etwa 45 Stellplätzen entstehen. Die dafür benötigte Änderung des Flächennutzungsplans hat der Grasbrunner Gemeinderat bereits im September 2021 verabschiedet. Bauherr ist die Agrar Grasbrunn GmbH & Co. KG, die zur Finck-Gruppe gehört. Hinter der Finck-Gruppe steht die gleichnamige Bankiersfamilie.

Die Grünen stellten sich damals gegen das Vorhaben. Und auch der Bund Naturschutz war alarmiert. Dessen Vorsitzende, Max Walleitners Frau Doris Dorschner-Walleitner, initiierte eine Online-Unterschriftenaktion gegen den Bau der Tiefgarage, die bis heute 553 Bürger unterschrieben haben. In der Petition monierte sie, dass für dieses Vorhaben mehr als 3000 Quadratmeter Boden versiegelt und etliche Bäume gefällt werden müssten. Ihre Fragen an die Familie Finck bezüglich des Naturschutzes blieben unbeantwortet. "Ich würde mir eine bessere Kommunikation mit der Familie Finck wünschen, was Bauprojekte in der Gemeinde angeht", sagt sie. "Denn jeder Baum ist ein Biotop, und das umso mehr, je älter er wird." Immerhin habe ihre Petition erreicht, dass die Tiefgarage nun um einige Meter versetzt wird, sodass eine alte Linde nicht gefällt werden müsse.

Laut Max Walleitner befürchten dennoch einige Grasbrunner, dass die Tiefgarage nur der Auftakt für weitere Bauvorhaben in Möschenfeld darstellen könnte. "Nach dem Motto: Jetzt haben wir schon die Garage, dann können wir auch weitere Gebäude dazu bauen." Immer wieder äußern Grasbrunner zudem ihre Besorgnis über den großen Einfluss, den die Milliardärsfamilie Finck in der Gemeinde Grasbrunn habe. Es entstehe der Eindruck, dass einfach alles durchgewunken werde, was die Familie Finck plane, um es sich nicht mit der mächtigen Familiendynastie zu verscherzen.

"Auf jeden Fall winke ich nichts durch, nur weil es den Fincks gehört."

Dies dementiert Bürgermeister Klaus Korndeder (SPD). "Wir legen in Grasbrunn großen Wert auf Tiefgaragen. Wir begrüßen das, weil die Autos damit unter der Erde verschwinden und nicht in das Landschaftsbild eingreifen." Dass der Bau genehmigt wurde, habe daher nichts mit der Familie Finck zu tun. Zudem sei seiner Meinung nach auch der Naturschutz beachtet worden. Von außen werde man, bis auf die Einfahrt, kaum etwas von dem unterirdischen Parkplatz erkennen. Optisch soll durch die geplante Eingrünung sogar eine Verbesserung des Landschaftsbildes erzielt werden. Zum Schutz der bestehenden Linde wurden die Pläne für die Tiefgarage um zirka fünf Meter nach Norden verschoben. Und auch die Baumreihe entlang der Straße werde nicht gefährdet. Die Tiefgarage löse zudem kein weiteres Baurecht aus, betont der Bürgermeister.

Dennoch stellt sich weiter die Frage danach, ob gerade in Möschenfeld Parkplätze so dringend benötigt werden. "Wenn ein Grundstückseigentümer Geld in die Hand nimmt, um etwas zu bauen, dann gehe ich auch davon aus, dass der Bedarf da ist", sagt Korneder dazu und betont: "Aber auf jeden Fall winke ich nichts durch, nur weil es den Fincks gehört." Viele Bewohner in Möschenfeld hätten eben mehr als ein Auto. Und diese Zweitwagen wüssten sie wohl einfach gerne, geschützt vor Kälte und Regen, unter der Erde.

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