Brutale Attacke:Rätselhafter Mordversuch

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Per Autostopp nach Trudering: Eine 20-jährige Tramperin sticht auf den Fahrer ein - das Motiv ist auch fünf Wochen danach unklar.

Susi Wimmer

Ja, sie sei per Autostopp nach Trudering gefahren, ja, sie habe sich im Auto mit dem 34-jährigen Fahrer unterhalten und ja, sie habe mit ihrem Taschenmesser auf ihn eingestochen. Das sagt die 20-jährige Christina S. in ihren Vernehmungen bei der Mordkommission. Warum die Auszubildende in der Nacht auf den 7. September dem 34-Jährigen lebensgefährliche Verletzungen an Schulter und Hals zugefügt hat, ist für die Polizei schlichtweg ein Rätsel.

Mit Videobildern vom U-Bahnhof, auf dem der mutmaßliche Täter mit dem unbekannten Freund zu sehen ist, sucht die Polizei nach Zeugen. (Foto: Polizei)

Auf die Frage nach dem Motiv schweigt die junge Frau beharrlich. Deshalb sucht die Polizei per Fotos und Video (www.polizei.bayern.de/muenchen, Pressebericht 15. Oktober) nach einem jungen Mann, der die mutmaßliche Täterin wenige Stunden vor dem Angriff begleitet hatte.

Der 34-jährige Fahrer, der in jener Nacht die Anhalterin einsteigen hatte lassen, befand sich kurzzeitig in Lebensgefahr, konnte aber von den Ärzten gerettet werden. Die Angaben, die der Arbeiter aus München über die Tatnacht bei der Polizei machte, deckten sich in großen Teilen mit den Aussagen der 20-Jährigen: Die Frau stand gegen 2.30 Uhr an der Silberhornstraße in Giesing und wollte heimtrampen. Der 34-Jährige hielt an, fragte die Auszubildende nach dem Fahrtziel - und da er ebenfalls im Osten von München wohnte, nahm er sie mit. Auf der Fahrt unterhielten sie sich "ganz normal", so die Polizei.

In Trudering angekommen, lotste die Frau den Münchner durch Seitenstraßen zur Hochkönigstraße. Allerdings wohnt die 20-Jährige nicht dort, sondern ein paar Straßen weiter. Hier solle er anhalten, sagte sie. Dann blieben sie im Wagen sitzen und unterhielten sich, etwa 30 Minuten.

Gegen 3.35 Uhr öffnete einer von ihnen eine Wasserflasche, der Deckel fiel in den Fußraum. Der 34-Jährige beugte sich nach unten. In diesem Augenblick zog die 20-Jährige ihr Schweizer Taschenmesser und rammte es dem Mann in Hals und Rücken. Das Opfer bemerkte die Stiche zunächst nicht, dachte an "einen Schlag", dann erst realisierte er das Blut am Hals. Er wehrte weitere Angriffe ab, sie ließ das Messer fallen und flüchtete aus dem Auto. Der Münchner konnte noch per Handy die Polizei verständigen. Wenig später wurde die mutmaßliche Täterin in einer Parkanlage festgenommen.

Das Motiv für den versuchten Mord ist laut Polizei unklar. Die Frau stamme aus "normalen" Verhältnissen, mache keinen geistig verwirrten Eindruck. Sie habe Alkohol getrunken, hieß es seitens der Polizei. Zu Promillewerten oder möglicher Drogeneinnahme schweigen die Ermittler. Dafür greifen sie zu ungewöhnlichen Mitteln: Sie zeigen ein Video vom U-Bahnhof, auf dem die mutmaßliche Täterin mit dem unbekannten Freund zu sehen ist.

Christina S. war an dem Dienstagabend mit einer Freundin und einem Bekannten auf Kneipentour in Schwabing, gemeinsam fuhren sie mit der U-Bahn zum Sendlinger Tor. Dort traf die 20-Jährige um 1.13 Uhr den Unbekannten. Mit ihm fuhr sie weiter zur Haltestelle Silberhornstraße. Dort verließen sie um 1.25 Uhr umschlungen die U-Bahn und nahmen den Aufzug an die Oberfläche.

Die Polizei will wissen, wo sich Christina S. in der Zeit von 1.25 bis 2.30 Uhr in Giesing aufhielt, in welchem Gemütszustand sie sich befand. Der Unbekannte, der als Zeuge gesucht wird, ist 20 bis 27 Jahre alt, 1,75 bis 1,90 Meter groß, hat dunkles, längeres Haar und vermutlich asiatische Gesichtszüge.

© SZ vom 16.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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