Coronavirus:Panne im Landratsamt

Lesezeit: 2 min

Auch wenn es jetzt da und dort Lockerungen gibt. Die Gefahr ist noch nicht vorüber. Vor allem gilt es jetzt, eine zweite Welle an Infektionen zu verhindern. Das Personal in Schutzanzügen an den Teststationen wie hier am Bauhof in Höhenkirchen-Siegertsbrunn steht nach wie vor bereit. (Foto: Claus Schunk)

Die Behörde räumt einen Übertragungsfehler ein, weshalb über Wochen falsche Angaben veröffentlicht wurden. Statt von 23 geht man jetzt von 45 Personen aus, die an Covid-19 verstorben sind.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Das Landratsamt hat die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit Corona nach oben auf 45 korrigiert. Tagelang meldete die Behörde 23 an dem Virus Verstorbene, obgleich etwa in einem Unterhachinger Altenheim alleine 18 Patienten die Erkrankung an Covid-19 nicht überlebt hatten. Jetzt musste Landrat Christoph Göbel (CSU) eingestehen, dass es bei der Führung von Listen in seinem Haus einen "Übertragungsfehler" gegeben hatte und neu hinzugekommene Todesfälle fünf Wochen lang nicht mehr registriert und daher nicht kommuniziert wurden.

Zwar habe man festgestellt dass das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit höhere Zahlen habe, führte dies aber lange darauf zurück, dass dort nicht unterschieden werde, ob jemand nachgewiesen an Corona oder mit dem Virus gestorben sei. Bei nicht allen Fällen, die das Landratsamt am Mittwoch dazu addiert hat, handele es sich um Verstorbene in Alten- und Pflegeheimen, sagte der Landrat in einer Videokonferenz. Auch habe es keinen plötzlichen Anstieg gegeben. Die 22 neu hinzugekommenen Personen, elf Männer und elf Frauen, waren zwischen 54 und 95 Jahren alt. Drei gehören der Altersgruppe 35 bis 59 Jahre an, sechs waren zwischen 60 und 79 Jahre alt, 13 waren 80 Jahre oder älter. Acht waren zuletzt in Pflegeeinrichtungen untergebracht.

Die Zahl, die für das Landratsamt mit den beschlossenen Lockerungen nun eine große Rolle spielt ist die 50. Auf diese Obergrenze muss der Landrat seinen ständigen Blick richten. Bei mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche muss er sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umsetzen. Das hieße: Ausgangsbeschränkungen, Ladenschließungen oder auch wieder Besuchsverbote in Altenheimen.

Erneuter Anstieg der Infektionszahlen könnte die Ferien treffen

Selbständig Regeln für den eigenen Landkreis zu erlassen hält Göbel allerdings für "nicht nur sinnvoll". Denn es gebe im Landkreis viele Personen, die von solchen Regeln dann nicht betroffen wären, weil sie woanders wohnten oder arbeiteten. Insbesondere den Zeitpunkt, zu dem es durch die Lockerungen wieder zu einem Anstieg der Infektionszahlen kommen könnte, sieht der Landrat kritisch. "Wir hätten die Auswirkungen etwa eine Woche vor den Pfingstferien", sagte er. Seine Behörde müsste dann zur Ferienzeit reagieren.

Derzeit kann Göbel bei seinem "Infektionscontrolling" einigermaßen entspannt auf die Zahlen schauen, 18,92 Fälle pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, "wir haben stabile Werte", stellt er fest. Anfang April hatte es aber mal ganz anders ausgesehen. Da lag der Landkreis mit 107,3 doppelt so hoch wie die nun festgelegte Obergrenze. Göbel appellierte daher "inständig" an die Bevölkerung, "mit der gewonnenen Freiheit verantwortlich umzugehen". Normalität wie vor Corona dürfe jetzt nicht eintreten, "sonst werden die Infektionen in einem so dicht besiedelten Raum schnell wieder steigen", so Göbel. Zwar glaubt er, dass die Menschen sich bereits daran gewöhnt hätten, im ÖPNV und in den Läden Mund-Nasen-Schutz zu tragen und die Bürger sich auch selbst kontrollierten. Sorge bereitet ihm eher das Freizeitverhalten. "Dass da alle Hygienemaßnahmen eingehalten werden, sehe ich problematisch", sagte der Landrat.

Altenheime sollen Hygienekonzepte vorlegene

Ein Hauptaugenmerk des Landratsamts liegt auf der Handhabung der Lockerungen auch bei den Alten- und Pflegeheimen, die besonders von Infektionen und Todesfällen betroffen waren. Seine Behörde haben sehr große Mühe gehabt und viel Arbeit geleistet, um dieses Problem zu bewältigen und die Einrichtungen mit genügend Schutzmaterial zu versorgen. Von ursprünglich sieben sind noch vier Heime von Corona betroffen. Alle 56 Einrichtungen im Landkreis seien gebeten worden, zum Zeitpunkt der Lockerung Hygienekonzepte vorzulegen. Dies sei allerdings eine "Soll"-Verordnung, das Landratamt könne lediglich Empfehlungen geben wie etwa die Ausweisung von Besuchszonen oder -räumen, wenn möglich mit Trennscheibe. Auch sollen feste Besuchszeiten gelten und eine zeitliche Begrenzung auf 20 Minuten pro Person festgelegt werden. Zudem sollen die Einrichtungen kontrollieren, wer ein- und ausgeht.

© SZ vom 08.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Newsblog zum Coronavirus im Landkreis München
:Der Ausnahmezustand endet

Weil fast alle Corona-Regeln auslaufen und die Infektionszahlen sinken, wird der Newsblog zur Corona-Lage im Landkreis München vorläufig eingestellt.

Von SZ-Autoren

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: