Beginn der Wintersportsaison:Auf der Kante

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Skifahren am Stubaier Gletscher. (Foto: dpa-tmn)

Die Skiklubs aus dem Landkreis haben mit allerlei Problemen zu kämpfen, wie dem Schneemangel. Dennoch ist die Begeisterung beinahe ungebrochen.

Von Iris Hilberth

Und wann da Schnee staubt, und wann die Sunn' scheint..." So langsam stimmen sich die Skifahrer auf die Saison ein, die ersten Wintersportgebiete werfen ihre Liftanlagen an diesem Wochenende an. Präpariert ist vor allem der Kunstschnee, denn der echte Winter lässt noch auf sich warten - wie oft im Dezember. Die so häufig beim Après Ski gegrölten Zeilen des österreichischen Barden Wolfgang Ambros könnten auch in dieser Saison eher auf die Zeit nach Weihnachten zutreffen. "Eigentlich ist es verrückt, jetzt schon zum Skifahren zu gehen, obwohl kein Schnee liegt", gibt selbst Helmut Kopf, Leiter der Skirenngruppe des TSV Unterhaching zu, "man sollte eigentlich erst im Januar anfangen, die schönsten Skitage sind im April", findet er.

Warten auf den Winter: So kann er am Brauneck ausschauen. (Foto: Manfred Neubauer)

Dass seine Mannschaft und die anderen Teams aus dem Landkreis schon seit Oktober den Schnee zum Trainieren brauchen und deshalb fast jedes Wochenende hinauf auf die Gletscher fahren, liegt an den Wettkampfplänen. Die Skisportler aus Unter- und Oberhaching, aus Kirchheim und Siegertsbrunn haben sich seit Herbst intensiv auf die Saison vorbereitet, jetzt stehen die ersten Rennen bevor.

Marvin, Nachwuchsrennläufer beim TSV Oberhaching, hat die Musik für das Training im Kraftraum aufgedreht. Aber von wegen "Schifoan is' des Leiwandste" und so. Vor dem Erfolg und Spaß am Hang steht die mühsame Vorbereitung auf der Gymnastikmatte und manchmal auch der Muskelkater. Entsprechend tönt der Rapper Kontra K aus dem Lautsprecher, während die Schüler und ihre beiden Trainer den Zirkel das zweite Mal durchlaufen: "Erfolg ist kein Glück, sondern nur das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen" oder: "Es gibt immer einen, der noch härter trainiert." Krafttraining muss sein, Koordinationsübungen in der Turnhalle und auf dem Sportplatz sowie Laufeinheiten gehören dazu, wenn man im Winter fit sein will. Die Unterhachinger trainieren daher im Sommer auf ihrem Rodelberg, ohne Ski natürlich, aber mit Stöcken und einem gesteckten Parcours auf der Wiese.

Im Herbst zieht es die Vereine auf die Gletscher

Skifahren ist trotz Gletscherskigebieten nunmal ein Wintersport, und die Vereine müssen schauen, wie sie über den Sommer kommen. Die Oberhachinger und die Athleten des Race-Teams Wiedeck aus Siegertsbrunn machen sich mitunter schon mal auf den Weg nach Holland, wo es eine Skihalle gibt. Der Kirchheimer SC setzt auf Wandern, Bergsteigen und Mountainbiken, erst im Oktober geht es dann auf den Stubaier Gletscher. "In den Herbstferien sind dort noch kaum Touristen", sagt Teamleiter Manfred Kaplan, "dafür sehr viele Skiclubs und verschiedene Nationalmannschaften." Stefan Wiedeck berichtet von 200 Teams auf dem Hintertuxer Gletscher Anfang November. Wer also eine Trainingsstrecke braucht, muss früh dran sein, bereits um sieben werden die Plätze an den Hängen vergeben.

Der Kirchheimer Trainer Marco Beerenfeld bespricht mit Martina Kaplan die Technik. (Foto: Privat)

Als Alternative konnten die Skifahrer schon im Oktober in Kitzbühel und an der Resterhöhe bei Kirchberg auf Schnee von gestern die ersten Schwünge der Saison machen. Dort hatte man ein Depot angelegt, um dann auf der grünen Wiese eine Piste zu schaffen. So richtig toll soll das aber nicht gewesen sein, denn der Herbst war recht warm. "Da ist viel Schnee weggeflossen", sagt Wiedeck, "wir müssen immer noch auf den Gletscher".

