Ärger mit Saatkrähen:Vögel sind auf dem Friedhof gut aufgehoben

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Die Gemeinde Unterhaching will die geschützten, aber ungeliebten Tiere aus den Wohngebieten vertreiben - nicht dorthin. Auch Unterschleißheim raten Experten von einer Vergrämung ab.

Von Iris Hilberth und Klaus Bachhuber, Unterhaching

Häufen sich im Rathaus die Beschwerden über Saatkrähen, ist man in den Gemeinden oft etwas ratlos, wie man mit dem Thema umgehen soll: Vertreiben oder nicht? Mit dieser Frage tun sich Gemeinderäte schwer. Denn die Vögel stehen unter Schutz. Zugleich will man die Bürger ernst nehmen, denen das Gekrächze und die Verunreinigung durch den Kot der Tiere gewaltig auf die Nerven geht. Unterhaching hat vor einer Entscheidung, ob etwas gegen die Saatkrähen-Kolonien am Friedhof und in verschiedenen Wohngebieten unternommen werden soll, zunächst einen Experten von der Regierung von Oberbayern befragt. Die Stadt Unterschleißheim hat sogar eine Studie zur örtlichen Krähenpopulation erstellen lassen, bevor der Stadtrat über eventuelle Maßnahmen diskutierte.

"Ein Patentrezept gibt es nicht", lautete die für Unterhaching zunächst ernüchternde Aussage von Johannes Schreiber, der in der Regierung für Artenschutz zuständig ist. Da die geschützten Krähe nicht - wie offenbar von manchen Bürger gefordert - abgeschossen werden dürfen, bleibt nur der Antrag auf eine Vergrämungsmaßnahme. Doch davor warnte der Experte eindringlich in der Sitzung des Unterhachinger Gemeinderats. Auf dem Friedhof gebe es eine "stabile Kolonie", das bereite Sicherheit. "Wenn Sie am Standort herumschrauben, dann verteilen sie sich." Das genau will im Gemeinderat aber keiner, denn man muss befürchten, dass die Tiere dann in die Wohngebiete umsiedeln. "Auf dem Friedhof schlafen die Leute tief und fest, aber einen Krähenbaum vor der Wohnung möchte ich keinem zumuten", sagte Grünen-Gemeinderätin Gertraud Schubert. "Wir müssen uns mit den Krähen arrangieren", forderte sie.

"Die Tiere sind extrem intelligent."

Das versucht der Gemeinderat nun mit einem Beschluss, der beiden Seiten Zugeständnisse macht und weit mehr für die Krähen übrig hat als der Vorschlag der Verwaltung. Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) hatte sogar vorgeschlagen, die Saatkrähe für Unterhaching, Taufkirchen und Ottobrunn von der Liste der geschützten Arten nehmen zu lassen. Dann nämlich könnte man sie doch abschießen. Doch dafür erntete er aus dem Gremium viel Kopfschütteln. Der Vorschlag wurde ebenso abgelehnt wie die Vertreibung der Tiere durch den Einsatz von Falken oder eine Beschallung auf dem Friedhof. Vielmehr soll die Gemeinde nun versuchen, durch "gestalterische Maßnahmen" wie den Rückschnitt von Bäumen die Vögel auf dem Friedhof von den stark beeinträchtigen Gräbern in andere Bereiche zu lenken. In den Wohngebieten an Fasanenstraße, Grafstraße, Utzweg und Rodelberg will Unterhaching hingegen solche Vergrämungsmaßnahmen beantragen. Allerdings betonte Schreiber: "Die Tiere sind extrem intelligent. Man braucht einen sehr langen Atem, um Erfolge zu erzielen."

Saatkrähen
:Vögel sollen den Abflug machen

In jüngster Zeit häufen sich die Beschwerden über Saatkrähen. Nach Taufkirchen erwägt nun auch Unterhaching den Einsatz eines Falkners. Doch der könnten die geschützten Tiere auch vom Friedhof ins Wohngebiet treiben.

Von Iris Hilberth

In Unterschleißheim ist laut der von der Stadt in Auftrag gegebenen Studie noch genügend Raum für ein offenbar gedeihliches Miteinander von Mensch und Saatkrähe. Weit mehr als 400 Nester wurden während der Brutperiode im Frühjahr im Stadtgebiet gezählt. Beschwerden über Belästigung durch Lärm und Kot der Tiere gibt es gleichwohl wenige. Und wo sich Anlieger empören, will die Stadt gelassen bleiben und den streng geschützten Krähen wohl zunächst mal einen Umzug nahelegen.

In Unterschließheim bestehen keine Konflikte

Mitten in Lohhof nämlich gibt es einen im Volksmund schon nach den Tieren benannten Krähenwald westlich des Sportparks, der allein 372 der am Ort registrierten Nester beherbergt. Hier hat sich über Jahre eine Kolonie aufgebaut, die aber offenbar niemanden stört. Berichtet wird, dass sich gelegentlich an die 400 Krähen auf den Bäumen am Waldfriedhof sammeln, um dann gemeinsam den Ort in Richtung Norden zum Krähenwald zu überqueren. In belebten Gebieten treten Krähen laut der Studie nur marginal auf, und auf den großen Grünflächen, wo größere Gruppen nach Nahrung suchten, "bestehen keine Konflikte zwischen Nutzern und den Vögeln". Neben vereinzelten Nistplätzen, die nicht eindeutig Saatkrähen zugeordnet werden können, sind weitere relevante Kolonien noch an der Nördlichen Ingolstädter Straße, beim Parkplatz des Bahnhofs Lohhof mit 25 Nestern, im Lohwaldpark an der Südlichen Ingolstädter Straße mit 16 Nestern und am westlichen Rand des Lohwaldparks zur Siegmundstraße hin mit elf Nestern.

Auch die Unterschleißheimer Studie weist darauf hin, dass eine Vertreibung der Tiere das Problem meist nur verlagere. Ideal wäre ein Umzug der Tiere in den Krähenwald, wobei aber auch in diesem Fall die aufgegebenen Standorte wohl bald wieder von neuen Populationen besiedelt würden.

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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