Sie wirken zunächst wie versehentlich stehengelassen, wie eilig gepackt, dann vergessen - hingen da nicht die kleinen Zettel an den Griffen der Koffer, versehen mit den Namen von Toten. Von diesem Montag an werden bis 20. November weiße Koffer vor vier Wohnhäusern in der Maxvorstadt sowie vor der evangelisch Markuskirche an der Gabelsbergerstraße stehen.
Der Aktionskünstler Wolfram P. Kastner möchte mit ihnen an ehemalige jüdische Bewohner der Häuser erinnern, die im Nationalsozialismus fliehen mussten oder in ein Konzentrationslager gebracht und ermordet wurden. Von ihrem Haus, von ihrem vergangenen Leben blieb ihnen nicht mehr als nur ein Koffer. Dazu wird Kastner Info-Tafeln stellen mit Porträts und kurzen Lebensläufen von einigen der Opfer.
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Kastner hat mit diesen Koffern in den vergangenen Jahren bereits an ehemalige jüdische Einwohner Sendlings (2008) und Neuhausens (2013) aufmerksam gemacht. In der Maxvorstadt werden die Koffer nun an der Karlstraße 49, stehen, an der Richard-Wagner-Straße 11, an der Schellingstraße 9 und an der Steinheilstraße 20.
Geplant war auch, vier Koffer vor das Haus am Odeonsplatz 1 zu stellen. Das Gebäude, in dem sich heute unter anderem eine Apotheke befindet, liegt aber innerhalb der polizeilichen Sicherheitszone um das bayerische Innenministerium. Die schickte deshalb im März eine Absage: Wie im Umkreis des Landtags sind Installationen hier verboten - zum Ärger Kastners. "Die Sicherheit des Innenministeriums wird von den dort befindlichen Blumentrögen, Zeitungskästen und Fahrrädern nicht gefährdet, aber scheinbar durch die Erinnerung an jüdische Bewohner des Hauses", sagt er. Seinen Vorschlag, die Koffer an einer anderen Seite des Hauses aufzustellen, lehnte die Polizei ebenfalls ab. Auch ein Brief an Innenminister Joachim Herrmann half nicht. Dankenswerterweise, sagt Kastner, erhalte die Erinnerung aber nun an der Markuskirche Kirchenasyl.