"Ist er das?", wird im Publikum leise gefragt. Ja, er ist es - Martin Walker, Autor der Krimi-Reihe um Bruno, "Chef de Police", auf der Bühne der Aula des Kurt-Huber-Gymnasiums in Gräfelfing. Die Literarische Gesellschaft Gräfelfing kündigt ihn an diesem Abend stolz als "renommierten" Schriftsteller an, der aus seinem neuesten Roman "Troubadour" vorliest, dem 15. Fall für den französischen Dorfpolizisten.
Der Name des Bestseller-Autors mag deutsch klingen, weswegen man an diesem Abend möglicherweise überrascht ist, als der 76-Jährige Schriftsteller mit schottischem Akzent sein Publikum begrüßt. Denn Martin Walker ist geborener Schotte und ehemaliger Journalist für The Guardian, er lebt jedoch im französischen Périgord und sammelt dort Eindrücke für seine Krimireihe. Charmant entschuldigt sich der Schotte für sein "primitives Deutsch" und greift die Begrüßungsworte auf, dass auch sein neuestes Buch wieder ein Kochbuch mit "hier und da einer Leiche" sei.
Aus der deutschen Übersetzung des Romans liest an diesem Abend Susanne Betz, Redakteurin des Bayerischen Rundfunks und selbst Schriftstellerin. Martin Walker nennt sie "seine deutsche Stimme" und bringt das Publikum damit erneut zum Schmunzeln. Die ersten Lesestellen machen dann jedoch deutlich, dass Walker auch anders kann. Dass seine Bücher mehr sind als nur eine kulinarische Reise nach Frankreich. Betz liest vom Kommissar, der durch eine gefundene Maschinengewehrpatrone in einem herrenlosen Wagen an seine früheren Militäreinsätze erinnert wird. Die Gedanken des Kommissars schweifen ab zum Idealbild des Weltfriedens und reflektieren die aktuelle Weltgeschichte und münden in der Frage: "Ist die Welt, wie wir sie kennen, in Gefahr?"
An dieser Stelle übernimmt Walker und liest nun selbst aus seinem Roman, auf Englisch. Was zunächst eine sprachliche Herausforderung sein mag, gibt der Lesung tiefste Authentizität. Walker liest nicht, er spielt die Geschichte und zwar mit Händen, Füßen und seiner ruhigen, tiefen Stimme. Und nun kommen die Krimi-Fans doch noch in den Genuss eines kulinarischen Erlebnisses, wenn Bruno mit seinem Hund Balzac über den Wochenmarkt schlendert.
Walker schafft es sogar, die Szene, in der ein Welpe ein Croissant frisst, in den Worten eines Feinschmeckers zu beschreiben. Wenn Walker in schwarzem Sakko und Socken mit Karo-Muster in seiner Muttersprache aus dem Roman liest, bekommt man Lust, einmal die englische Version des Krimis zu lesen. Die Lesung endet mit einer blutigen Krimi-Szene. So scheint es zumindest zunächst. Doch Walker legt sein Buch aus der Hand und singt dem Publikum zum Abschied ein Lied— auf Französisch.