Hochwasser in Garching:Klärwerk steht kurz vor dem Kollaps

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Literweise Grundwasser haben die Garchinger in den vergangenen Wochen aus ihren Kellern auf mehr als 70 Anwesen pumpen müssen. Nun sind die Pegel gesunken. (Foto: Robert Haas)

Obwohl die Pumpen der Anlage auf Volllast laufen, droht ein Rückstau ins Kanalnetz. Unterdessen kämpfen die Bewohner zahlreicher Straßenzüge weiter gegen das steigende Grundwasser. Auf Geld von der Stadt können sie nicht hoffen, weil das Landratsamt keinen Katastrophenfall ausruft.

Von Sabine Wejsada, Garching

Die vier Pumpen im Garchinger Klärwerk laufen auf Volllast, um ein Absaufen der Anlage zu verhindern, die Zuflussmenge beim Mühlbach wurde abgesenkt und im Rathaus laufen die Telefone heiß: Die Hochwasserlage in Garching hat sich in den vergangenen Tagen nicht wirklich entspannt. Und Betroffene, Kommunalpolitiker und Experten rätseln weiter, wie es zu dem massiven Anstieg des Grundwassers hat kommen können. Neben den ergiebigen Niederschlägen zunächst in Form von Regen und dann Schnee sowie der nachfolgenden Schmelze könnte laut Wasserwirtschaftsamt womöglich eine "gebündelte Grundwasserneubildung" die Ursache für das Volllaufen von Kellern auf mehr als 30 Anwesen sein. Darunter befinden sich auch Gebäude der Stadt wie der Neubau des Feuerwehrgerätehauses und der Technischen Universität.

Wie viele Bewohner letztlich von dem Hochwasser betroffen sind, kann die Stadt Garching aktuell nicht beziffern. Derzeit seien 32 Objekte im Ortsgebiet bekannt, deren Eigentümer sich im Rathaus gemeldet und um Unterstützung gebeten haben. Rainer Belm, der sich in der Stadtverwaltung federführend um das Thema kümmert, geht davon aus, dass es weit mehr Betroffene gibt. Diese hätten sich wohl selbst geholfen, mutmaßte er am Donnerstagabend im Stadtrat. Laut einer Anwohnerin der vom steigenden Grundwasser überfluteten Bereiche zählt die wegen der Schäden eingerichtete Whatsapp-Gruppe bereits an die 60 Teilnehmer.

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Mehr als 25 Garchinger hatten sich im Ratssaal eingefunden, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen - und um zu erfahren, welche Ursachen der enorme Anstieg des Grundwassers haben könnte und was sie an Hilfe von der Stadt zu erwarten haben. Auf finanzielle Unterstützung brauchen sie nach den Worten von Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) nicht zu hoffen. Der Stadt seien die Hände gebunden, "wir dürfen kein Geld ausgeben", sagte der Rathauschef. Er verwies darauf, dass der Landkreis sein Anliegen, wegen der Situation in Garching den Katastrophenfall auszurufen, nicht nachgekommen sei, da es ein lokal begrenztes Phänomen sei. Es handle sich um höhere Gewalt, einen Verursacher des Hochwassers suche man bislang vergeblich. Hinweise auf Fremdverschulden gebe es nicht.

Dennoch legt die Stadt nicht die Hände in den Schoß: Seitdem in Garching die Keller volllaufen, werden Hauseigentümer und Bewohner in einer vorübergehenden Sofortmaßnahme durch die Freiwillige Feuerwehr unterstützt, bei der Tauchpumpen und Wassersauger kostenlos ausgeliehen werden können - solange der Vorrat reicht. Weitere Geräte haben auch umliegende Feuerwehren und das Technische Hilfswerk zur Verfügung gestellt. Nun folgende Schritte sind laut dem Bürgermeister in Arbeit. So wolle man gerade an ältere oder hilflose Bewohner ohne Angehörige Fachleute vermitteln. Auch die zügige Aktivierung eines Helfernetzwerks ähnlich dem Einkaufsservice von Burschen- und Deandlvereinen während der Corona-Pandemie sei geplant.

Die Feuerwehr hilft mit Tauchpumpen und Wassersaugern, vollgelaufene Keller zu leeren. (Foto: privat)

Bei dem für Garching zuständigen Entsorgungsunternehmen werde man um eine zügige Abfuhr von Sperrmüll bitten, heißt es aus dem Rathaus. Wer einen Container auf städtischem Grund aufstellen muss, weil die Möbel im Keller durch das Hochwasser zerstört sind, braucht dafür keine Gebühren zu bezahlen. Trotzdem bittet die Stadt alle Betroffenen, sich schnellstmöglich selbst zu helfen und mit eigenen Saugern und Pumpen zu versorgen, damit die ausgeliehenen Gerätschaften von Feuerwehr und THW bei weiter auftretenden Schadenslagen wieder eingesetzt werden können.

Auch wenn Betroffene aus dem Gebiet Watzmannring, Jennerweg und Breslauer Straße berichten, dass das Wasser seit Donnerstag in den Kellern zurückgeht und kein weiteres nachläuft, wird die Stadt weiter in engem Austausch mit dem Wasserwirtschaftsamt bleiben. Fachleute von dort sind in Garching unterwegs, um die Grundwasserpegel zu prüfen. Wenn die Notlage vorbei ist, wird es nach den Worten von Koordinator Rainer Belm einen runden Tisch geben. Dort soll unter anderem geklärt werden, wie es zu dem schnellen Anstieg des Grundwassers kam und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um Derartiges künftig zu verhindern. Grünen-Stadträtin Daniela Rieth regte an, über einen Wasserspeicher für Garching nachzudenken.

Sollten die Pumpen schlapp machen, drohen Schäden

Ob es bei den Gesprächen auch um eine etwaige Grundwasserabsenkung gehen wird, bleibt abzuwarten. In dem aktuell am stärksten betroffenen Bereich steht das Grundwasser laut Wasserwirtschaftsamt sehr hoch, was eine besondere Abdichtung der Keller erforderlich macht. Bei älteren Häusern ist das oft nicht geschehen, in neueren Bebauungsplänen weist die Stadt Garching ausdrücklich auf die Notwendigkeit hin.

Die Kläranlage der Stadt Garching: kein Plan B für die Wassermassen. (Foto: Robert Haas)

Einen Plan B für die Kläranlage gibt es nach Angaben von Rainer Belm übrigens nicht. Macht eine der auf Hochtouren laufenden Pumpen schlapp und sollte der Vorfluter wegen der großen Abwassermengen überlaufen, dann kann es zu einem Rückstau im Kanalsystem kommen - und zu Schäden im Klärwerk selbst sowie im Abwassernetz. Das könnte für die Stadt richtig teuer werden.

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