Oft reicht die Rente nicht, um die Miete zu bezahlen. Zusätzlich sind die wenigsten Wohnungen im Landkreis München seniorengerecht. Häufig wird dann schon ein Rollator zum Problem. Darauf hat das Pestel-Institut aus Hannover hingewiesen. Dessen Leiter spricht von einem "Doppelschock für Mieter", die älter werden: "Genug Geld fürs Wohnen und eine altersgerechte Wohnung - das sind die beiden Punkte, an die jeder Mieter schon frühzeitig denken sollte", sagt Matthias Günther. Um Mieter möglichst effektiv vor einem "Miet-Reinfall" zu schützen, hat sich der Leiter des Pestel-Instituts für die Schaffung des ersten bundesweiten Mieter-Güte-Siegels stark gemacht: Das Fair-Mieter- Label von Pestel bekommen nur Vermieter, die strikte Kriterien einhalten. Allen voran eine - auch im Alter für viele Menschen - noch bezahlbare Miete.
"Für den Landkreis München bedeutet dies konkret, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete fairer Vermieter in Taufkirchen 7,00 Euro und in Garching bei München 8,50 Euro pro Quadratmeter im Monat betragen darf. In allen übrigen Kommunen liegt die Obergrenze bei 9,00 Euro", so Pestel-Chef Günther. Wer als Vermieter darüber liege, habe keine Chance, das Siegel zu bekommen. "Überwiegend sind es öffentliche Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften, die das Label nutzen, um ihren Mietern zu zeigen, dass nicht der Profit, sondern sozial kalkulierte Mieten und ein guter Standard bei der Wohnqualität im Fokus der praktizierten Wohnungswirtschaft stehen", so Matthias Günther.
Ein Aspekt, der bei der Vermieter-Prüfung im Zuge der Label-Vergabe eine Rolle spiele, sei die Zahl der Wohnungen, die keine oder möglichst wenige Barrieren haben. Davon gebe es im Landkreis München maximal 4000, schätzt das Pestel-Institut. Doch nur in rund der Hälfte der Seniorenwohnungen lebten tatsächlich auch ältere Menschen. Altersgerechte Wohnungen ohne Schwellen und mit breiten Türen seien auch für Familien attraktiv: Wo Platz für einen Rollator oder Rollstuhl ist, kommt man auch mit einem Kinderwagen klar. "Barrierearme Wohnungen bieten einen Wohnbonus - ein Luxusmerkmal fürs Wohnen", so der Leiter des Instituts.
Bei den Seniorenwohnungen treffe allerdings ein geringes Angebot auf einen hohen Bedarf: "Aktuell ist für den Landkreis München von rund 11 000 Haushalten auszugehen, in denen Senioren leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind", so Günther. Ältere Menschen also, für die eine mindestens barrierearme Wohnung die Voraussetzung für ein möglichst langes eigenständiges Wohnen sei. Da nur rund 2000 von ihnen heute schon in einer Seniorenwohnung lebten, lasse sich der Bedarf sehr konkret benennen: Aktuell fehlten demnach im Landkreis München rund 9000 Seniorenwohnungen, rechnet Matthias Günther vor.
Dabei werde der Mangel an Wohnungen für Ältere - die "graue Wohnungsnot" - in den kommenden Jahren steigen: Wer in den 60er-Jahren - im BabyboomJahrzehnt - geboren wurde, kommt demnächst ins Rentenalter. Der Jahrgang 1965 wird 2035 das 70. Lebensjahr erreichen. Dann wird es im Landkreis München nach Berechnungen des Pestel-Instituts bereits 13 400 Haushalte geben, in denen Ältere mit eingeschränkter Mobilität leben - ein Plus von 22 Prozent.