Energiekosten:Wenn die Nachforderung des Gasversorgers kommt

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Hier wird Geld verbrannt. Viele Menschen bringen hohe Energiepreise in finanzielle Schwierigkeiten. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Immer mehr Menschen geraten durch die gestiegenen Energiepreise in finanzielle Notlagen. Der Landkreis will in Kooperation mit den Kommunen jetzt schnelle Hilfen vermitteln.

Von Iris Hilberth, Landkreis München

Das Konto ist leer, die Heizkostenabrechnung hoch, die Summe auf dem Kassenbon im Supermarkt treibt vielen die Tränen in die Augen. Mit den Erhöhungen der Energiepreise und der gestiegenen Inflation kommen immer mehr Menschen auch im Landkreis München an ihre finanziellen Grenzen und geraten ernsthaft in Schwierigkeiten, wenn die Zahlungsaufforderungen der Strom- und Gasanbieter ins Haus flattern. Der Landkreis will jetzt helfen. Zwar kann er die Stromrechnung nicht zahlen, doch will er durch eine bessere Vernetzung der Hilfsangebote und Beratungsstellen dafür sorgen, dass die vorhandenen finanziellen Leistungen auch rasch bei den Menschen ankommen.

"Es ist ein deutlicher Anstieg des Beratungs- und Hilfebedarfs festzustellen", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) in der Sitzung des Sozialausschusses des Landkreises diese Woche. Nach einer Besprechung mit den Bürgermeistern war er zu dem Schluss gekommen: "Der Kreis muss reagieren, es ist wichtig, ein Signal zu geben." Schließlich seien von der Energiekrise massiv nicht nur die armutsgefährdeten Personen, die Sozialleistungen beziehen, oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen betroffen, deren Einkommen knapp oberhalb der Einkommensgrenze für den Leistungsbezug liegt. Zunehmend kommt auch die Mittelschicht trotz geordneter Lebens- und Arbeitsverhältnisse finanziell an die Grenzen des Möglichen. "Da reichte es immer gerade so und dann kommt die Nachforderung des Energieanbieters", sagte Göbel. So stehe weniger Geld für Güter des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel zur Verfügung, an den Tischen und Tafeln gebe es inzwischen eine zunehmende Nachfrage. "Dass es dort Wartelisten gibt, ist schon sehr besonders."

Wo sind die günstigen Angebote? Einkäufe sind deutlich teurer geworden. (Foto: Lucy Nicholson/Reuters)

Der Landrat sieht durch eine steigende Zahl von Menschen, die von Armut bedroht sind, auch die Gefahr, dass soziale Spannungen verstärkt werden. "Das ist dem sozialen Frieden eher abträglich", sagte Göbel, der sich um das Vertrauen der Menschen in Demokratie und Rechtsstaat sorgt. Vor allem wenn die Leute das Gefühl bekämen, dass verstärkt Flüchtlinge hier Schutz suchten und Hilfe beanspruchten, während sie selbst nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnung zahlen sollen. "Das ist nicht so !", betonte der Landrat, "wir müssen diesen Menschen früh sagen: kommt zu uns, wir können helfen."

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Der erste Weg führt ins Rathaus

Staatliche Hilfe und Unterstützungsangebote gibt es, doch ist man im Landratsamt davon überzeugt, dass viele Betroffene gar nicht wüssten, an wen sie sich wenden können, welche Optionen sie haben und was sie in Anspruch nehmen könnten. Es gibt Sozialberatung und Schuldnerberatung oder Hilfen bei Insolvenz. Aber die wenigsten Menschen, die erstmals in eine solche finanzielle Not geraten, wenden sich gleich an das Landratsamt in München. "Als Erstes gehen die Leute ins Rathaus", weiß Göbel aus eigener Erfahrung als ehemaliger Bürgermeister in Gräfelfing und durch die Gespräche mit den Rathauschefs in dieser Woche. Die bestätigten, dass die Kommunalverwaltungen eine wichtige Rolle spielten, da die Bürgerinnen und Bürger mit Problemlagen häufig direkt vor Ort mit den Mitarbeitern etwa im Sozialamt oder den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Kontakt treten und um Hilfe nachfragten. Daher solle den beratungsbedürftigen Bürgern und Bürgerinnen der Zugang zu wohnortnahen Angeboten ermöglicht und erleichtert werden. "Die müssen niederschwellig sein und wir müssen das so gut wie möglich transparent machen", betonte der Landrat.

Hilft in Garching Geflüchteten bei der Integration: CSU-Kreisrätin Nicola Gerhardt. (Foto: Claus Schunk)

Wichtig sei es nun zunächst, zusammenzutragen, welche Hilfe es gibt und im Dialog mit den Kommunen für die Kollegen in den Rathäusern "weitergabefähig" zu machen. Als Multiplikatoren für die Weitervermittlung an relevante Beratungsstellen eignen sich auch die Familienstützpunkte und Familienzentren. Schließlich gibt es diese wohnortnahen Einrichtungen über den gesamten Landkreis verteilt. Kreisrätin Nicola Gerhardt (CSU) erinnerte in der Sitzung daran, die Kirchen bei diesem Thema nicht zu vergessen und in die Weitergabe von Informationen mit einzubinden. "Wir sollten auch die Pfarrsekretärinnen informieren, welche Angebote es gibt."

Um aber nicht nur Broschüren mit Beratungsangeboten zu verteilen, sondern auch zusätzliches Geld locker zu machen, soll das Landratsamt prüfen, welche Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung es durch Stiftungen in den Städten und Gemeinden geben könnte. Barbara Bogner, Bürgermeisterin von Sauerlach, berichtete von einem solchen Fonds in ihrer Gemeinde. "Es treten immer wieder Bürger auf uns zu, die spenden wollen", sagte sie. Die Gemeinde lege dieses Geld zurück, falls zum Beispiel jemand eine Waschmaschine brauche. Zudem ist angedacht, den im Februar 2021 eingerichteten Corona-Nothilfefonds umzuwidmen. Ingrid Lindbüchl von den Grünen schlug vor, ihn in "Notstrom-Fonds" umzubenennen.

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