Aschheim:Alles andere als gechillt

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Für die einen ein verführerischer Anblick, der zum Chillen einlädt, für die anderen gesundheitsgefährdende Einstiegsdroge: Weed-Döschen und Filtermaterial. (Foto: Catherina Hess)

Auf der Bürgerversammlung zeigen sich etliche um ihre Kinder bangenden Mütter darüber besorgt, dass sich in der Gemeinde ein Cannabis-Club ansiedelt. Sie fürchten gar eine offene Drogenszene. Polizei und Bürgermeister beruhigen.

Von Anna-Maria Salmen, Aschheim

Wer an Aschheim denkt, hat vielleicht den dörflich geprägten Ortskern vor Augen, die landwirtschaftlichen Felder, die die Gemeinde umgeben. Der ein oder andere mag möglicherweise noch den Wirecard-Skandal mit der Gemeinde in Verbindung bringen. Eine offene Drogenszene gehört dagegen für gewöhnlich nicht zu den Assoziationen, die einem beim Namen Aschheim in den Sinn kommen.

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Doch genau das befürchten nun einige Mütter, wie am Freitagabend in der Bürgerversammlung deutlich wurde. "Wir Eltern machen uns Sorgen um unsere Kinder", sagte eine Mutter. Hintergrund der Ängste ist ein Cannabis-Anbauverein, der sich gerade in Aschheim ansiedelt. Wie es auf der Internetseite dieses "Chillout-Clubs" heißt, handelt es sich dabei um den ersten seiner Art im Münchner Raum. In diesen Cannabis-Clubs sollen Vereinsmitglieder künftig die Hanfpflanze gemeinsam anbauen und Cannabis gegenseitig abgeben dürfen - das sieht der Gesetzesentwurf zur Legalisierung vor.

Der "Chillout-Club" wurde nach Angaben auf der Internetseite am 20. September gegründet und hat seit dem 1. November die Räumlichkeiten eines ehemaligen Supermarkts an der Aschheimer Saturnstraße angemietet. In den kommenden Wochen soll umgebaut werden, damit der Anbau beginnen kann, sobald das Gesetz es zulässt - die nach wie vor umstrittene Cannabis-Legalisierung wird freilich nicht, wie von der Ampel geplant, zum Jahreswechsel erfolgen, sondern sich verzögern.

Gleichwohl: Dass ausgerechnet in Aschheim Drogen angebaut werden sollen, beunruhigt manche im Ort. "Ich fühle mich nicht mehr sicher", sagte eine Mutter bei der Bürgerversammlung. Sie habe Angst um ihre Kinder, wenn diese alleine zur Schule oder zu Freunden gingen: "Was für Kundschaft wird dann hier unterwegs sein?" Vom Zweitem Bürgermeister Robert Ertl (FW), der die Versammlung anstelle des erkrankten Rathauschefs Thomas Glashauser (CSU) leitete, wollte sie wissen, was man gegen den Cannabis-Club tun könne. "Die Gemeinde kann da nichts machen", so Ertl. Der Club sei schließlich nicht illegal, wenn die Legalisierung komme. "Es ist auch kein Junkie-Verein. Die verticken hier keine Drogen."

Zumindest nicht an jeden, wie ein Blick auf die Website zeigt: Cannabis bekommt demnach nur, wer Mitglied im Verein ist und den monatlichen Beitrag von 150 Euro zahlt. Nur Personen über 25 Jahren dürfen sich anmelden, die Aufnahme ist begrenzt auf 500 Mitglieder. Diese sollen sich jeden Monat bis zu 50 Gramm Cannabisblüten an der Saturnstraße abholen können. Betreten dürfe die Räume niemand außer den Clubmitgliedern.

Stefan Roß, Chef der Polizeiinspektion in Haar, versuchte die besorgten Mütter zu beruhigen: "Es gibt keine Anhaltspunkte, dass man sich um seine Kinder Sorgen machen sollte." Cannabiskonsumenten hätten keinen Anlass, Kindern etwas anzutun. "Die wollen einfach chillen." Aus seiner Sicht liegt das Augenmerk auf dem Straßenverkehr. Man werde beobachten, ob es vermehrt zu Drogenfahrten komme.

Eine Anwesende hält die Panik für unbegründet und fragt, ob Alkohol denn keine Droge sei

Eine andere Bürgerin ließ sich davon nicht beschwichtigen. Sie befürchte, dass die Mitglieder des Clubs ihr Cannabis an Minderjährige weitergeben könnten. Das löste Unverständnis bei einer weiteren Mutter aus. Ob Alkohol denn keine Droge sei, fragte sie. Was sei bei Cannabis anders? Sie selbst konsumiere beides nicht, hält die Panik für unbegründet. "Wenn sie es wollen, kommen Kinder eher über Gleichaltrige an Drogen als über einen Cannabis-Club."

Doch die Sorge riss den Abend über nicht ab. Auch nachdem Bürger längst andere Fragen gestellt hatten, etwa zur Geothermie oder zu lauten Lkws, bat eine Aschheimerin noch einmal eindringlich, gut auf den neuen Verein zu schauen. "Für meinen Sohn und andere Jugendliche: Nehmen sie sich unsere Sorgen zu Herzen." Wenn es schon keine Handhabe für ein Verbot gebe, solle man das Gelände doch wenigstens einzäunen und stark kontrollieren. Ertl entgegnete: "Wir werden das schon im Auge haben und schauen, dass da kein Schindluder getrieben wird."

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