Kreis und quer:So wird das nichts

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Wo sollen im Großraum München Windräder gebaut werden? (Foto: Markus Scholz/dpa)

Wie schwer die Energiewende umzusetzen ist, zeigt die Suche nach Standorten für Windkraftanlagen im Großraum München.

Kolumne von Lars Brunckhorst, Landkreis München

So Kinder, jetzt mal die Landkarten auf dem Tisch ausbreiten, Bleistift, Lineal und Zirkel daneben gelegt und dann geht's los: Als Erstes ziehen wir um unseren Wohnort einen Kreis von 900 Metern - aber Achtung: auf den Maßstab achten! Um das Gewerbegebiet am Ortsrand machen wir einen Kreis von umgerechnet 300 Metern, um das Krankenhaus einen weiteren, aber größeren, der in Wirklichkeit 1600 Metern entspricht. Dann ziehen wir parallel zu Autobahnen und Bahngleisen beidseits Linien im Abstand von 195 beziehungsweise 135 Metern. Und jetzt schaut mal auf der Karte nach, wo sich Linien schneiden. Genau: Dort könnte ein putziges, kleines Windradl stehen.

So ähnlich darf man es sich vorstellen, wenn sich aktuell Experten und Kommunalpolitiker über Pläne beugen, um sogenannte Vorranggebiete für Windkraftanlagen im Großraum München festzulegen. Eine Zusammenkunft des Regionalen Planungsverbands vermittelte diese Woche Einblicke in die verzwickte Aufgabe, die sich ihnen stellt. Das Resultat: Der Münchner Speckgürtel ist - wenig überraschend - einfach so dicht bebaut, dass es zwischen Siedlungen, Gewerbegebieten und Verkehrswegen, dem Flughafen im Nordosten und den Seen im Südwesten kaum ein freies Plätzchen für Rotoren mit einer Gesamthöhe von 266 Meter gibt. Erst recht nicht für 300 bis 400, wie sie nötig wären, damit die Boom-Region München ihren Beitrag zur Energiewende leistet. Und dabei sind jetzt noch nicht einmal vom Aussterben bedrohte Kröten und Unken berücksichtigt, die die Zahl der möglichen Standorte weiter reduzieren dürften, vom Ackerfrauenmantel bis zum Zymbelkraut, die auf der Roten Liste stehen, ganz zu schweigen.

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Als wäre das nicht genug, findet sich auch noch eine ganze Reihe weiterer Ausschlussflächen: das Kloster Andechs, der Domberg von Freising, die Kirche von Hintertupfing. Und vorsorglich gilt: Zweieinhalb Kilometer rund um die Münchner Frauenkirche ist sowieso alles tabu - als wollte irgendjemand ernsthaft hinter der Bavaria oder dem Chinesischen Turm ein Windrad aufstellen. Es ist wie mit dem Heizungsgesetz der Ampelkoalition: Die Mehrheit will, dass was gegen den Klimawandel getan wird, aber sobald die Maßnahmen einen selbst direkt betreffen, will eine Mehrheit von eben diesen nichts wissen und findet tausend Gründe dagegen. Aus bayerischer und besonders Münchner Perspektive muss somit allein der Norden Deutschlands die Energiewende wuppen: In Dithmarschen und der Uckermark weiden schließlich allenfalls Schafe oder brennen Torfgebiete.

Kinder, so wird das nichts. Deshalb, Hubsi und Markus, jetzt Stift und Hefte raus und hundert Mal den Satz geschrieben: Ich will nicht länger den Robert Habeck piesacken, sondern endlich dafür sorgen, dass zumindest neue Stromtrassen von Nord nach Süd gebaut werden.

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