Gerichtsverhandlung:54-Jähriger gesteht sexuellen Missbrauch

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Ein Küchenhelfer aus dem Landkreis bekennt sich angesichts einer drohenden langen Haftstrafe vollumfänglich schuldig

Von Andreas Teodoru, München

Kaum hat die Verhandlung wegen sexuellen Missbrauchs in Saal B177 am Landgericht I begonnen, da wird sie schon unterbrochen. Der Verteidiger des 54-jährigen Deutschen mit peruanischen Wurzeln bittet um Zeit für ein Vorgespräch zur Belehrung seines Mandanten. Der breitschultrige Carlos T. (Name geändert) mit kahl rasiertem Kopf blickt müde und ausdruckslos zum Richter, während er dann mit ein wenig Akzent seine Personalien bestätigt. Die rechte Hand hält er dabei immer wieder an sein Gesicht. Um es vor den anwesenden Zuschauern zu verbergen - oder auch seinen Ohrstöpsel zu halten, über den er seine Dolmetscherin hört.

Der Küchenhelfer aus dem südlichen Landkreis soll sich zwischen 2010 und 2016 etwa 200-mal an einer der zwei Halbschwestern seiner Lebensgefährtin vergangen haben. Auch bei der anderen Halbschwester soll er dies versucht haben. Seit 2006 lebten Carlos T. und seine Freundin zusammen. Es ist ein Umfeld, in dem Feiern und reichlich Alkoholkonsum dazugehört hätten, wie der Verteidiger erklärt.

Für Carlos Ts. im Gerichtssaal anwesende Schwestern ist klar, dass die Vorwürfe gegen ihren Bruder konstruiert sind, um ihn loszuwerden. Sie sind froh, dass die Beziehung zu seiner Freundin vorbei ist und er sein Leben ändern kann. Nach der Verhandlung soll er zu einer seiner Schwestern ziehen. Dass er ein Alkoholproblem habe und schon mal gestohlen, ja, das wissen sie. Aber er sei ein Don Juan und hätte keine Probleme, eine Frau zu finden. Wozu sich an Minderjährigen vergehen?

Ein unbeschriebenes Blatt ist der 54-Jährige aber nicht, was das Gericht durch Verlesung seine vorangehenden Strafen belegt: Beleidigung, Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl mit Waffen, Bedrohung, fahrlässige Trunkenheit am Steuer ohne Fahrerlaubnis, Erschleichung von Leistungen. Wegen dieser Taten hatte der Angeklagte bereits mehrfach Ärger mit der Justiz. Doch war er wirklich dazu imstande, sich an einer damals wahrscheinlich Zehnjährigen zu vergehen? Sechs Jahre lang?

Eine Stunde vergeht, bis die Verhandlung nach der Unterbrechung zu Beginn wieder weitergeht. Während der Aussprache hat die Verteidigung versucht, eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft zu erzielen. Bis zu 13 Jahren Haft will diese für den Angeklagten, wenn er nicht geständig ist, mindestens aber zehn. Der Verteidiger erklärt, er halte im Falle eines Geständnisses eine Gesamtstrafe von sechseinhalb Jahren für angemessen. Die Kammer bietet siebeneinhalb bis achteinhalb Jahre an, doch die Staatsanwaltschaft lehnt ab. Ungeachtet dessen erklärt der Verteidiger, dass man sich geständig zeigen werde.

Als Verteidiger Christian Gerber eine Erklärung abgibt, kann eine der Schwestern des Angeklagten ihr Schluchzen nicht unterdrücken. Carlos T. räumt über seinen Anwalt alle Taten ein. Sie seien durch das damalige Umfeld begünstigt worden, was keine Entschuldigung sein solle, wie Gerber betont. Auch gehe man nicht von verminderter Schuldfähigkeit aus. Carlos T. bestätigt mit einem schlichtem "Ja" die Aussage, in der er zugibt, sich an zwei Kindern vergangen zu haben und eines über Jahre sexuell missbraucht zu haben. Ein Urteil steht aus. Sechs Verhandlungstage sind angesetzt.

© SZ vom 19.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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