Christopher Street Day:Mia san mia

Vor 30 Jahren waren sie ein verschrecktes Grüppchen, heute ziehen sie selbstbewusst durch die Stadt: Tausende Schwule und Lesben feiern den Christopher Street Day in München mit bunten Kostümen - und einer ernsten Botschaft. In Bildern.

Tobias Dorfer

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(Foto: online.sdemuenchen)

Ein kleines Grüppchen macht den Anfang. 100, vielleicht auch 150 Menschen versammeln sich im Jahr 1980 am Münchner Viktualienmarkt, um für die Rechte von Schwulen und Lesben zu kämpfen - die Geburtsstunde des ersten Christopher Street Days (CSD) in der bayerischen Landeshauptstadt, der damals noch nicht einmal so heißt. Das Motto ist einfach und prägnant: "Schwul, na und?" Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Als "brav und zurückhaltend" empfindet ein Teilnehmer von damals zwar die Reaktionen der Bevölkerung. Doch auch Gleichgültigkeit und böse Zurufe schlagen den Homosexuellen entgegen. Bei den Demonstranten regiert die Angst. Einige sind vermummt, damit sie nicht erkannt werden. "Ich habe Angst, ich werde Lehrer", steht auf einem Spruchband. 30 Jahre später ist aus dem Mini-Umzug des verschreckten Grüppchens ein farbenfrohes Spektakel geworden, das 30.000 Münchnerinnen und Münchner - egal, ob homo- oder heterosexuell - auf die Straßen lockt. Die Landeshauptstadt gibt sich beim Jubiläums-Umzug bunt, offen und tolerant. Sogar der Regen hört zum Beginn der Parade auf, sehr zur Freude dieser Teilnehmer - und der Zuschauer.

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Verstecken will sich hier heute niemand - auch nicht Mr. Bavarian Leather (rechts) und Mr. Deaf-Bear Germany, die gutgelaunt und fahnenschwenkend durch die Innenstadt ziehen.

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Ob sich diese beiden Herren vor 30 Jahren auch getraut hätten, auf allen Vieren und angeleint durch München zu streifen? Anstrengend ist so ein Hundeleben auf jeden Fall.

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Anstrengend ist der Christopher Street Day auch für diese Dame in Grün. Denn aus irgendeinem Grund passt die Beschaffenheit des Wagens nicht so recht zu den anatomischen Gegebenheiten von...

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...Claudia Roth. Deshalb muss sich die Parteivorsitzende der Grünen - gekleidet im "CSD-Dirndl" - immer wieder unter dem Geländer vorschieben und ganz viele Leute herzen, drücken und abbusseln. Das ist gelebte Volksnähe!

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Wo Schwule und Lesben feiern, da ist auch Oberbürgermeister Christian Ude gern gesehener Gast. Im Jahr 1994 übernimmt das Stadtoberhaupt, damals erst einige Monate im Amt, die Schirmherrschaft des Christopher Street Days. Hier zieht er mit Stadtrat Thomas Niederbühl von der Rosa Liste (2.v.l.) und Rita Braatz von der Lesbengruppe LeTRa (rechts) durch die Sonnenstraße.

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Zuvor hatten Niederbühl und Braatz auf dem Marienplatz das zweitägige Treiben eröffnet. "Schwule, Lesben und Transgender sind Bürgerinnen und Bürger von München", ruft Braatz ins Mikrofon und fordert die Teilnehmer auf, auch angesichts der wieder zunehmenden Gewalt gegen Homosexuelle "Gesicht zu zeigen". Denn: "Es geht um uns alle." Ganz kurz wagt sich auch Bürgermeister Hep Monatzeder auf die Bühne, der sonst auch immer bei der Parade mitläuft. Doch dazu hat der Grünen-Mann dieses Jahr keine Zeit. "Wie Sie sicher wissen, bin ich derzeit stark mit unseren Kliniken beschäftigt", meint Monatzeder - und flüchtet schnell wieder ins Rathaus. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats steht er wegen des Hygiene-Skandals um die Kliniken in Bogenhausen und Neuperlach derzeit besonders in der Kritik.

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Doch von Hygiene-Problemen bei den Kliniken lassen sich diese Feiernden nicht stören. Sie flirten lieber mit den Zuschauern am Straßenrand.

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Beim Christopher Street Day geht es um "Politik und Party", hatte Rita Braatz von der Lesbengruppe LeTRa zuvor gesagt. Diese Teilnehmer setzen offenbar eher auf letzteres.

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Politisch dagegen geht es auf dem Wagen der Deutschen Eiche zu. In diesem Jahr wird gegen den Papst und seine Aussagen zur Homosexualität gestänkert. Die Deutsche Eiche ist eine Institution in München. In dem Hotel nahe des Viktualienmarkts...

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...traf sich bereits lange vor dem ersten Christopher Street Day die Szene. Queen-Sänger Freddie Mercury stieg hier ab. Ebenso wie...

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...Regisseur Rainer Werner Fassbinder, der auf der anderen Seite der Reichenbachstraße wohnte und Stammgast in der Deutschen Eiche war. Auch Tänzer vom benachbarten Gärtnerplatztheater kamen immer wieder vorbei. So verfestigte sich der Ruf Münchens als tolerante und weltoffene Metropole.

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Inzwischen dürfen sich Homosexuelle auch im Münchner Rathaus das Jawort geben. Ob diese beiden im förmlichen Hochzeitsoutfit schon einmal daran gedacht haben?

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Mann oder Frau - das ist hier die Frage. In blassrosa und mit feschem Haarschnitt präsentieren sich diese Teilnehmer.

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Was dazu wohl die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz sagen? Diese Ordensfrau hat sich der Verbreitung von Toleranz und Freude verschrieben - und dem Kampf gegen Aids. Dafür verteilt die bunt gekleidete Schwester fleißig Kondome.

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Fußball ist nur was für Heteros? Von wegen. Der FC Bayern München hat einen schwulen Fanclub, der sich mit bayerischem "Mia-san-Mia-Selbstbewusstsein" beim Christopher Street Day zeigt.

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Wer nicht nur Daumen drücken will, sondern selbst aktiv sein - dem bietet der schwullesbische Sportverein Team München 16 Sportarten an. Selbst geboxt wird hier.

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Seine bevorzugte Sportart ist dagegen Tanzen und Posieren - ist ja auch anstrengend genug, wie am verschwitzten Körper dieses Paradiesvogels deutlich zu sehen ist.

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Auch die Politik läuft mit. Neben Grünen und Jusos, die Kondome verteilen ("Liebt euch, wir kümmern uns um den Rest"), sind auch die Linkspartei und der FDP-Nachwuchs vertreten. Von der CSU ist dagegen nicht viel zu sehen - außer einem kleinen Infostand der Jungen Union am Marienplatz.

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Rot, grün, gelb, schwarz - von derlei politischer Farbenlehre halten diese beiden Paradiesvögel wenig. Sie setzen auf pink.

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(Foto: online.sdemuenchen)

Unter diesem blauen Tuch verstecken sich die Münchner Isarhechte, der erste schwul-lesbische Schwimmverein der Landeshauptstadt.

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Bunt, bunter, CSD: Zwei Tage wird am Marienplatz gefeiert. Unter anderem wird der britische Popstar Jimmy Sommerville erwartet. Seinen Höhepunkt findet das farbenfrohe Spektakel jedoch am Samstagabend. Dann öffnet Oberbürgermeister Christian Ude das Rathaus zum jährlichen Rathaus-Clubbing.

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