Kritik:Klang nachholen

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Beim ersten Konzert der Saison begeistern die Münchner Symphoniker unter Kevin John Edusei im Prinzregententheater.

Von Andreas Pernpeintner, München

Es ist die Saisoneröffnung der Münchner Symphoniker, ihr erstes Konzert seit Langem mit großem Publikum und mit großer symphonischer Besetzung ohne Sicherheitsabstand zwischen den Musikerinnen und Musikern. Und vor lauter Freude über so viel musikalische Glückseligkeit haben die Symphoniker mit ihrem Chefdirigenten Kevin John Edusei für das Konzert im Prinzregententheater ein Programm ersonnen, das in nur drei Werken einen Großteil der Klänge nachholt, die lange Zeit ungespielt bleiben mussten.

"Pulse" heißt das eingangs gespielte Stück von Brian Raphael Nabors. Doch ist's in Wahrheit eher ein Herzrasen, das hier komponiert wurde. Diese Musik schöpft aus dem Vollen: mit großem Schlagwerkeinsatz, eruptiven Tutti, kraftvollem Blechbläserinferno. Erst die zweite Werkhälfte bietet hierzu einen Kontrast, mit sanft von Hand gestrichenen Klaviersaiten als leisestem Moment. Die Symphoniker interpretieren mit musikantischer Hingabe - und die trägt sie zusammen mit der Geigerin Tai Murray anschließend auch durch Igor Strawinskys deutlich herberes D-Dur-Violinkonzert.

Der Anfang wirkt wie für eine Brassband komponiert. Dann aber wird der Solopart mit seinen technisch enormen Hürden, den aberwitzigen Doppelgriffen und dem steten Pendeln zwischen rhythmischer Dominanz und zwischendurch aufscheinenden, oftmals kantig gebrochenen Kantilenen zum bestimmenden Element. Nicht zu jeder Sekunde sind sich Murray und die Symphoniker hier im Puls ganz einig (Edusei dirigiert ihn mit eher sanften Bewegungen), aber meistens. Der durchaus kräftig angedrückte Strich von Murray passt zu diesem Werk vorzüglich; im dritten Satz zeigt sie aber auch ihr Gespür für weitergespannte Bögen, die eines ruhigeren Atems bedürfen. Mit William L. Dawsons "Negro Folk Symphony", in der Spirituals, eine Menge Betriebsamkeit, dynamisches An- und Abschwellen und vor allem viel Fortissimo verarbeitet sind, kehrt nach der Pause die herzhafte Eingängigkeit des Konzertbeginns zurück.

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