Energieversorgung:Brüskiert vom großen Nachbarn

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Das Heizkraftwerk München-Nord liegt auf Unterföhringer Flur. Die Gemeinde kämpft seit Langem für den Ausstieg aus der Kohleverbrennung und will die Genehmigung für den Bau einer Gas- und Dampfturbinenanlage verweigern. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Gemeinde Unterföhring lehnt den von der neuen grün-roten Münchner Stadtregierung geplanten Bau einer Gasturbinenanlage am Heizkraftwerk auf ihrem Gebiet ab und kündigt Widerstand an

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Die Empörung ist groß in Unterföhring: Seit dem Bekanntwerden des Koalitionsvertrages der neuen grün-roten Münchner Stadtregierung, wonach am Standort des Heizkraftwerks München-Nord in Unterföhring eine Gas- und Dampfturbinenanlage errichtet werden soll, wächst die Kritik an der Arroganz des großen Nachbarn. Dieser wolle wohl "über unseren Kopf hinweg" Fakten schaffen, sagt Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft), und das, obwohl der örtliche Gemeinderat bereits im Januar des vergangenen Jahres einstimmig gegen den Bau eines solchen Gaskraftwerks votiert hat. Genau wie der Rathauschef ist auch das Unterföhringer Aktionsbündnis "Raus aus der Steinkohle" verärgert. Man sei sprachlos angesichts dieser undemokratischen Vorgehensweise, sagt Sprecher Wolfgang Stubenrauch.

"Das Thema hat mich nicht kalt erwischt, aber ich bin doch überrascht, dass es nun so schnell gehen soll", räumt Bürgermeister Kemmelmeyer ein. Unterföhring werde kein Baurecht auf dem bestehenden Standort erlauben, kündigt er an und erinnert an die gültige Beschlusslage. Dass SPD und Grüne in München eine solche Anlage gerne aus der Stadt rausschieben wollten, werde so einfach nicht gehen. Kemmelmeyer hat die Sache nach eigenen Worten bereits dem Rechtsbeistand der Gemeinde übergeben.

Nun blicke er gespannt darauf, wie die Regierung von Oberbayern, die das Gaskraftwerk genehmigen müsste, und auch der Freistaat reagieren werden. "Es wäre wohl in der Geschichte einmalig, wenn eine Kommune ein Gaskraftwerk gegen ihr Veto vor die Nase gesetzt bekäme", ist er sich sicher. Der Stadtspitze und den Stadtwerken München rät er dringend, auf eigener Flur Ersatz für den Kohleblock im Heizkraftwerk in Unterföhring zu suchen. Kemmelmeyer verweist auf den Bürgerentscheid, wonach die Kohleverbrennung in der Anlage beendet werden soll, und den Beschluss des Münchner Stadtrats, in dem im vergangenen November ein Ausstiegsszenario beschrieben wurde.

Dass es beim vorzeitigen Kohleausstieg Probleme bei der Münchner Wärmeversorgung geben könne, sei nicht das Problem Unterföhrings, meint der Bürgermeister. Er sei bislang davon ausgegangen, dass die Verantwortlichen in München auf eigenem Gebiet Alternativen suchten. Dass die Sicherstellung einer Notfallreserve nun über ein Gaskraftwerk jenseits der Stadtgrenze auf Unterföhringer Flur erfolgen soll, wie es die neue Koalition im Münchner Rathaus vorhat, "werden wir nicht kampflos hinnehmen", so Kemmelmeyer. Er werde die Sache in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats am 14. Mai thematisieren. Soll das Gremium dabei auch gleich seine Ablehnung der Pläne erneuern? "Ich weiß nicht, wie viele Neins es von uns noch braucht", ärgert sich der Rathauschef, schließt aber nicht aus, dass der Gemeinderat tätig wird. Die Haltung der Kommune sei unmissverständlich.

© SZ vom 06.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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