Fridays for future:Diskutieren statt demonstrieren

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Fragestunde: Bürgermeister Stefan Stelle spricht mit Schülern über das Thema Klimaschutz und Demos. (Foto: Claus Schunk)

In Oberhaching spricht Bürgermeister Stefan Schelle mit Mittelschülern über lokale Möglichkeiten zum Klimaschutz.

Von Valérie Nowak, Oberhaching

"Griaßts eich, na, heit das Klima scho gerettet?", begrüßt Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) die Schüler der Mittelschule Oberhaching. Draußen sei ja strahlend blauer Himmel, zum Demonstrieren für "Fridays for Future" eigentlich genau das Richtige. Aber an diesem Freitag bleiben die Protestschilder in den Schultaschen, stattdessen zücken Fünft- bis Neuntklässler eine ausführliche Frageliste an ihren Bürgermeister.

"Wir wollen euch nicht in die Bredouille bringen zu streiken. Denn das ist prinzipiell von der Regierung verboten. Andere Rektoren schrecken vor verschärften Verweisen und Disziplinarmaßnahmen nicht zurück", warnt Rektorin Claudia Sanders. "Heute drehen wir den Spieß um." Die Politik kommt mit dem Agraringenieur Schelle direkt zu den Schülern. Bisher hat zwar nur das benachbarte Gymnasium gestreikt, aber die Welle der Euphorie für Klimaschutz schwappt schnell über. Schließlich hat die Bewegung der Schuldemos auch klein angefangen, mit der 16-jährigen Greta Thunberg, die sich jeden Freitag mit ihrem Schild vor das Parlament in Stockholm setzte. Jetzt wurde sie für den Friedensnobelpreis nominiert, die Dinge können also sehr schnell sehr groß werden. Auch in Oberhaching.

"Hätten Sie als Schüler bei Fridays for Future mit demonstriert?", fragt Nora aus der neunten Klasse den Bürgermeister. Da kommt Schelle ein wenig ins Grübeln: "Einmal ja, aber dann hätte ich mir überlegt: Was kann ich konstruktiv selber machen?", antwortet er. Damit beschäftigt sich die Mittelschule Oberhaching schon länger, seit einem Jahr ist sie eine zertifizierte "Umweltschule in Europa". Dafür setzten die Schüler Projekte zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit um. Betreut hat das Umweltbeauftragter Jörg Freytag: Die Sechstklässler sind zum Beispiel als "Energiedetektive" unterwegs: "Sie basteln solarbetriebene Autos, oder es gibt ein Fahrrad, mit dem ein Wasserkocher betrieben wird", erzählt Freytag. In der siebten Klasse geht es um den CO₂-Fußabdruck beim Essen: Schüler suchen sich Gerichte aus und forschen nach, wie viel CO₂ in den jeweiligen Zutaten steckt. Danach gibt es einen "Klimaladen", in dem nicht mit Geld, sondern mit CO₂ bezahlt wird - das günstigste Gericht gewinnt und wird am nächsten Tag in der Schulküche gekocht.

Die Wiese ist fürs Bierzelt

Die Fragen der Schüler drehen sich an diesem Freitagvormittag rund um den Klimawandel, die Politik und wie das konkret in Oberhaching läuft mit dem Klimaschutz. Schelle zeichnet ein klassisches Kuchendiagramm: Heizung, Strom und Mobilität dritteln den Kreis. Bei der Mobilität hat er gute Neuigkeiten, von Dezember an gehöre Oberhaching zum Münchner Innenraum, da koste das MVV-Ticket "nur noch etwa die Hälfte". Radwege um Oberhaching würden ausgebaut, demnächst steht die Radlwerkstatt an, in der jeder sein Fahrrad reparieren lassen kann. Auch schwärmt Schelle von der Geothermieanlage, mit der in Oberhaching mit Wärme aus dem Inneren der Erde geheizt wird: "Das war die größte Investition, die Oberhaching je gemacht hat, schaut es euch an", lädt der Bürgermeister die Schüler ein, für den nächsten alternativen "Friday for Future".

Ein Fünftklässler stört sich mehr an der kahlen Wiese vor der Tür: "Kann man da Bäume pflanzen?", fragt er. Bürgermeister Schelle dreht sich um und blickt durchs Fenster auf den Rasen vor der Aula. "Das ist die Wiese fürs Bierzelt, die brauchen wir auch noch - die Bäume können wir ja nicht einfach wieder wegnehmen." Klimaschutz in allen Ehren, aber beim Bier, da ist Schluss.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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