Advent für Anfänger:Kimme, Korn und Kugel

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Weihnachtsschmuck im Visier: Ein Isarau-Schütze zielt auf die Kugeln am Baum. (Foto: privat)

Im Schützenverein Isarau Ismaning beginnt das Fest erst, wenn die Tanne abgeräumt ist. Nach dem Nikolaus-Schießen gibt es dann Punsch und Geschenke.

Von Sophia Coper, Ismaning

Prall und rot glänzt es am Baum, doch zum reinen Vergnügen hängen im Schützenverein Isarau Ismaning die Christbaumkugeln nicht an den Zweigen. Besinnlich wird es hier erst, wenn der Schmuck am Boden liegt, denn im Rahmen der alljährlichen Weihnachtsfeier veranstaltet die Schützenjugend ein Nikolaus-Schießen. Im Visier ist nicht etwa ein älterer Herr im roten Kostüm, sondern kleine Kugeln, die an einer Tanne baumeln.

"Die Tradition gibt es in unserem Schützenverein seit über zehn Jahren", erzählt Schriftführer Stefan Neumayr. Eingeläutet werde der Abend mit dem gemeinsamen Kochen von Kartoffelsuppe und Würstchen, danach begebe sich die Jugend zu den Schießständen. In rund sieben Meter Entfernung - "alle Sicherheitsvorgaben werden penibel eingehalten", betont Neumayr - stehe ein mit Kugeln geschmückter Christbaum. "Auf jeder dieser Kugeln ist eine Nummer abgebildet. Je nachdem welche Zahl getroffen wird, erhält man später ein bestimmtes Geschenk", erklärt der Schriftführer das Prozedere.

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Dass der Baumschmuck skrupellos abgeräumt wird wie bei den Ismaninger Schützen, ist selbstverständlich eher die Ausnahme, in der Regel sollten Christbaumkugeln die ganze Festzeit über unversehrt am Baum hängen bleiben. Seit fast 200 Jahren gelten sie als die Weihnachtsdekoration schlechthin, der genaue Ursprung ist jedoch ungeklärt. Höchstwahrscheinlich geht ihre Entstehung auf Glasbläsereien in dem thüringischen Dorf Lauscha zurück. Einer Legende zufolge fehlte es einem armen Handwerker an dem damals üblichen Baumschmuck — Nüsse und Äpfel — und so bildete er aus Materialresten kleine Glaskugeln nach.

Diese Geschichte ist nicht belegt, gleichwohl ist Lauscha für seine Glasbläserkunst berühmt. Seit 2021 ist die "Herstellung von mundgeblasenen Lauschaer Christbaumschmuck" als immaterielles Kulturerbe im deutschen Verzeichnis der Unesco eingetragen. Die weltweite Verbreitung der Christbaumkugel ist indes wohl auf den Amerikaner Frank Woolworth zurückzuführen. Dieser importierte Ende des 19. Jahrhunderts die Kugeln für sein gleichnamiges Warenhaus und kurbelte so die Produktion an.

Ob rot, grün oder golden — in Ismaning ist man hinsichtlich der Optik nicht wählerisch, bloß die Größe spielt eine Rolle. "Die Kugeln sind eher klein. Sie zu treffen soll machbar, aber nicht geschenkt sein", sagt Stefan Neumayr. Im Laufe des Abends werde gegessen und Pusch getrunken, weiterer Höhepunkt sei der Besuch von Nikolaus und Krampus. "Die beiden berichten in Gedichtform über die Schandtaten und die Erfolge der Jugend im letzten Jahr. Am Ende verteilen sie die Geschenke, die geschossen worden sind", erzählt der Schriftführer. Danach sitze der Schützenverein noch gesellig vor dem schmucklosen Christbaum beisammen. Je leerer die Zweige, desto besser die Stimmung.

In dieser Kolumne erklären bis zum Heiligabend täglich Profis Bräuche und Traditionen der Advents- und Weihnachtszeit.

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