Autobahnunterführung:Ein Tunnel für 5,5 Millionen Euro - (fast) nur für Tiere

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Die neue Unterführung unter der Autobahn ist deutlich kleiner als die alte und soll nur Fußgängern und Wildtieren als Verbindung dienen. (Foto: Claus Schunk)
  • In Grasbrunn wird derzeit eine neue Autobahnunterführung gebaut. Kostenpunkt: 5,5 Millionen Euro.
  • Sie soll für Fußgänger offen sein - vor allem aber soll das Wild ungefährdet auf die andere Seite der Straße kommen.
  • Durch die Unterführung würden wohl auch Traktoren und Fahrzeuge der Feuerwehr passen. Doch für sie ist die Durchfahrt nicht zugelassen.

Von Stefan Galler, Grasbrunn

Mittlerweile hat sich auch Peter Paul Gantzer eingeschaltet. Der SPD-Landtagsabgeordnete will von der Staatsregierung wissen, ob es tatsächlich sein kann, dass die Autobahndirektion Südbayern an der A 99 auf Höhe von Grasbrunn für 5,5 Millionen Euro eine Unterführung baut, die nur von Fußgängern und Wildtieren genutzt werden darf. In seiner Anfrage, die an Landtagspräsidentin Barbara Stamm adressiert ist, fragt Gantzer: "Weswegen kann Landwirten und der Freiwilligen Feuerwehr nicht eine Ausnahmegenehmigung dahin gehend erteilt werden, dass zu landwirtschaftlichen Zwecken wie zu Einsatzfahrten die Unterquerung genutzt werden darf?"

Gantzer spricht mit seiner Argumentation dem Grasbrunner Gemeinderat Hannes Bußjäger (Freie Wähler) aus der Seele: "Ich kann nicht nachvollziehen, wieso ein Fußgänger ein Tier weniger stören soll als ein Auto. Jedes Reh läuft vor Spaziergängern davon, außer vielleicht im Tierpark", so Bußjäger, der auch Kommandant der Grasbrunner Feuerwehr und Landwirt ist, sich also gleich aus mehrerlei Gründen gegen eine Sperre der Unterführung für den Autoverkehr ausspricht.

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Es könne nicht angehen, dass etwa die Feuerwehr vier Kilometer Umweg in Kauf nehmen müsse: "Das können jene Minuten sein, die beim Kampf um Menschenleben entscheidend sind", sagt Bußjäger, dem auch der Preis für die zehn Meter breite und fünf Meter hohe Unterführung sauer aufstößt: "5,5 Millionen für eine Tierquerung - das ist ein Fall für den Bund der Steuerzahler."

Auch für die Landwirte sei der frühere, größere Durchstich von großem Wert gewesen, ergänzt Bußjäger: "So konnte man problemlos auf dem Weg zum Wald die Autobahn passieren, ohne die Maschine mit einem Tieflader über öffentliche Straßen transportieren zu müssen."

Bei der Baumaßnahme geht es um jene Unterführung, die man vom Grasbrunner Sportgelände aus sehen kann; geht man etwa 300 Meter den Wald entlang in Richtung A 99, kommt man an die Baustelle: Dort türmt sich abgetragener Asphalt und Geröll. Dabei handelt es sich um die Reste der Brücke, die bis zum Frühjahr 2016 an dieser Stelle stand. Diese war Ende der Sechzigerjahre erbaut worden, um von der A 99 auf die damals geplante A 87 abzubiegen, die als zusätzliche Strecke zur Entlastung der A 8 von München nach Rosenheim führen sollte.

"Dort war ein großes Autobahnkreuz vorgesehen", sagt Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion Südbayern. "Aber als man sich entschieden hatte, die A 87 nicht weiter zu verfolgen, war die Brücke sinnlos." Im Laufe der Jahre sei der bauliche Zustand immer schlechter geworden, so Seebacher. "Man wollte sie aber nicht ersatzlos abreißen, sondern entschied sich für die kleinere Unterführung, weil sich die Brücke im Laufe der Jahre als wertvolle Tierquerung etabliert hatte."

Im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens sei das jetzige Konzept entwickelt worden. Experten hätten beispielsweise perfekte Leitstrukturen für Fledermäuse geschaffen, die sich per Echoortung orientieren. "So etwas kann nicht funktionieren, wenn da ständig Lastautos durchfahren", sagt der Sprecher der Autobahndirektion. "Schon die alte Unterführung war nicht für den Autoverkehr vorgesehen und wurde nur inoffiziell genutzt, die neue ist es ebenfalls nicht, so hat das die Regierung von Oberbayern klargestellt", sagt Seebacher. Bis Ende des Jahres sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen sein.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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