Abfallentsorgung:Auf dem Müllhaufen der Geschichte

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Wer sein Haus entrümpelt, muss im Landkreis seinen Müll überwiegend selbst wegbringen. (Foto: Stephan Rumpf)

Sperrmüllsammlungen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Bemühungen in Taufkirchen, sie wiedereinzuführen, scheitern an der Mehrheit im Gemeinderat. Dabei machen einige Orte damit gute Erfahrung.

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Für den schönen alten Buchenholztisch, den sein Besitzer für den Umzugswagen einen Augenblick lang unbeobachtet auf den Gehsteig gestellt hatte, kam jede Hilfe zu spät: Mitarbeiter eines Entsorgungsunternehmens hatten das gute Stück für Sperrmüll gehalten und kurzerhand in ihren Laster geworfen. Passiert ist das Ganze in Neuss, wo es offenbar noch üblich ist, seinen Sperrmüll an die Straße zu stellen. Im Landkreis München sind die meisten Kommunen spätestens in den Neunzigerjahren dazu übergegangen, nur noch nach Terminvereinbarung ausgedienten Krempel an der Haustür abzuholen. Bei einigen Gemeinden wird man alte Möbel, Matratzen, Teppiche, Türen und Fenster sogar nur noch ausschließlich an den Wertstoffhöfen los. In Taufkirchen wollten nun die Freien Wähler zur guten alten Sperrmüllabholung zurückkehren. Eine Mehrheit für ihren Antrag bekamen sie im Gemeinderat allerdings nicht.

Anton Almer war es bei seiner Idee, den Taufkirchnern doch wieder viermal im Jahr das Sperrmüllauto vorbeizuschicken, insbesondere um die älteren Mitbürger gegangen. Die seien schließlich oftmals nicht in der Lage, die Sachen zum Wertstoffhof zu bringen. Die Verwaltung allerdings winkte gleich ab und erinnerte daran, dass die Abholung vor 20 Jahren ja nicht ohne Grund abgeschafft worden sei. Eine ganze Liste an negativen Auswirkungen kennt man im Rathaus: Immense Mengen an unsortiertem Müll, darunter auch Giftstoffe, Sondermüll und Reifen seien auf die Haufen geworfen worden. Weder die Zeiten noch die Orte hätten die Leute eingehalten, aus anderen Gegenden sei Müll dazu gekommen und dann auch noch von professionellen Firmen durchwühlt worden. Das Ende vom Lied: Die Beschwerden häuften sich und die Kosten stiegen rapide.

"Man muss die Leute eben erziehen."

Almer sieht das als reichlich übertrieben an. Zumal in Gemeinden wie Ottobrunn, Neubiberg und Höhenkirchen, die dem Abfall-Zweckverband München-Südost angehören, acht Mal im Jahr der Sperrmüll kostenlos abgeholt wird. Dort ist Geschäftsführer Georg Wagner auch nach wie vor von dieser Praxis überzeugt und will sie vor allem für ältere Bürger oder Jüngere, die keine Möglichkeit des Transports haben, beibehalten. Papier und Gartenabfälle werden bei den Touren auch gleich eingesammelt. Die Bedenken der Taufkirchner kann er nicht gänzlich vom Tisch wischen, doch hielten sich die Probleme sehr in Grenzen.

"Natürlich gibt es bei uns auch Händler, die durchfahren und die guten Sachen rausziehen", sagt Wagner. Für ihn hat das auch Vorteile: Sonst würde alles auf dem Müll landen. Bei "Trödel und Tratsch" in Ottobrunn, wo gut erhaltene Möbel günstig verkauft werden, bleiben nur die Sachen, die direkt am Wertstoffhof abgegeben werden. Damit sich der Sperrmüll nicht tagelang über den gesamten Gehweg verstreut, seien die Bürger gehalten, ihre Sachen so spät wie möglich rauszustellen. "Man muss die Leute eben erziehen", findet Wagner und meint damit nicht nur Sperrmülltouristen, die mit Polizeistreifen rechnen müssten, wenn sie alles durcheinanderbringen, sondern auch Bürger, die hin und wieder Dinge an den Straßenrand stellten, die im Sperrmüll nichts verloren hätten. "Dann bleibt das alte Klo eben vor der Haustür stehen."

Den meisten Sperrmüll gibt es in Gräfelfing

Um all das ganz zu vermeiden, ist man in Grünwald vor vielen Jahren dazu übergegangen, Sperrmüll nur noch nach Anmeldung abzuholen. "Das waren damals teilweise irre zerfledderte Haufen", sagt Dagmar Ertl vom Umweltamt. Heute bekommt man vom Rathaus einen Termin genannt, der jedoch nicht veröffentlicht wird. Achtmal im Jahr rücken die Sperrmüll-Lastwagen aus und entsorgen kostenlos. Mit 32,6 Kilogramm Sperrmüll pro Einwohner und Jahr zählen die Grünwalder denn auch wenig überraschend zu den Spitzenreitern im Landkreis. Mehr wird nur in Gräfelfing weggeschmissen: Dort kommt man auf 76,7 Kilo pro Person. Am Ende der Liste rangieren dagegen Schäftlarn (9,3 Kilo) und Ismaning (10,5 Kilo), wo es einen Abholtermin zur kostenlosen Abfuhr gibt. Insgesamt hat der Landkreis im vergangenen Jahre 72 200 Tonnen Sperrmüll entsorgt, das entspricht gut 21 Kilogramm pro Einwohner.

Umsonst ist dieser Service nicht überall oder nur bis zu einer bestimmten Menge. In Grasbrunn etwa ist ein Kubikmeter am Wertstoffhof frei, jeder weitere kostet zwölf Euro. In Haar spricht man von "handelsübliche Mengen", die gratis entgegen genommen würden, und in Oberschleißheim zahlt man bereits für den ersten Kubikmeter 15 Euro, dafür wird er aber abgeholt. Auf die Straße stellen darf man den Sperrmüll allerdings nicht, man muss zu Hause sein, wenn die Entsorger anrücken. In Unter- und Oberhaching gibt es sogar Ausweiskontrollen, damit nur Ortsansässige ihren Müll an den Wertstoffcontainern abladen. Ob der Besitzer der drei grauen Sofas, die vor einigen Tagen im Oberhachinger Wald zwischen jungen Birken entsorgt wurden, nur nicht den richtigen Ausweis hatte, ist nicht bekannt.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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