Grenznah betrachtet:Der ewige Abwehrkampf

Das Schreckgespenst kehrt seit etwa 80 Jahren regelmäßig wieder und trägt den Namen Autobahn-Südring. Alarmstimmung löst das Projekt immer dann aus, wenn eine Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans ansteht.

Von Jürgen Wolfram

Die Menschen in den südlichen Münchner Stadtvierteln und im südlichen Landkreis München haben gelernt, mit einem Schreckgespenst zu leben. Es kehrt seit etwa 80 Jahren mehr oder weniger regelmäßig wieder und trägt den Namen Autobahn-Südring. Seit Jahrzehnten lehnen sich die Bürger gegen die immer wieder aufploppenden Pläne für einen solchen Ringschluss der Schnellstrecke rings um München auf.

Alarmstimmung löst das Projekt immer dann aus, wenn eine Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans ansteht. Gegenwärtig taucht der Autobahn-Ringschluss im Münchner Süden in diesem Katalog nicht auf, aber das kann sich auch wieder schnell ändern. Die Menschen in Forstenried, Solln, Pullach, Baierbrunn, Grünwald und Umgebung wissen nur zu genau: Es handelt sich nur um eine Atempause. Bald heißt es wieder zu zittern und zu kämpfen um zwei der wichtigsten Erholungsgebiete der gesamten Region, das Isartal und den Forstenrieder Park.

Eine eindrucksvolle Fahrrad-Demo auf der Grünwalder Brücke, lange Menschenketten mitten im Wald, Resolutionen mit den Unterschriften von einem Dutzend Bürgermeistern - alles schon dagewesen.

Spätestens seit eine Machbarkeitsstudie aufgezeigt hat, dass die Entlastungseffekte durch den Südring für den Norden und Osten der Stadt marginal wären, fehlt nicht nur Umlandgemeinden, Naturschutzverbänden, Bezirksausschüssen und Bürgerinitiativen jegliches Verständnis für stete Neuauflagen der leidigen Diskussion um das Verkehrsprojekt.

Mit Entsetzen erinnern sie sich der zuletzt vorgeschlagenen Variante. Diese hätte mitten durch Pullach und direkt in den Forstenrieder Park geführt und dort eine Hunderte Meter breite Schneise geschlagen. Selbst wenn eine unterirdische Lösung jemals bezahlbar sein sollte, wären die Schäden für die Natur noch immer immens. Denn Tunnel brauchen Fluchtwege, Belüftungsschächte, Zufahrts- und Abfahrtsrampen. Ganz zu schweigen von der jahrelangen Mammutbaustelle, die mit dem Bau einherginge.

In der Summe ginge mit einem solchen Projekt, wie auch immer man es ausgestaltet, eine beträchtliche Verwüstung einher. Die Natur im Südwesten der Stadt würde von Grund auf umgekrempelt werden. Zigtausende Wanderer, Radler und Reiter aus der angrenzenden Millionenstadt würden sich schön bedanken. Auch aus der Sicht von Forstfachleuten drohte das Ende des Forstenrieder Parks, wie ihn die Münchner kennen und lieben. Was die Südring-Verfechter geflissentlich übersehen: Das Waldgebiet wird ohnehin schon längst von einer Autobahn durchschnitten, der A 95 nach Garmisch.

Verkehrsplaner und Wirtschaftsvertreter, die dem Projekt gewogen sind, argwöhnen seit jeher, dass einflussreiche Kreise, die im Süden Münchens zuhause sind, den Südring beharrlich blockieren. Ein ganzer Landstrich hofft, dass sie recht behalten mögen. Es gilt aber wohl ein Satz von Erich Rühmer, dem Vorsitzenden des Isartalvereins. Dieser warnt seit Jahren vor einem ungezügelten Wachstum der Region München. Schon weil der Verkehr dadurch so anschwellen könnte, dass es irgendwann auch beim Südring kein Halten mehr gibt. Jürgen Wolfram

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: