Bomben-Entschärfung in Pullach:Entwarnung

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Sprengmeister Roger Flakowski verkündet am Sonntag um 10.45 Uhr: Die in der Dr.-Gustav-Adolph-Straße in Pullach gefundene Weltkriegs-Bombe ist entschärft. Im Umkreis von 300 Metern waren Gebäude evakuiert worden.

Von Claudia Wessel, Pullach

"Oh, das ging aber schnell", sagt Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund in ihr Handy. "Gratulation! Dann können wir die Maschinerie in Gang setzen."

Es ist 10.45 Uhr am Sonntagvormittag. Die Bürgermeisterin will gerade vom Pressezelt auf dem Parkplatz der Firma Linde zurück zur Einsatzleitung im Bauhof gehen. Erst um 10.27 Uhr hat sie in ihrer Funktion als Gesamteinsatzleiterin Sprengmeister Roger Flakowski das Okay für die Entschärfung der 450 Meter entfernt liegenden 250 Kilogramm US-Fliegerbombe gegeben, und nun haben er und seine beiden Mitarbeiter Michael Filips und Janin Strobl es bereits geschafft.

"Lassen wir ihm noch eine kurze Pause", sagt Tausendfreund. Dann dürfen wir zum Ort des Geschehens vordringen.

Flakowski sieht völlig cool aus, wie er da steht in seiner blauen Arbeitsjacke mit dem Aufdruck "Tauber", der Firma, für die er und seine beiden Kollegen arbeiten. Wenn hier jemand gezittert hat, dann waren das auch wohl eher diejenigen, die in der vergangenen halben Stunde nicht in dem Erdloch gesessen haben, das von vier Seiten von jeweils drei aufeinander gestapelten See-Containern umstellt ist. Sämtliche Gebäude im Umkreis von 300 Metern sind für die Entschärfung evakuiert worden. Auch Pförtner mussten weichen und andere Arbeitnehmer in den 150 in diesem Umkreis befindlichen Firmen, dazu die etwa 50 Privatpersonen, die dort wohnen. Noch am Morgen wurde erneut kontrolliert, ob auch niemand mehr da war. Die Verantwortlichen der Firmen, die Feuerwehr und die Polizei teilten sich diese Aufgabe. Außerdem wurde der Luftraum gesperrt, die S-Bahn fuhr durch die Haltestelle Höllriegelskreuth durch, wo die Bombe in der Dr.-Gustav-Adolph-Straße 2 lag.

Eine Containerburg zur Sicherheit

Auch die Wand aus Containern war eine der Sicherheitsmaßnahmen. Sie "hätte den Splitterflug reduziert", sagt Flakowski. "Wir befinden uns hier ja zwischen hochexplosiven Anlagen." Er deutet auf eines der Gebäude, die zur Firma Linde gehören: "Gas", sagt er. Es muss ein seltsames Gefühl gewesen sein für die drei Entschärfer, durch den schmalen Spalt, den die Containerburg offen ließ, hinunter zur Bombe zu klettern. Wie sie dann vorgegangen sind, erklärt Flakowski anhand des Zünders, den er jetzt in der Hand hält: Zuerst habe man den Zünder mit Hilfe einer Flüssigkeit vom Rost befreit. Da der Druckteller bereits abgefallen war, habe man die Anhaftungen dran gelassen, um nicht versehentlich die Zündnadel zu berühren. Dann galt es, langsam und konzentriert das Gewinde herauszudrehen. "Sprühen, drehen, sprühen, drehen", sagt Janine Strobl. "Wenn die Flüssigkeit ein bisschen blubbert, sieht man, dass sie ins Gewinde eindringt."

Da diese Bombe "einen Bauchklatscher gemacht hat", so Flakowski, "war das Gewinde gestaucht", was das Abdrehen nicht einfacher machte. Wann genau war der Moment, in dem die drei aufatmen konnten? "Als der Zünder ganz raus war." Selbst wenn es gut laufe, erst dann könne man sicher sein. War diese Entschärfung eher eine einfache? "Einfach ist es nie", sagt Flakowski. "Aber es lief alles", sagt der Sprengmeister, der diese Tätigkeit schon seit 15 Jahren ausübt.

Nein, sie habe gar nicht gezittert, sagt Susanna Tausendfreund angesichts der nunmehr harmlosen Bombe. "Ich habe es nicht anders erwartet, bei der Kompetenz", erklärt sie. "Echt verblüfft" sei sie aber angesichts der Schnelligkeit gewesen. Und "hochzufrieden" angesichts der perfekten Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Flüchtlingsfamilien weichen ins Sportheim aus

Schon um 11 Uhr können dann auch die drei syrischen Flüchtlingsfamilien, die als einzige das für Menschen aus der Gefahrenzone zur Verfügung stehende Sportheim in der Gistlstraße genutzt haben, wieder in ihr Haus zurückkehren. Sie seien um 6 Uhr aufgestanden, erzählt das Mädchen Sadaf. Schon um 7 Uhr seien sie ins Sportheim aufgebrochen, Monika und Kurt Stiegler vom Helferkreis haben nochmals in dem Haus nachgesehen, ob alle weg waren, und sind jetzt auch im Sportheim. Hier gibt es von der Gemeinde Käsesemmeln und Getränke.

"Die Bombe in unserer Straße hat uns ganz schön erschreckt", sagt Sadaf. "Ich habe mich gefragt, wer sie gelegt hat." Aber dann habe man ja erklärt bekommen, dass es eine alte Bombe sei. Und deren Gefahr konnte zum Glück gebannt werden, anders als im Krieg.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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