Landgericht München I:Paar missbraucht eigene Kinder

Lesezeit: 2 min

Islam K. hat zwei seiner fünf Kinder sexuell missbraucht. Seine Frau soll sich an dem sechsjährigen Sohn vergangen haben. Vor Gericht steht allerdings nur der Vater, die Mutter ist untergetaucht.

Von Christian Rost

Islam K. sitzt äußerlich ungerührt vor der 20. Strafkammer am Landgericht München I, er trägt aber seit vielen Jahren eine ungeheuerliche Schuld mit sich herum. Er hat zwei seiner fünf Kinder sexuell missbraucht, wie er selbst stockend einräumte. Die Mädchen waren damals sechs und sieben Jahre alt. Von ihrer Mutter hatten die Kinder keine Hilfe erwarten können, im Gegenteil: Die heute 47-Jährige soll ihrem Mann Beihilfe zum Missbrauch geleistet und sich außerdem selbst an ihrem zur Tatzeit sechsjährigen Sohn vergangen haben.

Trotz der Vorwürfe gegen die Frau musste Islam K. am ersten Verhandlungstag alleine auf der Anklagebank vor der großen Strafkammer Platz nehmen. Seine mitangeklagte Ex-Frau Emel D. ist untergetaucht. Unentschuldigt blieb sie dem Prozessauftakt am Mittwoch fern. Telefonische Nachfragen des Gerichts bei Verwandten führten ins Nichts, woraufhin auf Antrag der Münchner Staatsanwaltschaft Haftbefehl erging.

Der Vorsitzende Richter Stephan Kirchinger schickte noch eine Streife der Polizeiinspektion in Sendling zur Adresse von Emel D., um ihrer habhaft zu werden. Die Beamten fanden die Wohnung jedoch leer vor. Von einer Nachbarin erfuhren sie noch, dass die Gesuchte sich eine Woche zuvor in den "Urlaub" verabschiedet hatte. Dass sie den Prozessauftakt tatsächlich einfach vergessen hatte, daran glaubte keiner der Prozessbeteiligten.

Islam K. muss sich vorerst alleine der Verantwortung stellen

Emel D. scheint vielmehr die Flucht ergriffen zu haben, um sich im Fall einer Verurteilung einer drohenden Haftstrafe zu entziehen. Vermutlich hält sie sich momentan in der Türkei auf, woher sie stammt. Das Verfahren gegen sie wurde schließlich von dem ihres Mannes abgetrennt. Sobald Emel D. wieder in die Bundesrepublik einreist, muss sie mit ihrer Festnahme rechnen. Dass die Türkei die Frau auf Bitten der deutschen Justiz ausliefert, gilt als unwahrscheinlich.

Somit muss sich Islam K. vorerst alleine der Verantwortung stellen. Die Staatsanwaltschaft legte ihm drei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und einen versuchten Missbrauch zur Last. Demnach holte sich er beziehungsweise seine Frau von 1991 bis 1994 mehrfach die eigenen Kinder ins Bett.

An einer Tochter vergriff sich K. drei Mal, ehe er unmittelbar im Anschluss daran mit seiner Frau Geschlechtsverkehr hatte. Ende 1990 legte ihm seine Frau eine andere Tochter auf die Schlafcouch in dem gemieteten Ein-Zimmer-Appartement in Berg am Laim. In diesem Fall ließ der Vater das Kind aber in Ruhe: "Ich traue mich nicht", soll er zu seiner Frau gesagt haben.

Die Mutter verdrängt ihre Schuld

Islam K. räumte die Vorwürfe ein. Er könne sich zwar "nicht mehr an Einzelheiten erinnern", gab der Müllfahrer vor Gericht an. "Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Aber die Kinder lügen nicht." Er habe damals Nachtschicht in einer Gießerei gearbeitet und Alkoholprobleme gehabt, sagte der Angeklagte. In der Ein-Zimmer-Wohnung sei es sehr beengt gewesen. Dort lebte das Ehepaar zeitweise mit fünf Kindern, die teils aus früheren Ehen des Mannes stammen.

Von Emel D. ist er inzwischen auch geschieden, hat aber erneut geheiratet. Die Details der Übergriffe auf die beiden Mädchen erörterte das Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ehe die Zuhörer aus dem Saal geschickt wurden, betonte Verteidiger Hans-Peter Meier, dass sich der Angeklagte "massiv schämt für seine Taten". Die Mutter hingegen verdrängt ihre Schuld.

Als die Familie 1994 nach Unterhaching in eine größere Wohnung gezogen war, soll sie ihren sechsjährigen Sohn ohne die Beteiligung des Vaters missbraucht haben. Das Kind hatte eine Pornofilm im Videorekorder der Eltern entdeckt und das Gerät eingeschaltet. Emel D. soll ihn dabei überrascht und sich halb entkleidet auf ihn gesetzt haben, um sich zu befriedigen. Zwei weitere Male soll es zu ähnlichen Übergriffen gekommen sein. Die Frau hatte sich da von ihrem Mann bereits getrennt und lebte mit den Kindern in München. Beim letzten Übergriff soll der Junge höchstens neun Jahre alt gewesen sein.

© SZ vom 03.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: