NS-Verbrechen:Späte Mahnung

Lesezeit: 1 min

Im ehemaligen Lager Schleißheim, einer zur SS gehörenden Außenstelle des KZ Dachau, mussten Häftlinge von 1939 bis 1945 Zwangsarbeit verrichten. (Foto: Archiv Rudi Naisar)

Die Stadt Garching plant eine Erinnerungsstätte für KZ-Häftlinge in Hochbrück.

Von Irmengard Gnau, Garching

Im Garchinger Ortsteil Hochbrück soll künftig eine Stele oder ein ähnliches Kunstwerk an das Schicksal der Menschen erinnern, die in den Jahren 1939 bis 1945 als KZ-Häftlinge im damaligen SS-Lager Schleißheim Zwangsarbeit leisten mussten. Der Garchinger Stadtrat hat für das Projekt 20 000 Euro freigegeben. Wie genau die Erinnerungsstätte gestaltet wird, soll durch einen Künstlerwettbewerb entschieden werden. Als Standort wurde eine Fläche an der Kreuzung Jahn- und Kirchenstraße neben der Bushaltestelle ausgewählt, unweit des ehemaligen Lagereingangs.

Den Anstoß für die Erinnerungsstätte gab Ortschronist Michael Müller. Das "Lager Schleißheim" in Hochbrück - des Bahnanschlusses wegen benannt nach dem Nachbarort - war in den Jahren 1939 bis 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, in dem die Nationalsozialisten Tausende Menschen als Zwangsarbeiter missbrauchten und ermordeten. Auf dem Areal des ehemaligen Lagers entstand nach Ende des Zweiten Weltkriegs der heutige Garchinger Ortsteil Hochbrück.

Auf dem Gelände des Lagers ist nach dem Krieg der Garchinger Ortsteil Hochbrück entstanden. (Foto: Archiv Rudi Naisar)

Die militärische Nutzung reicht aber noch weiter zurück, wie die Ortschronik zeigt: Bereits Ende des Ersten Weltkriegs wurde die "Munitionsanstalt Schleißheim" der Königlich Bayerischen Armee, südlich des Schleißheimer Kanals an der Landstraße nach Pfaffenhofen gelegen, um mehrere Munitionsbunker nördlich des Kanals erweitert. Zwischenzeitlich lagerte die Firma Dynamit Nobel dort Sprengstoff, bevor das Gelände an die SS und deren Chef Heinrich Himmler ging. Diese nutzten es zunächst als sogenanntes Hilfswerklager; Ende der 1930er Jahre wurde auf dem Gelände eine Berufsschule eingerichtet, um kriegsversehrte SS-Kämpfer umzuschulen.

Die Erinnerungsstätte soll nach dem Willen der Stadt schlicht gehalten werden

Zum Bau des Schulgebäudes wie auch von Baracken, für Kanal- und Straßenarbeiten setzten die Nationalsozialisten Zwangsarbeiter aus dem KZ Dachau ein, Quellen zufolge zwischen 30 und 100 Häftlinge überwiegend aus Polen, aber auch aus Österreich und Deutschland. Das einstige Schulgebäude prägte als "steinernes Haus" auch nach Kriegsende das Ortsteilbild in Hochbrück, zuletzt wurde es als Wohnhaus genutzt; kürzlich jedoch wurden die letzten Teile abgerissen. Eine Erinnerungsstätte ist aus Sicht des Ortschronisten daher umso bedeutsamer. Der Erinnerungsort soll schlicht gehalten werden und Betrachtern ins Gedächtnis rufen, dass die grausamen Verbrechen der Nazi-Herrschaft nicht nur an bekannten Orten, sondern dezentral an vielen Stellen stattgefunden haben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Doppelgänger
:Bürgermeister in Bayern oder Wirtschaftsminister im Norden?

Baierbrunns Bürgermeister sieht dem Dänen Claus Ruhe Madsen so ähnlich, dass man sich fragt, wer nun wirklich Minister in Schleswig-Holstein geworden ist.

Interview von Iris Hilberth

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: