Einmal rund um München:Landpartie zum Weiß Ferdl

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In unserer Serie "Hart an der Grenze" erkunden SZ-Autoren den Verlauf der Münchner Stadtgrenze. In Folge 9 kann man am Südrand der Stadt Münchens höchsten Punkt erklimmen, einen Friedhof erkunden und die Kühle des Forstenrieder Parks spüren. Eine Waldgaststätte lockt den müden Wanderer, der von Pullach über Gut Warnberg bis zum grünen Maxhof viel zu sehen bekommt.

Von Jürgen Wolfram

Wie wär's mit einer Landpartie in der Millionenstadt und zusätzlich einem Abstecher in den Wald? Ist am Südrand Münchens alles zu haben. Doch bevor bukolische Gefühle aufkommen, gilt es, aus der Distanz eine sehr spezielle Einrichtung in Augenschein zu nehmen, die sich westlich der Wolfratshauser Straße unmittelbar an die Grenze der Vorortgemeinde Pullach schiebt: das Kloster St. Gabriel, ein Konglomerat kirchlicher Sozialeinrichtungen. Betrieben wird es von den Schwestern vom Guten Hirten, einem 1835 gegründeten Orden. Unter anderem die Gebäude eines Mutter-Kind-Hauses, eines Blindeninstituts, einer Intensivpflegestation sowie eines Altenheims markieren an dieser Stelle auf höchst karitative Weise den Endpunkt der Landeshauptstadt.

Besser man stört nicht und biegt schon ein Stück weit nördlich der Klosteranlage ab in die Wilhelm-Leibl-Straße und in die Warnbergstraße. Gleich an der Ecke befindet sich eine Haltestelle der MVG-Buslinie 135 (Thalkirchner Platz - S-Bahnhof Solln - Waldfriedhof Solln). Nach wenigen Metern steht man vor dem Eingang zum Waldfriedhof. Hier haben viele Berühmtheiten ihre letzte Ruhestätte gefunden; der Volkssänger Weiß Ferdl, die einst wegen Doppelmordes verurteilte Vera Brühne und die lokale Malergröße Carl Johann Becker-Gundahl sind nur drei von ihnen.

Unweit des Gräberfelds unter Bäumen zeichnet sich Münchens höchste natürliche Erhebung ab. Oben thront wie gemalt das Gut Warnberg. Umgeben von einem idyllischen Weiher, Feldern und Pferdekoppeln beherbergt die Anlage eine Schwestergemeinschaft der Marienanstalt. Sie pflegt ein jahrhundertealtes Erbe, Warnberg wird schon im Mittelalter urkundlich erwähnt. Teile des Komplexes vermieten die Schwestern heute an eine private Realschule sowie an einen Pferdepensionsbetreiber und Tierarzt. Der Blick von hier schweift über das Warnberger Feld, eine der letzten großen Freiflächen in der Stadt, hinüber zum Forstenrieder Park. Auf Wegen und Pfaden grüßen Spaziergänger, Hunde balgen sich, Jogger pflügen durch Grasland oder entlang von Mais und Getreide. Alles Großstadtgebiet, kaum zu glauben. Im Weichbild am nördlichen Horizont: die Parkstadt Solln, die Kunststofffabrik Rinolit (früher: Alkorwerk), der Hof des Reitvereins Corona.

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(Foto: Catherina Hess)

Dirt-Biker sind häufig im Forstenrieder Park zugange.

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(Foto: Catherina Hess)

Historisches gibt es auch zu entdecken, etwa Gut Warnberg.

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(Foto: Catherina Hess)

Pferd und Reiter suchen sich ihre Wege.

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(Foto: Catherina Hess)

Die Natur zeigt all ihre Facetten - wie diesen malerischen Teich.

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(Foto: Catherina Hess)

Der Wald lebt, aber er leidet.

Quert der Spaziergänger das Warnberger Feld in Richtung Waterloostraße, stechen ihm alsbald der Hügel der Bezirkssportanlage und die Sportgaststätte "Herterichstuben" ins Auge. Im Sommer ein Hotspot des Freizeit- und Vereinsfußballs, im Winter ein kleines Rodelparadies. Am Rande des Areals hat sich die Stadt vor ein paar Jahren viele Freunde unter Jugendlichen gemacht, indem sie ihnen eine Dirt-Bike-Anlage mit allen Schikanen hinstellte. Gleich dahinter treffen sich gern Hundefreunde und, zur Erdbeersaison, Leute, die bevorzugt selber ernten.

Via Waterloostraße, Rotenhanstraße und Forstenrieder Allee führt der Weg endgültig an den Waldrand und hinein in den Forstenrieder Park, genauer gesagt ins Revier Unterdill. Schon wegen der Waldgaststätte mit ihrem wunderbar schattigen Biergarten, heute unter dem Namen "Poseidon" von griechischen Pächtern geführt, dürfte es zu den bekanntesten Winkeln im gesamten Einzugsbereich des Forstbetriebs München gehören.

Zeitweise noch mehr Aufmerksamkeit hat die benachbarte Schießanlage des Schützenvereins Hubertus auf sich gezogen. Denn gegen deren Betrieb rebelliert seit Langem eine Bürgerinitiative, die sich vom Schießlärm belästigt fühlt. Umbaumaßnahmen und eine strikte Begrenzung der Übungszeiten haben die Proteste in jüngster Zeit leiser werden lassen.

Am Ende der Forstenrieder Allee fasert die große Stadt gemächlich aus. Eine Waldarbeitersiedlung noch, ein paar Tennisplätze, die letzte MVG-Bushaltestelle, dann das gelbe Ortsende-Schild mit dem Hinweis, dass es nach Starnberg 15 Kilometer sind. Wenige Meter danach eine Unterführung der Garmischer Autobahn, von der aus man auf dem Link-Geräumt zurückkehrt in den Forstenrieder Park.

Es ist nicht zuletzt das Reich Wilhelm Seerieders, des Leiters des Forstbetriebs München der Bayerischen Staatsforsten. Er hat gegenwärtig mal wieder mit vertrauten Problemen zu kämpfen: Die Schäden, die der Orkan "Niklas" hinterlassen hat, sind noch nicht beseitigt, da macht sich in erschreckender Intensität der Borkenkäfer breit. Heuer voraussichtlich mit vier statt wie üblich mit drei Generationen. Besonders betroffen: die stadtnahen Reviere Unterdill und Maxhof, in denen es mitunter von Naherholern nur so wimmelt.

Eigentlich wollten sich Seerieder und sein Team einem neuen Zehnjahresplan mit Schwerpunkt Jungdurchforstung zuwenden, doch drängen Windwurfholz und Käfer nach vorn. Die beliebte Waldführung im Herbst will der Betriebsleiter gemeinsam mit dem Verein der Freunde des Forstenrieder Parks dennoch wieder anbieten, voraussichtlich im Oktober.

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Thematisch soll es diesmal um das neue regionale Naturschutzkonzept gehen. Fürs Erste hätte Seerieder noch eine Bitte an die Parkbesucher: Sie sollen das absolute Fütterungsverbot unbedingt beachten und Haushaltsabfälle keinesfalls bei den Wildschweinen abladen. Seit im Grenzgebiet zu Tschechien ein Fall von afrikanischer Schweinepest aufgetreten ist, schrillen bei Förstern die Alarmglocken.

Zurück auf dem Link-Geräumt mit seiner alten Wildtränke, der Achterlacke. Auf Höhe der Stadtgrenze bei Neu-Forstenried geht es bis zu einer Waldkreuzung und dort rechts ab in Richtung Forsthaus Maxhof. Wie ein lichter Empfangsbereich in der Natur ist dessen Umgriff gewissermaßen das Scharnier zwischen Wald und Siedlungsgebiet. Die Rückkehr in die bauliche Zivilisation geht sanft vonstatten. Denn die Bezeichnung Maxhof steht auch für eine der grünsten Wohnlagen der Stadt. Die wuchtigen Wohnblocks von Fürstenried sind noch ein gutes Stück weit entfernt, der Forstenrieder Park ist immer nah. Spätestens wo die Buchloer Straße in die Argelsrieder Straße übergeht, reiht sich ein schmuckes Häuschen ans andere. Und ehe man sich's versieht, steht man in der Buchendorfer Straße und damit an der nächsten Grenze. Dahinter liegt kein Staatsforst mehr, sondern die Gemeinde Neuried. Der ideale Begleiter für eine Tour hierher ist - heißer Tipp - ein robustes Fahrrad.

Alle weiteren Folgen der Serie "Hart an der Grenze" finden Sie hier.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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