Interviewbuch:Wenn Spitzenköche sich von ihren Frauen bekochen lassen

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Kräuter und Gemüse holen die Bräuers aus dem eigenen (Schreber-)Garten: Stephanie und Bobby Bräuer mit Hund Kissy. (Foto: Michael Schinharl)

Liebe geht durch den Magen: Stephanie Bräuer hat Küchenchefs und ihre Partnerinnen interviewt. Sie stößt auf männliche Eigenheiten und erfährt, wie die Privatküchen der Spitzenköche aussehen.

Von Franz Kotteder

Was kocht man eigentlich einem Spitzenkoch? Diese Frage hört Stephanie Bräuer öfters. Schließlich ist sie verheiratet mit Bobby Bräuer vom Esszimmer in der BMW-Welt (zwei Sterne im Guide Michelin). Irgendwann dachte sie sich: Das scheint offenbar viele Menschen zu interessieren, warum also nicht ein Buch darüber machen, was Frauen von Spitzenköchen ihren Männern kochen und umgekehrt? Die Journalistin und PR-Fachfrau befragte 25 Spitzenköche und ihre Lebensgefährtinnen und bat beide jeweils um ein Rezept. Das Ergebnis sind ebenso viele Koch- wie Liebesgeschichten, von denen wir hier sechs aus München vorstellen. Bräuers Buch "Das erste Ma(h)l" erscheint an diesem Freitag im Becker Joest Volk Verlag (336 Seiten mit 231 Fotos von Michael Schinharl, 37 Euro).

SZ: Frau Bräuer, gab es für Sie eigentlich noch Überraschendes bei Ihren Interviews?

Stephanie Bräuer: Nicht in dem Sinne, dass ich etwas völlig Neues erfahren hätte. Ich habe ja auch schon vor dem Buch mit Frauen von anderen Köchen gesprochen. Was mich aber schon überrascht hat: dass fast alle sehr offen waren. Man hätte ja auch sagen können: "Das geht keinen was an."

Viele der Befragten kannten Sie ja auch schon länger, da hat man eine andere Vertrauensbasis, oder?

Ja, mit denen habe ich natürlich angefangen. Aber ich kannte manche gar nicht. Wenn man dann aber über seine eigenen Erfahrungen berichtet, erzählen die auch leichter ihre Geschichte. Ein anderes Mal hat mich zum Beispiel Eckart Witzigmann weitervermittelt. Schön fand ich auch, dass viele Köche gesagt haben, das sei ein tolles Projekt, gerade weil die Frauen auch mal zu Wort kämen.

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Gab es in der Nachbearbeitung viele Änderungen, weil die Antworten doch zu persönlich ausgefallen waren?

Nein, es gab nur ganz wenige Korrekturen. Einmal ist ein Satz über die Schwiegermutter rausgefallen, obwohl der gar nicht schlimm war. Aber ich habe ohnehin nicht alles geschrieben, worüber wir gesprochen haben und das weggelassen, was ich selber von mir auch nicht unbedingt lesen möchte. Aber ich habe mit fast allen Frauen davor und danach noch länger geredet. Das waren dann schon manchmal auch Frauengespräche (lacht).

Keine Ahnung, was das ist. Vermutlich geht's da um männliche Eigenheiten?

Manches steht ja auch im Buch. Susanne Kellermann sagt mir zum Beispiel: "Wenn er kocht, dann ist hinterher Chaos in der Küche." Das ist sehr untypisch für Köche! Aber ich habe die Erklärung von Thomas dann auch verstanden. Er kocht ja meistens im Urlaub, und da sagt er: "Wenn ich schon koche, können die anderen auch aufräumen."

Das könnte Ihnen wohl eher nicht passieren. In Ihrem Buch erzählen Sie, warum Sie Ihren Mann mal "Mr. Pingel" genannt haben.

Wenn Bobby gekocht hat, ist die Küche hinterher ordentlicher als vorher. Ich finde auch manche Sachen nicht mehr. Er ordnet gern nach Zusammenhang und nicht unbedingt nach Alltagsgebrauch. Bei mir stehen die Dinge, die ich häufiger brauche, schon einmal vorne, obwohl sie größer sind als das, was dahinter steht. Als wir wieder nach München gezogen sind, hat er die Küche mal komplett umgeräumt, und dann stand ich davor und sagte: "Wenn du mir jetzt bitte noch erklärst, wie ich die Teller, die ich täglich brauche, erreichen soll? Und warum die, die ich eigentlich nie brauche, unten stehen?" Also Ordnung, das ist bei uns "ein Thema" . . .

Kein Thema war für die meisten Frauen, das erste Mal für einen Spitzenkoch zu kochen. Überraschend, eigentlich.

Na ja, was soll man auch machen? Entweder es schmeckt ihm oder es schmeckt ihm nicht. Außerdem sind Spitzenköche gar keine heiklen Esser. Die machen zu Hause weder permanent Fünf-Gänge-Menüs, noch verlangen sie das von ihren Frauen. Da merkst du dann auch relativ schnell: Ich muss gar nicht nervös sein. Viel nervöser sind tatsächlich Freunde. Oder wie Sandra Kobald im Buch sagt: "Die laden uns nie ein!"

Es handelt sich durch die Bank ohnehin um offenbar recht selbstbewusste Frauen.

Ja, Bobby sagt im Buch ganz schön, dass alle Frauen von Köchen, die er kennt, starke Frauen sind. Ich als Frau darf das noch mal anders formulieren: Es gibt unter denen, die ich kennengelernt habe, definitiv keine Zicken oder Madamchen. Das funktioniert halt nicht. Man muss schon selbständig sein, der Mann ist ja zwangsläufig wegen der Arbeitszeiten wenig da.

Die Privatküchen von Spitzenköchen sind recht unspektakulär . Das ist besonders schön, wenn man an den Gerätepark mancher Hobbyköche denkt.

Bei Frank Oehler fand ich ganz lustig, dass er früher außer einer Steakpfanne nichts im Haus hatte und sagte: "Wieso, reicht doch? Ein Mann, ein Steak!" Bobby hatte damals gerade einen Quirl, glaube ich. Als wir in Kitzbühel einzogen, bekamen wir eine neue Küche, und ich wollte unbedingt einen Dampfgarer haben, weil der gesund ist und schick noch dazu. Bobby meinte bloß: "Ich brauche doch keinen Dampfgarer zu Hause, so ein Schmarrn! Den wirst du nie benutzen." Aber ich setzte mich durch: Dampfgarer und keine Mikrowelle. Ich habe den Dampfgarer dann tatsächlich nie benutzt und mir oft gedacht: "Hm, eine Mikrowelle wäre zum Auftauen gar nicht schlecht . . ." Als wir dann ausgezogen sind, haben wir ihn jungfräulich wieder übergeben (lacht).

Die meisten Leute würden gar nicht glauben, dass ein Herd ausreicht, oder?

Wir sind 2001 von München nach Düsseldorf gezogen, und da hat uns die Besitzerin unserer damaligen Wohnung Mietinteressenten geschickt, ein älteres Paar. Das sah sich erst die Küche an, und als die Frau wieder rauskam, meinte sie: "Ja, man merkt schon, dass die jungen Leute nicht mehr kochen." Ich sagte nur: "Ach, wir kochen schon . . ." Aber sie schüttelte nur den Kopf: "Mal was Schnelles vielleicht, aber für richtig Kochen, da braucht man schon mehr Platz." Ich wusste, gleich wird's peinlich, denn im Arbeitszimmer hing ein großes Bild von Bobby beim Kochen. Das Paar hat die Wohnung dann auch nicht genommen.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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