Versuchter Totschlag:"Ich sollte sie immer bedienen"

Lesezeit: 2 min

Ein 25-jähriger Bauhelfer fühlt sich in einem Arbeiterwohnheim in Pasing gemobbt. Als er einem seiner Mitbewohner Bier holen soll, eskaliert die Situation.

Von Andreas Salch

Arjan A. redet ohne Punkt und Komma und so schnell, dass der Dolmetscher bisweilen Mühe hat, simultan zu übersetzen. Der 25 Jahre alte Bauhelfer muss sich seit diesem Montag wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht München I verantworten. "Das meiste, was in der Anklage steht, stimmt nicht", sagt er gleich zu Beginn der Verhandlung zum Vorsitzenden, Richter Norbert Riedmann.

In den frühen Morgenstunden des 5. September vergangenen Jahres soll A. in einem Arbeiterwohnheim an der Landsberger Straße in Pasing Mitbewohner mit zwei Küchenmessern mit einer Klingenlänge von jeweils rund 20 Zentimetern angegriffen haben. Einer der Männer wurde erheblich verletzt. Er erlitt unter anderem eine zwei Zentimeter tiefe und sieben Zentimeter lange Schnittverletzung am Brustkorb. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass für das Opfer zumindest eine "abstrakte Lebensgefahr" bestanden habe.

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Zwischen dem mutmaßlichen Opfer und vier anderen Männern war es gegen zwei Uhr morgens zum Streit gekommen. Der Angeklagte bewohnte gemeinsam mit ihnen ein Zimmer in dem Arbeiterwohnheim. Sie sind als Zeugen zu dem Prozess geladen. Arjan A. erhofft sich von ihrer Vernehmung nichts. Sie werden einander unterstützen, sagt er zu Richter Riedmann. Zum Teil seien die Zeugen nämlich miteinander verwandt oder aber befreundet, so der 25-Jährige.

"Nicht gezielt" auf das mutmaßliche Opfer eingestochen

Bevor es zu dem Streit kam, soll A. von seinen fünf Zimmergenossen wochenlang gemobbt worden sein. Einfach zurück in seine Heimat habe er nicht gehen können, sagt der 25-Jährige. Er habe hierbleiben und Geld verdienen müssen. Seine Zimmergenossen hätten ihn ständig beleidigt. "Putzeimer" hätten sie ihn genannt, seine Mutter beleidigt und ihm geraten, zurück nach Albanien zu fahren - so auch kurz vor der mutmaßlichen Messerattacke. Letztlich eskaliert sein soll die Situation auf dem Zimmer, als einer der Männer Arjan A. zum wiederholten Male aufgefordert haben soll, Bier aus dem Kühlschrank zu holen.

"Ich sollte sie immer bedienen. Ich hatte keine Lust mehr", so der 25-Jährige zu Richter Riedmann. Er habe dem Mann, dem er ein Bier holen sollte, gesagt, er solle es doch seinem Verwandten sagen. Das sei nicht gut angekommen, sagt Arjan A. Sofort habe ihn einer seiner Zimmergenossen gepackt und geschlagen. Daraufhin sei er in die Küche "geflüchtet" und habe sich mit zwei Messern bewaffnet. Arjan A. versichert, dass er "nicht gezielt" auf das mutmaßliche Opfer eingestochen habe. Er habe den Mann allenfalls "fahrlässig verletzt" und überhaupt: "Alles was ich gemacht habe, hatte zum Ziel gehabt, mich zu verteidigen", beteuert der 25-Jährige.

Nach der mutmaßlichen Tat setzte sich Arjan A. ins Treppenhaus des Arbeiterwohnheims und rauchte drei Zigaretten, ehe die Polizei kam und ihn vorläufig festnahm. Der Prozess wird fortgesetzt.

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