Bundestagswahlkampf:"Ach, ihr auch?"

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Die Bundestagskandidaten Korbinian Rüger, Axel Schmidt, Maria Wißmiller, Katinka Burz, Quentin Wolf und Yannick Rouault (von links) stellten sich den Fragen junger Leute. (Foto: Claus Schunk)

Sechs Bundestags­kandidaten präsentieren sich in Ottobrunn auf kurzweilige Art jungen Wählern

Von Alina Willing, Ottobrunn

Kurz vor Beginn der Podiumsdiskussion um 19 Uhr füllt sich der Saal langsam. Etwa 50 Einzeltische sind in mehreren Reihen mit genügend Abstand aufgestellt und nach vorne zur Bühne ausgerichtet. Dort oben stehen sechs Holztische nebeneinander, an jedem kleben zwei weiße Zettel. Auch vom hinteren Teil des langen Festsaals im Wolf-Ferrari-Haus in Ottobrunn ist gut zu erkennen, womit die Zettel bedruckt sind: Name und Parteilogo von sechs Bundestagskandidaten. Überall im Raum stehen Jugendliche und junge Erwachsene in kleinen Grüppchen zusammen. Das Stimmengewirr im Saal übertönt die entspannte Gute-Laune-Sommer-Musik, die aus den Boxen strömt.

Sie hätten "viel zu tun", singen Nura und Gentleman. Das gilt auch für die anwesenden Politiker und Politikerinnen. Sie stellen sich an diesem Montagabend den unangenehmen Fragen junger Erwachsener unter 30. Organisiert wird die Veranstaltung vom katholischen Jugendverband "Dekanut" im Dekanat Ottobrunn und der Evangelischen Jugend Ottobrunn.

Auf dem Podium haben vier Direktkandidaten für den Landkreis München Platz genommen: Korbinian Rüger (SPD), Axel Schmidt (FDP), Katinka Burz (Die Linke) und Yannick Rouault (ÖDP). Die CSU schickt den Listenkandidaten Quentin Wolf in Vertretung des Direktkandidaten Florian Hahn. Für die Grünen ist Listenkandidatin Maria Wißmiller anstelle von Anton Hofreiter da. Die AfD sei bewusst nicht eingeladen worden, sagt Maximilian Soos von Dekanut.

Zu Beginn der Veranstaltung stellen sich die Politiker vor. SPD-Kandidat Rüger weist gleich im ersten Satz darauf hin, dass "zwei der Direktkandidaten wieder nicht da sind". Sein Sitznachbar Schmidt (FDP) nickt zustimmend. Nach diesem kleinen Seitenhieb geht es weiter mit einer Kurzfragerunde.

Die Kandidaten sollen entweder mit Ja antworten, indem sie einen grünen Zettel hochhalten, oder mit einem roten Zettel für Nein. Quentin Wolf fällt bei einigen Fragen auf. Mit 22 Jahren ist er der jüngste Politiker der Runde, sein rotes Nein hebt sich mehrfach unübersehbar von den grünen Ja-Stimmen der anderen ab. Über einen QR-Code können die Besucher über die nächsten Themen und deren Reihenfolge abstimmen. Auf einen langen Block zu "Klima und Verkehr" folgt eine ebenso lange Diskussion zum Thema "Europa und Migration", bei der SPD-Kandidat Rüger ein Loblied auf Macron und seine Vision von Europa singt. "Der ist übrigens ein Liberaler", wirft FDP-Mann Schmidt ein. Rüger kontert: "Ich bin auch ein Liberaler. Aber trotzdem nicht in der FDP!"

Wenn sich die Kandidaten spielerisch die Bälle zuspielen, ähnelt die Stimmung fast einer Comedy-Show. Das Publikum jedenfalls hat seinen Spaß. So auch beim dritten Block "Mieten und Wohnen". Die Linke sei die einzige Partei, die keine Spenden von Konzernen und Lobbyisten annehme, sagt Burz. Das will ÖDP-Kandidat Rouault nicht auf sich sitzen lassen: Er springt auf und fuchtelt wild mit den Armen. Burz räumt ein: "Ach, ihr auch? Okay, dann sind wir eben die einzigen im Bundestag."

Gegen Ende der Veranstaltung geht es um Digitalisierung. Quentin Wolf meint: "Andreas Scheuer macht da sehr viel Geld locker." Gelächter. Schmidt tritt noch einmal nach: "Die digitale Infrastruktur in Deutschland ist wirklich peinlich." Das zeigt auch die Grafik auf der Leinwand hinter den Kandidaten deutlich.

Catharina ist begeistert, dass sich die Kandidaten so viel Zeit für die Jugend genommen haben. Für die 23-Jährige ist es die zweite Bundestagswahl. Die Kurz-Fragerunden hätten ihr geholfen, einen Überblick über die Positionen der Parteien zu bekommen. Besonders von der ÖDP sei sie "sehr positiv überrascht" gewesen. Und sie ist offenbar nicht die Einzige. Ganz zum Schluss dürfen die Zuhörer abstimmen, wen sie bei der Bundestagswahl wählen würden: Die ÖDP landet auf dem zweiten Platz vor den Grünen, die SPD bekommt die meisten Stimmen. Ob das an Korbinian Rüger oder den Positionen der Partei liegt, bleibt offen.

© SZ vom 08.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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