"Ladys Beer Tasting":Biergläser mit Stiel sollen femininer sein als Masskrüge

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In ihrer Brau-Manufactur Allgäu, einem Familienbetrieb, experimentieren die Schwestern Stephanie (links) und Kathrin Meyer mit Hopfensorten und Malz. (Foto: Robert Haas)

Ist Bier vegan? Um solche Fragen geht es, wenn die Bayern-Tourismus-Agentur zu einer Verkostung nur für Frauen lädt.

Von Laura Kaufmann

Frauen, die kein Bier trinken: Die fallen in etwa in die gleiche Klischeekategorie wie Frauen, die an ihrem Salatblatt knabbern, während ihr männliches Gegenüber ein halbes Schwein verputzt und danach vielleicht noch herzhaft aufstößt. Wahrscheinlich müsste er noch die Füße hochlegen und rufen, "Schatz, holst du mir ein Bier?" - um sich irgendwie angesprochen zu fühlen.

Oder was ist von einer Einladung zu halten, in der der Satz steht: "Was haben Amarillo, Cascade, Citra und Mosaic gemeinsam? Es sind keine Farben und keine Prints. Nein, es sind Hopfensorten . . .!" Verschickt hat die Einladung "Bayern Tourismus", die Marketingagentur des Freistaats, die auch der Meinung ist: "Echte Mädels trinken echtes Bier". Zu ihrer Ehrenrettung bleibt wohl nur zu sagen, dass eine das Bier nicht liebende Frau keine Ausnahme ist, während ein Mann, der es verschmäht, in etwa die gleichen Reaktionen erntet wie einer, der Bodenturnen als Hobby angibt.

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Interessant also, wie einer Frauenrunde das Bier schmackhaft gemacht wird. Als Köder dient die Einladung in das hervorragende Upper Eat Side, die wohl kaum eine gern ausschlägt, selbst wenn es statt einer Weinbegleitung Bier zu den Gerichten gibt. Dabei gibt es Brauerzeugnisse, die spannende Kombinationen mit Speisen ergeben.

Als weiteren Köder hat der Veranstalter zwei Frauen parat, die nicht recht ins Klischee passen wollen: Kathrin und Stephanie Meyer von der Brau-Manufactur Allgäu, bodenständig und sympathisch. In dem Familienbetrieb experimentieren die Schwestern mit Hopfensorten und Malz, heraus kommen interessante Craft-Biere, die zur Speisenfolge verkostet werden.

"Ist Bier eigentlich vegan?"

Weibliche Brauerinnen sind heute die Minderheit, stehen aber in einer altehrwürdigen Tradition: Im frühen Mittelalter gehörte ein Braukessel zur Mitgift; die Frau übernahm wie das Kochen auch das Brauen. War der Sud gelungen, lud sie ihre Nachbarinnen zum Bierkränzchen ein, dem lustigeren Vorgänger des Kaffeekränzchens.

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In sogenannten "Weiberzechen", also Kneipen, in denen nur Frauen zugelassen waren, soll es recht feuchtfröhlich zugegangen sein. Die vielleicht berühmteste Brauerin der Geschichte ist Katharina von Bora, ihr Ehemann Martin Luther war der größte Fan ihrer Kunst. Wissenschaftlich beschäftigte sich erstmals Hildegard von Bingen mit dem Gebräu; in ihrem Buch "Von dem inneren Wesen der Naturen" beschrieb die 1179 verstorbene Äbtissin, was der Hopfen im Bier bewirkt.

Beim "Ladies Beer Tasting", so heißt die Veranstaltung, steht freilich schon nach dem zweiten Bier ein diskreter Eimer auf dem Tisch, damit heute keine der Anwesenden trunken vom Tisch aufstehen muss. Das Red Ale, ein rötliches, obergäriges Bier der Schwestern, harmoniert vorzüglich mit dem Rote-Beete-Meerrettich-Süppchen.

"Der Mann ist eher geradlinig und zielstrebig, die Frau schaut auch nach links und rechts", so erklärt Kathrin Meyer ihre Theorie, warum die Vielfalt der Biere über die Jahre und mit der wachsenden Herrschaft der Männer über die Braukessel verloren gegangen sei und heute wiederentdeckt werde.

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Dabei ist es wahrlich nicht so, dass die Craft-Beer-Bewegung allein von Frauen ausginge, auch in Bayern nicht. Aber dies ist nun einmal eine Frauenrunde, und so wird irgendwann auch die Frage gestellt: "Ist Bier eigentlich vegan?" (Ja, wenn es nach deutschem Reinheitsgebot gebraut wird; bei Flaschenbieren aber sind im Kleber zum Befestigen des Etiketts oft tierische Bestandteile.) Auch die Tatsache, dass Bier, sähe man vom Alkohol ab, mit seinen B-Vitaminen und Spurenelementen eigentlich eine recht gesunde Sache sei, stößt auf interessierte Zuhörerinnen.

Angeblich schätzen Frauen das Bier in Gläsern mit Stiel mehr

Das Bier wird aus edlen Gläsern mit Stiel serviert, Frauen schätzten das Getränk so mehr als ein Bier aus einem Literkrug, heißt es, und an dieser Stelle ist es wichtig, all die trunkenen Dirndlträgerinnen zu verdrängen, die einem auf der letzten Wiesn entgegengefallen sind. Sollten sie einem doch einfallen, lässt sich zur Verteidigung der Glastheorie immer noch vorbringen, dass ihr Trinken vielleicht mehr Mittel zum Zweck denn Biergenuss war.

Das Restaurant fährt seine Küchenkünste auf, Platten voll feinstem Schweinefleisch, Ochs und Saibling in der Mitte des Tisches, erfreulicherweise begnügt sich niemand hier mit ein paar Salatblättern. Dazu ein Allgäuer Kräuterbier mit Mädesüß, Brennnessel und Holunderblättern, ein "typisches Frauenbier", mild. Und ein malziges Bockbier. Allesamt wunderbar. Ob sie eine Nichtbiertrinkerin überzeugen würden bleibt offen, es sitzt keine am Tisch.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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