Liebe ist für alle da, so nannte die Berliner Band Rammstein mal eine Platte. Aber für die eigenen Anhänger ist diese Liebe begrenzt. Der weltweite Fanclub "LIFAD" - das ist die Abkürzung des Plattentitels - hat Mitte dieser Woche verkündet, keine Mitglieder mehr aufzunehmen. Das kam überraschend, denn noch bei der Ankündigung des Vorverkaufs zur großen Stadiontournee 2019 hatte der Veranstalter extra darauf hingewiesen, dass jeder Interessierte spontan dem Freundeskreis beitreten könne, um in den Genuss des exklusiven vorgezogenen Vorverkaufs zu kommen. Für einen Jahresbeitrag von 25 Euro hätte das einen entscheidenden Vorsprung beim Rennen um die Karten bedeutet. Allen anderen wünschte der Veranstalter im Internet: "Viel Glück!"
Beim offiziellen Start am Donnerstag bestätigte sich: Der Vorverkauf der Rammstein-Konzerte fürs normale Volk gleicht einer Lotterie. Das auf sechs Tickets pro Käufer begrenzte Kontingent für das Konzert am 8. Juni im Olympiastadion war in Kürze ausverkauft, verzweifelte Fans klickten auf muenchenticket.de immer wieder auf den Ticket-Button und wurden - "Hoppla!" - wegen Überlastung des Servers wieder auf Start zurückgesetzt. Auch als gleich ein Zusatzkonzert für den 9. Juni nachgeschoben wurde, gingen Tausende noch leer aus. Jetzt kann man nur noch über den Graumarkt sein Glück versuchen (für derzeit etwa 300 Euro), wovor der Münchner Veranstalter Propeller-Concerts ausdrücklich warnt. Auch der Ansturm über den Schleichweg des Fanclubs war so gewaltig, dass "Liebe ist für alle da" geschlossen wurde.
Bauarbeiten:Sanierung des Olympiastadions kostet 108 Millionen Euro
Die Stadt muss die Arena erneuern, um sie weiter für Großveranstaltungen nutzen zu können. Die Kosten sind aber voraussichtlich niedriger, als zunächst geplant.
Rammstein sind weltweit gefragt, ihre Auftritte rar und spektakulär: Rocktheater mit Flammenwerfer und Pathos. Das wollen auch Menschen sehen, die zu Hause nie Rammstein hören würden. Bei solchen Ereignissen ist selbst Münchens größte Konzertarena zu klein, das Olympiastadion, in das etwa 70 000 Besucher passen. Und die Konzertveranstalter beschäftigt hinter den Kulissen bereits die Frage, was von 2022 an sein wird, wenn das Stadion 20 Monate lang umfassend auf Vordermann gebracht wird. Andrea Blahetek-Hauzenberger vom Veranstalter Global Concerts begrüßt es zwar, dass die Stadt das Baudenkmal für voraussichtlich 108 Millionen Euro saniert; sie würde sich allerdings wünschen, dass während des Umbaus eine Ausweichfläche für Veranstaltungen hergerichtet wird, etwa die Theresienwiese.
Auch Peter Pracht vom Veranstalter PGM fordert von der Stadt, ein Areal "mit entsprechender Infrastruktur bereitzustellen". Er bringt das Messegelände mit seiner guten U-Bahn-Anbindung ins Spiel. Bei der Olympiapark GmbH kann man sich durchaus vorstellen, für einen Ersatzort wie die Theresienwiese den Betrieb zu übernehmen. Dann wäre wieder Platz für alle da. Aber politisch heikel wäre es. Denn insbesondere die Anwohner beklagen, dass mit Oktober- und Frühlingsfest, mit Tollwood und anderen Veranstaltungen die Theresienwiese ohnehin schon viel zu oft belegt sei.
Bedarf an einem großen Open-Air-Standort aber gibt es, wie ein Blick in den Konzertkalender 2019 zeigt: Die amerikanische Sängerin Pink, die für erstaunliche Shows mit Akrobatik-Einlagen bekannt ist, war lange nicht in München. Trotzdem hätte niemand gedacht, wie gefragt ihr "Beautiful Trauma"-Tourstopp am 26. Juli hier ist: Selbst bei Konzertkartenpreisen von bis zu 214 Euro lief der Vorverkauf derart gut an, dass der Veranstalter gleich ein Zusatzkonzert am Tag darauf im Olympiastadion angesetzt hat.
Nächstes Großkonzert im Olympiastadion wohl schon geplant
Sechs Jahre ist es bereits her, dass Bon Jovi, die Soft-Rocker aus New Jersey ("Bed of Roses"), im Olympiastadion gespielt haben - am 5. Juli 2019 werden sie hier zum siebten Mal auf der Bühne stehen. Es gibt noch Karten, ebenso für die Stadion-Shows der Heavy-Metal-Stars Metallica und den Grazer Lederhosen-Rock'n'Roller Andreas Gabalier, dessen Auftritte an derselben Stelle 2017 und 2018 ausverkauft waren. Und laut Insidern dürfte für das kommende Jahr noch ein weiteres Großkonzert im Olympiastadion bekannt gegeben werden - und das sehr bald. Denn das Weihnachtsgeschäft lassen sich die Veranstalter nicht entgehen, laut einer Studie verschenken die Deutschen zunehmend Konzerttickets. Deshalb erweiterte sich das Angebot zuletzt fast täglich mit Pop-Musik für jeden Geschmack.
Zum Beispiel nebenan in der Olympiahalle: Dort gibt es amerikanischen Edel-Hip-Hop mit Nicki Minaj (21. Februar), das Boygroup-Comeback der Backstreet Boys (27. Mai), kanadischen Schmacht-Pop von Shawn Mendes (21. März) und Italo-Balladen vom Charmebolzen Eros Ramazzotti (17. Februar). Auch die deutschen Stars ziehen immer mehr Publikum an, was bei Herbert Grönemeyer (19. und 20. März), Udo Lindenberg (18. Juni) und den Rückkehrern Seeed (29. Oktober) noch normal zu sein scheint, verblüfft bei Jungspunden wie Revolverheld (20. März), Mark Forster (4. April) und gerade bei den bayerischen Rappern dicht & ergreifend (26. Oktober) dann doch. International gibt es zwei Trends: Die großen Alten kommen zurück - wie Deep Purple-Aussteiger Ritchie Blackmore mit seiner Zweit-Band Rainbow (12. Juni) und die Rock-Desperados The Eagles (30. Mai); oder sie verabschieden sich vom Tournee-Geschäft wie Ozzy Osbourne (13. Februar) und Elton John (5. Juli).
Letzte Chance, das gilt auch für ein Großereignis auf dem Königsplatz: Die Glam-Rocker Kiss ("I Was Made For Loving You") verabschieden sich in den ungeschminkten Ruhestand (31. Mai). Die drei übrigen Konzerttermine vor den Propyläen haben sich La Brass Banda im Doppelkonzert mit Seiler und Speer (1. Juni), die Geigerin Anne-Sophie Mutter (spielt Filmmusik von Hans Zimmer, 14. September) und Michael Patrick Kelly (15. September) gesichert.
Das Open-Air-Festival "Rockavaria" fällt in diesem Jahr übrigens flach, wie Blahetek-Hauzenberger von Global Concerts bedauernd sagt, da wegen einer Baustelle hinter der Glyptothek kein Platz für die nötige zweite Bühne sei.