Kommentar:Das Wapperl macht die Welle

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Von Thomas Kronewiter

Eine lustige Zeitungsglosse hat einmal, vor vielen Jahren schon, mit dem Gedanken gespielt, in der Adventszeit für den Marienplatz Zutrittstickets auszugeben - weil den Einheimischen vor lauter Christkindl-Ständen und -besuchern schon rein räumlich kein Platz mehr zur Verfügung stehe. Mit dem Siegeszug des Parkraummanagements stellt sich diese Frage umgekehrt. In diesem Problembereich ist der Einheimische im Vorteil, Pendler und Gastronomiebesucher werden systematisch zur Kasse gebeten oder/und auf einen zeitlichen und räumlichen Korridor verwiesen - in dem rein rechnerisch auch für sie noch Platz sein sollte.

Was sich in den mit dem Wapperl beglückten Vierteln unterm Strich durchaus als segensreich und wirksam erweist, hat Randaspekte, die in der gegenwärtigen, durch wachsendes Verkehrschaos gekennzeichneten Situation nicht uninteressant sind. Schon Alt-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hat in den Bürger- und Einwohnerversammlungen zu seiner Amtszeit gerne auf die Listigkeit des Konzepts hingewiesen: Durch den Erfolg der Parklizenzierung in Viertel A wächst im benachbarten Viertel B der Parkdruck, wodurch auch dort über kurz oder lang die Forderung nach dem Wapperl erhoben wird. Ein Kalkül, das sich, wie jetzt bei den Überlegungen zum Pasinger Norden und Süden, inzwischen bis über den Mittleren Ring hinaus als richtig erwiesen hat.

Als Pendler hat man keine Lust mehr, in die Stadt zu fahren. Zumindest dann nicht, wenn am Ziel nur ein Parkplatz unter einer Straßenlaterne winkt. Aber auch der Besuch bei Tante Else in der Maxvorstadt lässt zumindest die Überlegung aufkommen, ob dorthin womöglich die Anfahrt per U-Bahn günstiger kommen könnte. Nicht zuletzt wirkt die Parklizenzierung als Turbo für alle innovativen Lösungen in der Mobilitäts-Debatte. Ob Car-Sharing, die Mehrfach-Vergabe des eigenen Tiefgaragenplatzes untertags, wenn der Besitzer bei der Arbeit ist, Mieträder oder Seilbahnen: Es ist sinnvoll, alles in Betracht zu ziehen. Weil nicht nur auf den Straßen kein Platz mehr ist, sondern längst auch am Straßenrand. Auch dieser bewusstseinsbildende Effekt breitet sich nun jenseits der City in Richtung Stadtrand aus - wellenartig, wie der Verdrängungsdruck durch die Parkwapperl.

© SZ vom 19.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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