Restaurant Servus Heidi:Wie eine Hütte für Hipster im Almenrausch

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Filzsessel statt Holzstuhl: Das Servus Heidi ist die moderne Interpretation bayerischer Gastlichkeit. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Servus Heidi gibt sich zugleich traditionell und modern. Damit zieht es junges Publikum an - doch das Essen könnte mehr Sorgfalt vertragen.

Von Pep Rooney

Kennt eigentlich noch jemand den Bavarian-Restaurant-Sketch von Monty Python aus dem Jahr 1972? Wenn nicht: dringend mal auf Youtube anschauen! Mit dem extrem albernen Stück, gedreht im alten Donisl, nimmt die britische Komikertruppe die bayerische Volkstümelei aufs Korn - bis heute unerreicht lustig.

Bevor es normal wurde, sich in Tracht zu werfen und in Bierzelten Abende lang durchzuschunkeln, muss der Gag noch mehr Wirkung gehabt haben. Wer heute in Dirndl oder Lederhosen, das gilt ausdrücklich auch außerhalb der Wiesn-Saison, durch die Stadt spaziert, mag vielleicht ein bisschen auffallen, dumm angeschaut wird er aber nicht mehr.

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Alpenländisches ist angesagt, bei Einheimischen wie auch bei Besuchern aus dem Ausland. Wenn man dann mal beim schlauen Online-Ratgeber Tripadvisor reinschaut, wundert man sich überhaupt nicht, dass, Stand 6. Dezember 2017, ausgerechnet das Servus Heidi als bestes deutsches Restaurant Münchens in der Liste steht und sogar als drittbestes in allen Kategorien.

Ja, das Servus Heidi im Westend, da, wo die Welt wieder in Ordnung ist, die Kellnerinnen und Kellner schöne grobkarierte Hemden unter Latzhosen tragen und aus den Boxen eine Art Weichspüler-Wiesnsound dudelt. Dass die Karo-Latz-Kombi des Servicepersonals auch an einen Monty-Python-Sketch erinnert (Stichwort: Holzfällerlied), ist dabei sicher nur Zufall.

Hauptsache, es volkstümelt hier an der Landsberger Straße. Man nimmt statt auf Stühlen auf Cocktailsesseln mit Filzbezug Platz, die überaus bequem sind. Ansonsten ist die Einrichtung angenehm kitschfrei, wenn da halt nicht diese teils sehr grauslige Musik wäre.

Gute Stimmung, gute Empfehlungen

Aber das gehört sich vermutlich so in einem #modernwirtshaus, wie es auf der Tafel am Eingang mit Hashtag hingepinselt ist. Und irgendwann hört man den Schmarrn ja auch nicht mehr. Was zählt ist, dass es den überwiegend jungen Menschen, die dank dem Überschwang der Tripadvisor-Gemeinde den Weg ins Servus Heidi gefunden hat, zu gefallen scheint.

Hier geht es, ganz awesome, ums gesellige Beisammensein. Das sehr freundliche, ja fast freundschaftlich auftretende Latzhosenpersonal trägt zur guten Stimmung einiges bei, ebenso das Augustiner Helle aus dem Holzfass (3,50 Euro), welches auf Wunsch im geeisten Steinkrug kommt. Und weil's bei unseren Besuchen grad so nett war, bestellten wir uns auch etwas zu essen, das uns in Teilen an schöne Biergartenbesuche im Sommer denken ließ.

Da haben sie zum Beispiel den "Alpengarten" (7 Euro), eine Rohkostvorspeise mit Radieserl, Gurken, gelben Rüben und Kräuterquark - sehr basic, witzig, biergartenmäßig, aber gesund. Das exakte kulinarische Gegenteil waren das "Weißwurstradl" (8 Euro) mit gebackenen Weißwurststücken und groben Brezenstücken, die als - hihi - Brezenchips verkauft wurden und für die man gute Zähne brauchte.

Dann gab's noch "Heidis Eintopf" (6) aus Linsen und Wammerl, "Suppenkasperl" (5) aus Kürbis und Mandel, die "Forelle aus dem Rauch" (9) und einen sehr gut gewürzten Obazdn (6) - das waren die Vorspeisen. Dann die Hauptspeisen: Da war die "Antn" (17), eine zarte Entenkeule auf Blaubeer-Blaukraut, das einen ordentlichen Durst machte.

So inszeniert man Bavaria

Das schön weiche Münchner Schnitzel für 14 Euro, dessen Senf-Meerettich-Panade sehr gefiel, das leider etwas fade Knödel-Trio mit Spinat-, Speck- und Rote-Beete-Knödel (9), die ganz ordentlichen Fleischpflanzerl (11) mit dem schönen Namen "So jung kemma nimma zamm" mit ebenfalls recht Durst machender Soße und Kartoffelstampf, der Zwiebelrostbraten (19) mit der crazy verwürzten Soße, für den dem Team wohl kein lustiger Name eingefallen ist, das Backhendl namens "Vogelwild" (13), das unter dem Teig noch recht lebendig wirkte (böse Schleckermäuler würden es roh nennen), und das vegetarische Gericht "Aus'm Ofen" (8), mit Kürbisecken, Pflaumen und Schafskäse.

Das alles schmeckt auf einer Berghütte nach einem vierstündigen Aufstieg bestimmt voll gut. Und vielleicht war dem Koch ja nur rein zufällig der Salztiegel in die Soßenbasis gefallen, mei, wer weiß das schon, hauptsach', mia ham a Gaudi ghabt (wär vielleicht ein Name für den Zwiebelrostbraten). Die Nachspeisen "Heidi's Schwips" (6,50) und der halbflüssige Schokokuchen (6) - waren ein solider Abschluss, den wir mit dem Schnaps "Sissis Marille" (5,50) runterspülten.

Na Servus Heidi, denkt man sich da: So inszeniert man also Bavaria (wo, ganz nebenbei, "die Berge aus dem Boden ragen", wie die Pythons damals wussten). Graham Chapman selig, der einen amerikanischen Gast spielte, hätte sicher seine Freude daran gehabt. Aber als Münchner findet man rein kulinarisch in dieser Preislage einige bessere bayerische Alternativen.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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