Verkehr:119 Bäume weichen für Radweg und Schule

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Die Bäume, die von der Le-Crès-Brücke kommend linker Hand stehen, werden gefällt. (Foto: Robert Haas)

Die Stadt Unterschleißheim plant Fällungen, um den Münchner Ring umzubauen und der Michael-Ende-Grundschule einen architektonischen Auftritt zu verschaffen. Für letzteres haben die Grünen kein Verständnis.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Radfahrer und Baumschützer sind meist aus demselben Holz geschnitzt. Doch beider Interessen sind manchmal nicht unter einen Hut zu bekommen. So wie jetzt in Unterschleißheim, wo es darum geht, am Münchner Ring beiderseits die Radwege auszubauen, damit die Radler künftig auf einem funktionierenden Zubringer von der Innenstadt zur B 13 gelangen, wo dann der Radschnellweg nach München beginnt. Um das zu erreichen, soll die Verkehrsfläche verbreitert werden. Bis zu 40 Jahre alte Bäume müssen weichen. Dass insgesamt gleich 119 Bäume im Stadtzentrum fallen, hat aber auch damit zu tun, dass die neu geplante Michael-Ende-Grundschule am Münchner Ring einen architektonischen Auftritt bekommen soll. Der gesamte Wall an der Straße soll weg.

Der Bauausschuss und der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Stadtrats befürworteten das mehrheitlich. Grüne und ÖDP stimmten dagegen, wobei die Naturschützer trotz des Verlustes einer hohen Zahl an Bäumen von beachtlicher Größe nicht Sturm liefen. Über die Notwendigkeit des Umbaus der Straße in einem ersten Abschnitt von der Raiffeisenstraße am Rathaus bis zur nächsten Kreuzung am Müller-Guttenbrunn-Weg besteht weitgehend Einigkeit. Es geht dort um den Schülerverkehr zur neu entstehenden Michael-Ende-Grundschule und zur Montessorischule am Münchner Ring. Wegen der Planungen für die Stadtmitte wird die Kreuzung zur Raiffeisenstraße am Fuß der Le-Crès-Brücke umgestaltet. Und beiderseits der Straße entstehen 2,50 Meter beziehungsweise zwei Meter breite Fuß- und Radwege.

Tino Schlagintweit beklagt einen "schleichenden Verlust" von städtischen Grünflächen. (Foto: Stephan Rumpf)

Allerdings hätte die Stadt ihre zentralen Ziele aus Sicht von Tino Schlagintweit (Grüne) mit weniger drastischen Eingriffen erreichen können. SPD und CSU hält er vor, stattdessen nach anfänglichem Zögern architektonischen Erwägungen Vorrang vor der Ökologie gegeben zu haben, weil sie eine Öffnung des Schulvorplatzes hin zum Münchner Ring bevorzugt hätten. Schlagintweit plädierte für die ebenfalls diskutierte Ausbauvariante, bei der der Wall im Abschnitt der Schule in Teilen stehen geblieben wäre. "Wir wollen so viele Bäume erhalten wie möglich", sagt er. Die Schule wäre nicht vollends hinter dem Wall verschwunden. Die von Schlagintweit präferierte Lösung hätte immer noch die Fällung von 94 Bäumen erforderlich gemacht.

Ein Sachverständiger hat die Bäume als vital eingestuft

Ein Baumsachverständiger hat die Bäume, die mit dem Wall weichen, als vital eingestuft. Allerdings sind sie auch nicht in bestem Zustand. Es fehle ihnen an Oberboden, heißt es von der Stadt, und die Bäume litten an Trockenstress. Möglicherweise hinderten auch Schwermetalle in dem mit Bauschutt aufgefüllten Wall ihre Entwicklung.

Aus Sicht der Stadt geht es bei dem ersten Bauabschnitt um einen Einstieg in das große Vorhaben, die Verkehrsader insgesamt zu ertüchtigen, an der in der weiteren Folge noch die Realschule, das Gymnasium und der Volksfestplatz liegen. Amtsleiter Thomas Stockerl sagt auf Anfrage, das Vorhaben werde über Jahre nach und nach abgearbeitet. Das jetzt gewählte Konzept für den ersten Abschnitt hält er für "sehr gelungen", gerade weil die Schule als das mit gut 70 Millionen Euro Baukosten bedeutendste Bauprojekt der kommenden Jahre gut in Erscheinung treten werde. "Wenn man schon so eine schöne Schule hinstellt", sagt er, solle man sie auch sehen können. 700 000 Euro kostet der Umbau des 200 Meter langen Straßenabschnitts, 167 000 Euro kommen für die Gestaltung des Schulvorplatzes oben drauf.

Die Bauarbeiten sollen 2025 und 2026 erledigt werden. Für die gefällten Bäume muss Ersatz geschaffen werden. Dabei hinkt die Stadt Unterschleißheim bei ihren Ausgleichsmaßnahmen bisher schon hinterher, was eine Grünen-Anfrage vor einem Jahr ergeben hat. Amtsleiter Stockerl bittet um Geduld: "Man kann nicht alles von heute auf morgen machen." Solche Pflanzungen müssten geplant werden und Aufträge vergeben werden. "Unterschleißheim ist ein sehr grüner Ort." Tino Schlagintweit sieht genau das gefährdet.

Er beklagt seit Jahren einen schleichenden Verlust an städtischem Grün. Den Rathäusern fehle es an den "Werkzeugen" und, gerade auf privatem Grund, an der "Handhabe", etwas dagegen zu tun. Manchmal auch am politischen Willen. Ein 40 Jahre alter Baum habe eine andere Qualität als eine Neupflanzung, sagt Schlagintweit. Der sei nicht einfach zu ersetzen.

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