Das bedeutet am Wochenende früh aufstehen. Der Skibus in Kirchheim startet um halb sechs, die Unterhachinger fahren sogar schon um fünf los in Richtung Berge. Auch um dem Stau zuvor zu kommen. Beklagt habe sich darüber noch keiner, sagen alle. "Es gibt bei uns einen guten Zusammenhalt, die Mädels haben manchmal abends noch Kuchen gebacken und verteilen den dann. Man kann ja auch im Bus noch schlafen", sagt Kaplan. Von der Gemeinschaft spricht auch sein Unterhachinger Kollege Kopf. Und er sagt auch: "Klar muss man früh aufstehen. Aber diese bittere Pille muss man halt schlucken." Die Begeisterung für den Skisport überwiege aber bei allen, die sich dafür entschieden hätten. "Wenn man in der freien Natur im Gebirge ist, den Berg hinunterschaut, dann geht einem das Herz auf", schwärmt er. Diese Begeisterung müssten allerdings auch die Eltern mitbringen, "ohne die geht es nicht".

Es wird viel Wert auf Gemeinschaft gelegt

Daher sind in Unterhaching und auch in anderen Vereinen stets die Familien mit in den Sport ihrer Kinder eingebunden. "Wir legen sehr viel Wert auf Gemeinschaft", sagt auch Hans Binder, Bergsport-Abteilungsleiter beim Kirchheimer SC. Schließlich müssen nicht nur die Trainingslager und Gletscher-Wochenenden organisiert werden. Wenn der Schnee erst einmal die unteren Lagen erreicht hat, trainieren die Vereine aus dem Landkreis auch unter der Woche am Tegernsee. Am Sonnbichl-Hang bei Bad Wiessee gibt es Flutlicht, da kann auch am späten Nachmittag und Abend noch die rasante Fahrt um die Stangen trainiert werden. Dann stehen natürlich noch die Wettbewerbe im Kalender. Nicht alle Athleten nehmen an den Punkterennen des Deutschen Skiverbands teil. Die Vereine im Landkreis veranstalten auch ihren eigenen Cup, der aus vier Rennen besteht.

Im Kraftraum macht sich die Oberhachinger Renngruppe fit für die Saison. (Foto: Angelika Bardehle)

Skirennläufer im Landkreis München zu sein, bedeutet vor allem auch, den ganzen Winter über lange Bus- und Autofahrten auf sich zu nehmen. Den Hausberg, auf dem man nach der Schule mal eben die Ski unterschnallt, gibt es hier eben nicht. "Aber bei den Vereinen, die näher an den Bergen wohnen, ist das auch nicht mehr so", hat Lukas Merten, einer der Trainer des Oberhachinger Teams, festgestellt, "dort ist der Schnee weniger geworden, die müssen inzwischen auch fahren." Aber man dürfe die Skifahrer dennoch nicht aus Umweltschutzgründen wegen der vielen Fahrten in die Berge verteufeln, findet der Kirchheimer Abteilungsleiter Binder. Dann dürfe man auch nicht in den Urlaub fahren, sagt er.

Es können heutzutage mehr Kinder als früher nicht Skifahren

Umweltgründe werden häufig angeführt, wenn die Vereine der Frage nachgehen, warum heutzutage weniger Kinder von klein auf das Skifahren lernen als früher. Dass das definitiv so ist, bestätigten auch die Schulen, sagt der Oberhachinger Merten. Wenn in der siebten Klasse die Fahrt ins Skilager ansteht, gibt es mehr Anmeldungen für die Anfängerkurse als noch vor ein paar Jahren. Auch Christine Franzlik, Sportlehrerin am Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching, hat diesen Trend beobachtet. Merten führt dies auch auf die vielen Zugezogenen zurück.

Dass Skifahren vielen schlichtweg zu teuer ist, bestätigen alle Vereinsvertreter. Für einen Ganztagespass auf dem Hintertuxer Gletscher ist man 53 Euro los. Hinzu kommen Ausrüstung und die Fahrt. Die Vereine versuchen mit Skibasaren und Vereinsbussen die Kosten zu dämpfen. Um die Attraktivität des Vereinssports zu fördern, bietet Unterhaching seinen Jugendlichen die Möglichkeit, die Skilehrerausbildung zu machen. Teamleiter Kopf sagt aber auch: "Für die Renngruppe müssen die Kinder aus einem gewissen Holz geschnitzt sein." Sie müssten Selbständigkeit sowie Mut mitbringen, "Talent und Fleiß", führt der Kirchheimer Kaplan noch an. Vor allem aber Leidenschaft für diesen Sport. Abteilungsleiter Binder findet:"Skifahren ist ein so tolles Erlebnis."

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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