Kinderbotschaften:"Mama, bitte den Kiffertopäden zurückrufen"

Kinderbotschaften: Diese Botschaften schrieben Kindern an ihre Eltern.

Diese Botschaften schrieben Kindern an ihre Eltern.

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Cordula Weidenbach sammelt Kinderbriefe mit kuriosen Botschaften. Im Interview erzählt sie, wie sie an die gekommen ist - und warum ihre eigenen Kinder nichts mehr beitragen wollen.

Interview von Christian Schlodder

Kinder sind ehrlich, Kinder können gemein sein. Und natürlich auch lustig, vor allem, wenn sie Botschaften hinterlassen - meist mit kleinen Rechtschreibfehlern. Die Münchner Autorin Cordula Weidenbach, 44, sammelt Zettel von Kindern. Soeben ist ihr viertes Buch "Ein Bruder zu verkaufen mit Bett und Spielzeug" (Heyne-Verlag) erschienen, in dem von Kindern gezettelte Botschaften die Hauptrolle spielen.

SZ: Wie kam es damals dazu, dass Sie Kindersprüche gesammelt haben?

Cordula Weidenbach: Ich hatte vor Jahren zu Weihnachten einen Kalender gebastelt, in dem meine Kinder ihre eigenen Sprüche illustrieren sollten. Das kam im Bekanntenkreis ganz gut an. Dann habe ich angefangen zu sammeln, im Bekanntenkreis und in Kindergärten. So entstanden mit der Zeit die Bücher.

Wie kam es dann zu den Zetteln?

Nach den Sprüchebüchern wollte ich gern was anderes machen. Ich hatte über die Sammlung auch schon einige Zettel beisammen. Dann hat mir meine Freundin Sabine ihre Erinnerungskiste gezeigt, in der sie Entschuldigungszettel, Drohbriefe und Wunschzettel ihrer Kinder aufbewahrt hat. Wir haben Tränen gelacht, als wir die angeschaut haben, und es war klar, dass das Potenzial hat.

Wie viele Zettel hatten Sie am Ende beisammen?

Ich habe zuerst mein Netzwerk aktiviert und dann zwei Jahre gesammelt. Viele Zettel und Fotos habe ich später auch einfach von anderen Eltern geschickt bekommen. Die mussten noch strukturiert werden. Am Ende hatte ich über 800 Zettel, von denen es 162 ins Buch geschafft haben. Seitdem das Buch erschienen ist, bekomme ich fast täglich neue geschickt.

Stammen die Botschaften alle von Kindern in den vergangenen Jahren?

Der älteste Zettel ist 30 Jahre alt, geschrieben von einem damals 15-Jährigen. Er rechtfertigt auf mehreren Seiten unfreiwillig komisch, warum er sich auf dem Schulhof geprügelt hat. Dieser Zettel oder Brief wurde aufbewahrt und wird bei Familienfesten immer wieder rausgeholt. Das ist ein richtiger Glücksfall. Denn so ein Zettel landet schnell auch mal im Müll. Ich finde allerdings, dass das Alltagsschätze sind, die man aufheben sollte.

Haben Sie als Kind selbst gezettelt?

Ja, durchaus. Meine Zettel sind leider alle verschollen. Ich habe einmal wütend meinem Opa geschrieben, der ein toller Mann war, groß und schlank, dass er "dig" und fätt" wäre. Wie Kinder manchmal so sind.

Sind Kinder wirklich ehrlicher?

Ja, absolut. Kinder sind gnadenlos ehrlich und impulsiv. Und das dürfen und sollen sie auch. Wir Erwachsenen müssen ja immer Vorbild sein und alles richtig machen. Kindern verzeiht man diese Dinge, das ist sehr erfrischend.

Kann man von Kindern noch was lernen?

Es gibt diese Theorie, dass Erstklässler auf manche Fragen zu 80 Prozent unterschiedliche Antworten geben und dann nach ein paar Jahren zu 80 Prozent die gleiche Antwort. Durch unsere Erziehung, Wertvorstellungen und Schule geht das recht schnell, und das finde ich sehr interessant. Man sollte sich eine kindliche Welt wohl so lange wie möglich bewahren - natürlich vor dem Hintergrund, dass wir manche Sachen als Erwachsene auch einfach nicht mehr bringen können. Vielleicht können wir von Kindern noch am ehesten lernen, uns treu zu bleiben. Außerdem haben Kinder eine große emotionale Bandbreite. Das kann man sich auf jeden Fall erhalten.

Kinderbotschaften: Cordula Weidenbach begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit lustigen Anekdoten über Taxifahrten. Als sie Bücher mit gesammelten Kindersprüchen veröffentlichte, wurde sie Bestsellerautorin.

Cordula Weidenbach begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit lustigen Anekdoten über Taxifahrten. Als sie Bücher mit gesammelten Kindersprüchen veröffentlichte, wurde sie Bestsellerautorin.

(Foto: privat)

Nun sind Kinder nicht nur sehr ehrlich, sondern manchmal auch schrecklich grausam zueinander.

Ja, das sieht man auch bei manchen Zetteln. Ich habe versucht, das im Buch gegenüber zu stellen. Auf der einen Seite beispielsweise die Aggression gegen die eigenen Geschwister und daneben diese Herzlichkeit, die Kinder aber auch haben.

Bücher mit geschriebenen Botschaften aller Art scheinen gerade im Trend zu liegen. Liegt das vielleicht auch daran, dass Leute immer weniger miteinander reden?

Das ist eine interessante Theorie. Ich glaube, dass diese Bücher eher im Trend liegen, weil Leute immer weniger Zeit haben und sich daher gern etwas Kurzweiliges anschauen möchten. Nun sagt man auch oft, dass sich Kommunikation in Zeiten von Whatsapp schon geändert hat. Doch die Kommunikation mit Zetteln gab es ja davor auch schon. Zettel sind einfach zeitlos.

Ihre Kinder waren auch hin und wieder Protagonisten in den Büchern. Haben sie schon angedeutet, irgendwann mal nicht mehr zur Verfügung zu stehen?

Ja, das haben sie. Ich muss nun immer öfter fragen, ob ich Sachen von ihnen verwenden kann. Mittlerweile höre ich oft: "Mama, das kommt jetzt aber nicht in dein Buch!" Bei beiden steht nun die Pubertät ins Haus. Meine Tochter ist 14, mein Sohn zwölf. Ein bisschen fürchte ich mich ja auch davor. Aber für ein weiteres Buch ist das natürlich sehr interessant.

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