Landkreis Fürstenfeldbruck:"Der Austausch ist sehr fordernd"

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Katharina Holzhey (links) hat das Ensemble gegründet, Lena Sammüller gehört von Anfang an dazu. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Theater 4 hat sich mit selbst geschriebenen Stücken einen festen Platz in der Bühnenlandschaft erarbeitet. Der Prozess bis zur fertigen Inszenierung ist für das junge Ensemble oft anstrengend.

Interview von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck/München

Obwohl erst seit wenigen Jahren aktiv, hat sich das Theater 4 in Fürstenfeldbruck bereits als Stimme einer jungen Generation etabliert. Mit dem Tassilo-Preis wird die Arbeit des Ensembles um die 22-jährige Regisseurin Katharina Holzhey gewürdigt. Im Interview spricht sie über künftige Projekte, die Bedeutung von Preisen und Ideologien.

Frau Holzhey, wie haben Sie die Tassilo-Preisverleihung erlebt?

Katharina Holzhey: Es war eine sehr interessante Veranstaltung, auf der tolle Projekte vorgestellt wurden. Wenn man sieht, wer den Preis noch so bekommen hat und mit wem man in einer Reihe steht, dann freut einen das noch mehr. Nur die Autoren, die die ganzen Nominierungstexte geschrieben haben, hätten mehr Erwähnung finden können, denn mit ihrer Arbeit helfen sie den Künstlern sehr.

Wie sehr hilft denn so ein Kulturpreis wie der Tassilo jungen Künstlern?

Preise sind ein gutes Mittel, um die Aufmerksamkeit auf bestimme Projekte zu lenken. Ich selbst komme nicht an der Frage vorbei, ob nicht zumindest auch soziale Projekte solche Aufmerksamkeit und solche Preise bekommen sollten.

Nachdem Sie und das Ensemble nun für die letzte Inszenierung "Sagen wir jetzt nichts" ausgezeichnet worden sind, wie geht es mit dem Theater 4 weiter?

Im Sommer werden wir einen Film mit dem unbescheidenen Titel "The Cement of the Universe" drehen. Der Titel ist geklaut und stammt von einem Buch über Kausaltheorien, das mich für meine Bachelorarbeit begleitet hat. Ich fand es einen inspirierenden Titel. Im Film wird es zunächst um Kommunikationsverhalten gehen. Ich habe versucht zu verbildlichen, auf welchen Ebenen Kommunikation stattfindet. Dieses Thema wird zum Versuch einer Erklärung, weshalb Ideologien für Menschen so anziehend sein können. Weshalb man sich von diesen mehr verstanden fühlen kann als von der eigenen Partnerin oder dem Partner.

Gibt es auch schon eine Geschichte, anhand derer Sie das erzählen wollen?

Konkret geht um zwei Paare, deren Kommunikation ein bisschen daran scheitert, dass die einen versuchen inhaltlich zu kommunizieren und die anderen emotional. Ganz platt könnte man sagen, die Frauen sprechen auf der emotionalen Ebene und die Männer antworten auf der inhaltlichen. Dadurch fühlen sich die Frauen unverstanden und eine emotional kommunizierende Ideologie wird ihr Zufluchtsort.

Wie haben Sie die Idee entwickelt, genau dieses Thema zu bearbeiten?

Ich habe über ein Semester lang immer wieder NSU-Prozesstage besucht und letztes Jahr bin ich dann noch für ein paar Tage zum Lübcke-Prozess nach Frankfurt gereist, um mir die Aussagen des Beschuldigten anzuhören. Beides hat zu den Fragen geführt, die ich mir für diesen Film gestellt habe.

Sie und das Ensemble sind Theater-Laien im besten Sinn. Was unterscheidet Ihre Arbeit von professionellen Theatermachern?

Ich finde es immer schwierig, Vergleiche zwischen "die" und "wir" aufzumachen. Was vielleicht besonders an unserer Truppe ist, ist, dass wir alle unterschiedliche Dinge studieren und deswegen der Austausch sehr fordernd ist. Das letzte Projekt ist daran gescheitert, dass wir es nicht geschafft haben, eine Perspektive zu finden, aus der wir alle guten Gewissens die Geschichte erzählen wollten. Wir haben uns in den Proben quasi soweit dekonstruiert, dass letztendlich nichts mehr übrig geblieben ist.

© SZ vom 03.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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