Kokain in Bananenkisten:Nach Drogenschmuggel auf der Anklagebank

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Von Martin Bernstein

Drei junge Albaner sitzen auf der Anklagebank: 25, 29 und 30 Jahre alt. Einer von ihnen brach in eine Halle ein, in der Bananen lagerten. Die beiden anderen standen Schmiere. Gestohlen wurde nichts. Doch die Staatsanwaltschaft Landshut ist überzeugt, dass das Trio zu einem vielköpfigen, den halben Globus umspannenden Kokainschmuggler-Netzwerk gehört, das Teil der sogenannten "Westbalkan-Mafia" sein soll. Seit Dienstag wird der Fall vor dem Münchner Landgericht verhandelt. Doch weiter als bis zur Verlesung der Anklageschrift kam die 29. Strafkammer am ersten Tag nicht.

In der Halle an der Oberländerstraße, direkt gegenüber dem Großmarkt, lagerten Ende März 2018 nicht nur Bananen. Komplizen des Mafia-Netzwerks hatten in Ecuador Kokain mit einem Reinheitsgrad von 90 Prozent in den Kisten versteckt. Vom Hamburger Hafen aus wurden die Kisten weitergeschickt in Reifehallen im gesamten Bundesgebiet. Dort sollten Einbrecher, ausgestattet mit genauen Palettennummern und GPS-Trackern, die richtigen Kisten finden, das Kokain wieder herausholen und es in einer Art Stafette in den Raum Rotterdam bringen. Doch die Einbrecher - beteiligt sollen auch fünf Angeklagte in einem Verfahren in Landshut sowie ein weiterer Albaner gewesen sein, gegen den noch ermittelt wird - scheiterten an der Münchner Halle: zu groß, zu unübersichtlich. Nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen am 24. März 2018 rückten die Täter unverrichteter Dinge wieder ab. Da waren ihnen bundesweit mehr als 500 Fahnder längst auf der Spur.

Sechs Tage später wurde in die Halle erneut eingebrochen, offenbar diesmal von einem anderen Team. 185 Kilogramm fehlten später beim Nachwiegen der Bananenkisten. Wer diese Täter waren und wohin sie das Rauschgift brachten, wissen die Ermittler bisher nicht. Möglich jedoch, dass die Prozesse in München und Landshut sowie weitere Ermittlungen Hinweise auf die Hintermänner bringen. Bis das passieren kann, muss das Gericht sich erst einmal mit sich selbst beschäftigen. Die Verteidiger rügten am Dienstag die Zusammensetzung der Kammer.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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