Freimann/Garching:Auf Biegen und Brechen

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Gleich drei große Naturschutzverbände wollen wegen der Fröttmaninger Heide vor Gericht ziehen

Von Stefan Mühleisen, Freimann/Garching

Nach jahrelangem Gezänk um die Ausweisung des Naturschutzgebiets "Südliche Fröttmaninger Heide" könnte der Streit nun bald vor Gericht weitergehen: Die drei großen Naturschutzverbände in der Region haben angekündigt, gegen den Verordnungsentwurf Klage zu erheben, sollte die Regierung von Oberbayern ihre Einwendungen nicht beherzigen. "Wir waren bereit, den ausgehandelten Kompromiss mitzutragen. Doch das ist keine Naturschutzverordnung", sagte der Vorsitzende der Kreisgruppe München des Bundes Naturschutz (BN), Christian Hierneis, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Freimann. Die Verbände sträuben sich dabei vor allem gegen gelockerte Vorschriften für Hundehalter.

Zu dem Termin hatten neben dem BN auch die Kreisgruppe München des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) und der Bezirksverband München der Naturfreunde eingeladen. Auch diese beiden Verbände zeigen sich entschlossen, wenn nötig juristisch gegen die Verordnung der Regierungsbehörde vorzugehen. "Diese Sache ist sehr wichtig für München", sagte LBV-Kreisgruppenvorsitzende Irene Frey-Mann. Nach ihrer Einschätzung würden die formulierten Ausführungsbestimmungen gegen Auflagen verstoßen, die es schon jetzt im Zuge des Schutzstatus als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) einzuhalten gelte.

Damit zeichnet sich die Verlängerung einer Auseinandersetzung ab, die seit Jahren andauert. Die Regierung von Oberbayern hatte das Verfahren angestoßen, das 347 Hektar große Gebiet, das sich vom nördlichen Stadtrand bis zur Autobahn A 99 erstreckt, unter Naturschutz zu stellen. Dabei sollten aber auch die Erholungssuchenden zu ihrem Recht kommen. Zwei Jahre lang wurde in einem Bürgerdialog hitzig gestritten, bis im Mai 2015 ein Kompromiss vorlag: Die Heide soll in Zonen mit unterschiedlichen Vorschriften eingeteilt werden. Manche Bereiche sind für Mensch und Hund das ganze Jahr über tabu, in anderen dürfen Gassi-Geher ihre Tiere frei laufen lassen, in wieder anderen ist das Betreten nur außerhalb der Vogelbrutzeiten erlaubt.

Die Naturschutzverbände trugen mit Bauchgrimmen diesen Kompromiss mit. Doch im Sommer 2015 wollte das Münchner Rathausbündnis noch mehr Freiraum für Hundehalter erwirken. Die Regierungsbehörde hat die Wünsche nur teilweise in den Verordnungsentwurf eingearbeitet. Zudem sind Regelungen für Leinenzwang und die Länge von Leinen detailgenau geregelt, ebenso wie Bestimmungen zum Hundeführerschein. Besitzer eines solchen Dokuments dürfen ihre Hunde gemäß dem Entwurf ganzjährig auf allen ausgewiesenen Wegen frei laufen lassen.

"Natürlich zählen auch Menschen und Hunde zur Natur. Sie in einem Naturschutzgebiet aber derart in den Vordergrund zu stellen, geht völlig am Willen des Gesetzgebers vorbei", sagte LBV-Kreisgruppenvorsitzende Irene Frey-Mann. Es brauche strikte Regeln, die für jedermann gelten. BN-Kreisgruppenchef Hierneis nannte es "schwachsinnig", für Hunde einen Abstand von 50 Metern zu Schafherden festzulegen. Das könne niemand kontrollieren: "Wir fordern ein Hundeverbot in der Schutzzone sowie eine generelle Leinenpflicht in allen übrigen Bereichen."

Es sind vor allem die Anwohner in Freimann, die auf mehr Auslauf für Hunde dringen. Sprachrohr ist die Interessengemeinschaft (IG) Heide, die, wie die Naturschutzverbände, schriftlich Einwendungen eingereicht hat. Die Initiative fordert Lockerungen der Leinenpflicht und eine "Pufferzone" von zwei Metern beidseits der Wege. "Ansonsten müsste auch eine Leinenpflicht für Kinder bis sieben Jahren eingeführt werden, um zu verhindern, dass Kinder kriminalisiert werden."

Zudem sehen die Unterzeichner es als sicher an, "dass die NSG-Verordnung von den Anwohnern weder akzeptiert noch de facto umgesetzt werden kann". Der Stadtrat wird sich nicht mehr mit dem Thema befassen, wie ein Brief des Planungsreferates an alle Fraktionen deutlich macht. Gemäß dem Papier haben acht Stadträte im Konsens vereinbart, "dass es keiner erneuten Beschlussfassung durch den Stadtrat mehr bedarf". Der Landkreis München hat ohnehin in dieser Woche seine Zustimmung erteilt.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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