Bürgerhaus-Jubiläum:Da staunt die zuagroaste Barbie

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Mit Geld geht alles: Hausmeister (Michael Hahn) übergibt Kulturchefin (Milana Kosjer) das Startkapital. (Foto: Florian Peljak)

Mit einem skurrilen Blick hinter die Kulissen des Unterföhringer Bürgerhauses wird der zehnte Geburtstag des Kulturzentrums gefeiert.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Ja, wo gibt's denn so was? In Unterföhring halt. Da stellen sich die Leute in aller Herrgottsfrüh zusammen mit hundert anderen Freiwilligen stundenlang in eine Schlange vor dem Bürgerhaus, um eine der begehrten Eintrittskarten für den Auftritt "der Gruberin" im großen Saal zu ergattern. Solche Tickets sind ja schnell weg, und wenn's sein muss, dann kann um das wertvolle Billett schon einmal geboxt werden.

Zum Beispiel, wenn eine "zuagroaste Barbie" der alteingesessenen Unterföhringerin den kostbaren Schatz streitbar machen will. Da braucht sich keiner zu wundern, dass die Jüngere dann wie eine Mumie im Rollstuhl hockt - und es für sie eben nichts wird mit einem schönen Abend bei der Gruberin.

Ein Ensemble aus acht Leuten wird auf der Bühne stehen

Diese Szene stammt aus der Episode "Des ewige Gschiss mit der Gruberin-Kart'n" und beschließt den valentinesken Reigen, mit dem das zehnjährige Bestehen des örtlichen Bürgerhauses gefeiert wird. Unter der Leitung von Regisseurin Anschi Prott bindet die Bürgerbühne, ein Ensemble von acht Laienschauspielern aus Unterföhring, dem Kulturtempel eine schräge Girlande zum Geburtstag. Uraufführung ist an diesem Samstagabend.

Anschi Prott und ihre Schauspieler schauen dabei hinter die Kulissen des Bürgerhauses und gleich noch ins Schlafzimmer von auswärtigen Unterföhring-Fans, deren Bettwäsche ein überdimensioniertes Wappen ziert. Sie stellen auf skurrile Weise den seinerzeitig ersten Tag von Kulturamtschefin Barbara Schulte-Rief an neuer Wirkungsstätte nach, inklusive kratzbürstigem Hausmeister und geschäftigem Bürgermeister.

Auf der Bühne stehen acht Männer und Frauen im Alter von 18 bis 66 Jahren, allesamt keine Profis, aber mit großer Lust am Spiel. Manche wie Tobias Volner gehören schon zum festen Stamm der Bürgerbühne, andere wie Milana Kosjer schnuppern zum ersten Mal Theaterluft. Ihnen allen gemein ist die Courage, den Szenen in "Ja, wo gibt's denn so was?" Leben einzuhauchen, die Zuschauer zu unterhalten und dabei auf sehr charmante Weise für die Bürgerbühne zu werben.

Ursprünglich hätte die kulturelle Geburtstagstorte fürs Bürgerhaus viel größer ausfallen sollen. Doch coronabedingt musste die geplante Inszenierung mit noch viel mehr Unterföhringern im Ensemble im vergangenen März gestoppt werden. Weil es so ganz ohne Glückwunsch-Theater aber auch nichts gewesen wäre im Jubiläumsjahr, haben die Unterföhringer sich auf die Suche nach einem geeigneten Ersatzstück gemacht. Und etwas gefunden: Anschi Prott hat die Texte von Philip Arp bearbeitet und mit Lokalkolorit gewürzt, ihre Darsteller haben sie seit Juni gelernt und erspielt. Das Bissige im Banalen und das Kuriose im Komischen, das an diesem Samstag und Sonntag sowie am 30. und 31. Oktober im Bürgerhaus gezeigt werden, bringt zum Lachen und Nachdenken, hilft bestens beim Zeitvertreib in diesen so anstrengenden Corona-Wochen.

Keine Sorge, es wird nicht gebusselt

Das vermaledeite Virus allerdings stellte und stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. So musste Prott zahlreichen interessierten Schauspielern absagen, den Musikern der örtlichen Blaskapelle ebenfalls. Das Ensemble schnurrte zusammen, auf die Schnelle brauchte es neue Requisiten und Kostüme. Und natürlich standen auch die Proben und die Episoden selbst unter dem Einfluss der Hygienemaßnahmen.

Keine Sorge, es wird nicht gebusselt oder geherzt, die Abstände werden eingehalten, auf der Bühne - sogar in der Wappen-Bettwäsche - und natürlich im Saal des Bürgerhauses. Die Premiere an diesem Samstag, 24. Oktober, ist mit maximal unter Corona-Auflagen zugelassenen 94 Plätzen ausverkauft. Für die Vorstellungen am Sonntag, 25. Oktober, um 14 und 20 Uhr gibt es noch Karten, ebenso für nächstes Wochenende.

Weil aber niemand aktuell sagen kann, wie sich das Infektionsgeschehen weiter entwickeln wird, sorgt das Unterföhringer Kulturamt schon einmal vor. Die Generalprobe von "Ja, wo gibt's denn so was?" ist am Freitagabend auf Video gebannt worden und soll nach den Worten der echten Kulturamtsleiterin Barbara Schulte-Rief schon bald auf der Homepage des Bürgerhauses abzurufen sein. Dann können Neugierige, die keine Karten mehr bekommen, vom Sofa aus verfolgen, wie sich Schulte-Riefs Double im Theaterstück (Milana Kosjer) bei ihrer ganz persönlichen Premiere im fiktiven Kulturamt geschlagen hat.

© SZ vom 24.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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