Gewerbesteuer:Wie Oberhaching Unternehmen anlocken will

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SZ Grafik (Foto: N/A)
  • Oberhaching hat Sorge, dass Firmen abwandern
  • Die Gemeinde hat Schulden, doch der Haushalt ist vom Landratsamt genehmigt
  • Der Hebesatz allein ist nicht der alleinige Maßstab, wie ein Blick auf Unterföhring zeigt

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Mit einer unternehmerfreundlichen Steuerpolitik entlastet die Gemeinde Oberhaching ortsansässige Firmen - und das, obwohl das Geld wegen der hohen Investitionen in den Geothermieausbau und die neue Grundschule Deisenhofen noch immer knapp ist. Einstimmig beschloss der Gemeinderat am Dienstagabend den Gewerbesteuer-Hebesatz zu senken. Drei Tage lang hatte der Hauptausschuss zuvor beraten. Intensiv, wie zu vernehmen war. Und sich darauf verständigt, dass die Unternehmen in Oberhaching von nun an nur noch mit 250 statt wie bisher mit 270 Prozent kalkulieren müssen. Damit rückt Oberhaching unter den Gemeinden im Landkreis, die ortsansässige Firmen am geringsten belasten, an zweite Stelle.

Günstiger kommen Betriebe nur noch in Grünwald weg; die Isartalgemeinde steht seit Jahren mit einem niedrigen Hebesatz von nur 240 Prozent in der Gunst vieler Unternehmen ganz oben. Gleichauf mit Gräfelfing lässt Oberhaching nun auch Pullach (260) hinter sich. Die meisten Gemeinden im Landkreis München bewegen sich zwischen 310 und 330 Prozent, Kirchheim langt mit 360 am kräftigsten hin, die Unternehmen zahlen aber auch hier im Vergleich zur Landeshauptstadt München (490) noch wenig.

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Nun mag es erstaunen, wie eine Gemeinde wie Oberhaching, die zwar in der Gesamtbetrachtung keine arme Kommune ist, aber derzeit mehr Schulden denn je anhäuft, einfach mal auf 1,37 Millionen Euro verzichten kann. Diese Summe - so hat Kämmerer Paul Fröhlich ausgerechnet - fließt weniger in die Kassen durch die Hebesatz-Senkung. Immerhin 6,5 Millionen Euro musste Oberhaching im vergangenen Jahr an Krediten aufnehmen, 2017 werden es wohl noch einmal 6,3 sein. Dadurch wird sich der Schuldenstand voraussichtlich auf 27,5 Millionen Euro erhöhen. Dem gegenüber stehen seit dem Jahr 2009 Investitionen in Höhe von 93 Millionen Euro. "Wenn wir über Schulden sprechen, muss man auch sehen, dass wir 66 Millionen selbst gestemmt haben", sagte Fröhlich und verwies auf die Ausgaben für Geothermie, Breitbandausbau, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen und Grunderwerb. "Wenn man die Schulden ehrlich sieht, relativiert sich das", findet auch Bürgermeister Schelle. Das Geld sei gut angelegt und die Investitionen machten sich erst bemerkbar, wenn die Gemeinde diese Haushaltsjahre längst hinter sich habe.

Dass Oberhaching dieses Jahr weiter Schulden machen darf, hat das Landratsamt schon 2016 genehmigt. Denn die Rechtsaufsicht stimmte knapp 14 Millionen an Krediten zu, was noch nicht ausgeschöpft wurde. Somit ist der Haushalt 2017 nicht genehmigungspflichtig. Noch eine Rechnung präsentierte Fröhlich, die manches Ratsmitglied beruhigt haben könnte: Oberhaching muss heuer fast 1,4 Millionen Euro weniger Kreisumlage zahlen, weil sich diese nach den Zahlen von 2015 bemisst, und das war ein schwaches Jahr für die Gemeinde. "Unter dem Strich werden die geringeren Gewerbesteuereinnahmen durch geringere Ausgaben für die Kreisumlage im Jahr 2017 neutralisiert", verspricht der Kämmerer. Er rechnet mit 17,4 Millionen Euro Gewerbesteuer.

Fröhlich findet jedenfalls, dass diese Steuersenkung "ein starkes Signal nach außen" sei, "dass wir die Kraft haben, die Attraktivität zu steigern". Bürgermeister Schelle betonte im Gemeinderat, es gehe darum, "lukrative Zahler am Ort zu halten". Zwei große Wegzüge habe Oberhaching gehabt, "und wir hatten die Sorge, dass der eine oder andere Betrieb abwandert". Die SPD stimmte zwar dem Haushalt zu, sieht die Senkung des Hebesatzes dennoch kritisch. Fraktionssprecherin Margit Markl sagte: "Die Senkung könnte die Konkurrenz unter den Kommunen befördern."

Grünwald nimmt eine Sonderstellung ein

Tatsächlich fährt Grünwald mit seinen 240 Prozent seit Jahren richtig gut und meldet in Sachen Gewerbesteuereinnahmen eine persönliche Bestleistung nach der anderen. Nur darf man bei dieser Rechnung nicht vergessen, dass die Gemeinde im Isartal insbesondere auch mit ihrer guten Adresse punktet. Dass der niedrige Hebesatz allein noch keinen Geldsegen garantiert, hat sich bei einigen Kommunen in Ostdeutschland gezeigt, die einst gehofft hatten, mit dem erlaubten Minimalsteuersatz von 200 Prozent als Steueroase jede Menge Firmen anzulocken. Die Rechnung ging aber nicht auf.

Schaut man andererseits nach Unterföhring, das Grünwald mit seinen Millionen von den Gewerbetreibenden auf der Haben-Seite überholt hat, zeigt sich, dass der Hebesatz nicht immer den Ausschlag gibt, wenn die Standortwahl getroffen wird. Mit 330 Prozent liegt die Gemeinde im oberen Drittel der Hebesätze im Landkreis. So zog es Reviderm und Mucos Pharma von Oberhaching nach Sauerlach beziehungsweise Unterhaching (beide 295). Und die Technologie-Firma Intega verlagert ihren Standort nach Kirchheim - mit 360 Prozent Spitzenreiter im Ranking.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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