Juwelenraub:München jagt die Pink Panthers

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Vermummte Täter zertrümmern mit einer Axt die Tür eines Juweliers in der Münchner Maximilianstraße. Der Raubüberfall trägt die Handschrift einer internationalen Bande - die Polizei nimmt sechs Männer fest.

Von Thomas Anlauf und Susi Wimmer

Es war wohl der dreisteste Überfall, den man auf der Maximilianstraße je gesehen hat: Fünf vermummte Männer zertrümmerten am Mittwoch gegen 11 Uhr mit einer Axt die Eingangstür des Juweliers Chopard, schlugen mindestens vier Vitrinen ein und erbeuteten hauptsächlich Uhren und Schmuck von noch unbekanntem Wert. Zu Fuß flüchteten die fünf in verschiedenen Richtungen aus dem Laden, draußen warteten offenbar auch noch Komplizen.

Nach Informationen der SZ nahm die Polizei bis zum Abend insgesamt sechs Verdächtige fest. Alle sollen aus dem osteuropäischen Raum stammen - und haben womöglich Verbindung zu der international agierenden Pink-Panthers-Bande. Die Mafia-ähnliche Organisation hat sich auf spektakuläre Raubüberfälle auf Juweliergeschäfte spezialisiert, nach ihren Mitgliedern wird weltweit gefahndet. Die Polizei prüfte am Abend einen Zusammenhang mit dem Münchner Überfall, kündigte aber weitere Informationen erst für eine Pressekonferenz an diesem Donnerstag an.

Große Parallelen zu anderen internationalen Überfällen

Auf dem Gehsteig vor dem Geschäft an der Maximilianstraße 11 und auf dem holzgetäfelten Boden im Ladeninneren liegen weiß-schimmernde Brösel. Es sind keine normalen Glassplitter, sondern die Überreste des Sicherheitsglases, das die Täter eingeschlagen haben. Die Polizei sperrt den Bereich vor dem Juweliergeschäft bis zur Straße hin ab. Die Ermittler wollen das genaue Vorgehen der rabiaten Täter rekonstruieren. Einer der Beamten simuliert mit einem Besen das Zerschlagen der Vitrinen, eine Angestellte duckt sich hinter einem Tischchen und hält sich die Ohren zu.

So ähnlich muss es gegen 11 Uhr gewesen sein, als die fünf maskierten Männer vor der Chopard-Filiale aufgetaucht waren. Einer von ihnen hatte eine mit Stoff umwickelte Axt im Anschlag und zertrümmerte mit einem gezielten Schlag die Eingangstür. Denn für gewöhnlich sind die Zugänge abgeschlossen. Kunden müssen an der gläsernen Eingangstür klingeln, erst dann öffnet ein Wachmann. Die Täter stürmten in den Laden, zerschlugen Vitrinen, griffen sich Uhren und Schmuck und stoben dann in unterschiedliche Richtungen davon. Ein Wachmann soll ihnen noch nachgelaufen sein. Die fünf Angestellten, die sich zum Zeitpunkt des Überfalls im Laden befanden, blieben unverletzt.

Die Art des Überfalls trägt die Handschrift der Pink-Panthers-Bande: Erst vor fünf Tagen wurde in Aachen ein ähnlich filmreifer Überfall auf einen Juwelier verübt. Am 3. Februar wurde eine Chopard-Filiale in Zürich ausgeraubt. Die Bandenmitglieder schlagen immer am helllichten Tag zu und haben es auf limitierte Schmuckstücke und Uhren abgesehen - auf deren Herstellung sich eben der Schweizer Juwelier Chopard spezialisiert hat. Im Schaufenster der Münchner Filiale war die günstigste Herrenuhr für gut 10 000 Euro ausgeschrieben. Das Unternehmen machte zuletzt 800 Millionen Euro Jahresumsatz.

Chopard-Uhren sind begehrte Sammlerstücke, viele Modelle gibt es nur in nummerierten Editionen. Allerdings gibt es bei Chopard in der Maximilianstraße auch Kollektionsware. Das Unternehmen will sich zu dem Überfall nicht äußern. "Die Überwachungsvideos werden aufgezeichnet", erklärt eine Sprecherin von Chopard Deutschland lediglich. Das heißt, es gibt ein Video von den Tätern.

Der Überfall muss sich in wenigen Sekunden abgespielt haben. Sogar in den Läden gegenüber, die einen direkten Blick auf die Eingangstüre von Chopard haben, hat man nichts gesehen und nichts gehört. "So was hab' ich hier noch nie erlebt", sagt eine Angestellte der Firma Montblanc. Sie sei völlig geschockt, man könne froh sein, dass den Angestellten nichts passiert sei. Im Versace-Store neben dem Juwelier-Geschäft sind die Mitarbeiter auch noch am Nachmittag sichtlich verstört.

Etwa zwei Stunden nach dem Münchner Überfall hatte die Polizei erklärt, fünf Männer befänden sich auf der Flucht, eine groß angelegte Fahndung nach ihnen sei in der gesamten Innenstadt eingeleitet worden. Die Angestellte eines Ladens in der Nähe hat andere Informationen: "Drei Täter hat die Polizei gleich nach dem Überfall festgenommen, die anderen hat man wohl später erwischt", erzählt sie, und auch, dass die Männer Waffen getragen hätten. Von dem Überfall selbst habe sie nichts bemerkt. Nur eine Kollegin von ihr habe ein Splittern wahrgenommen, "wie bei einem Altglascontainer".

"Der Schutz des Lebens geht immer vor"

Läden wie Chopard sind üblicherweise streng gesichert, die Alarmanlagen direkt mit der Polizei verbunden. Am Eingang ist Wachpersonal postiert. Einen derartigen Fall wie in der Maximilianstraße hat Oliver Wörl von den Sicherheitsdiensten München selbst noch nicht erlebt. Bei einem so brutalen Vorgehen könne man als Wachdienst nicht viel ausrichten. "Der Schutz des Lebens geht immer vor", so Wörl.

Der brutale Überfall auf Chopard war aber nicht der erste auf Geschäfte in der Maximilianstraße. Der bislang letzte ereignete sich vor fünf Jahren: Ein damals 26-jähriger Mann gab sich im Juweliergeschäft Fochtmann als solventer Kunde aus, der sich für einen Diamantring interessierte. Als die Verkäuferin Schmuck holen wollte, drückte der gut gekleidete Räuber der Frau eine Pistole gegen die Hüfte und befahl ihr, den Tresor zu öffnen. Doch der Täter wurde gestört und flüchtete mit einem Taxi. Die Polizei konnte den Täter wenig später festnehmen. Zwischen Juli 2001 und Mitte 2003 traf eine bundesweite Serie von Überfällen auch München: Räuber räumten die Vitrinen von vier Juwelieren leer.

© SZ vom 13.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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