Jazz:Junge Wilde und alte Meister

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Solo-Piano und Klavier-Trio, Groove und Eleganz - die Online-Konzerte der Woche aus München und Berlin überraschen durch Gegensätze und stilistische Vielfalt.

Von Oliver Hochkeppel

In Zeiten der Kontaktbeschränkungen ist es für einen Musiker eher vorteilhaft, wenn er ein Solo-Programm in petto hat. Der Augsburger Pianist Tim Allhoff, bis dahin vor allem durch sein mit allen verfügbaren Jazzpreisen Deutschlands dekoriertes Trio bekannt, brachte Ende Januar 2020 sein erstes Solo-Album "Sixteen Pieces For Piano" heraus, und das sogar beim Major Label Sony. Im Februar, also kurz vor dem ersten Lockdown, stellte er es in der Halle 4 des Einstein vor. Jetzt ist er direkt nebenan in der Unterfahrt zu Gast, und das wieder solo. Statt auf Tour unterwegs zu sein, hatte er viel Muße, dieses Projekt weiter voranzutreiben, und so wird man in diesem Konzert-Livestream bereits einen Vorgeschmack auf sein nächstes Solo-Album bekommen.

Ein völlig anderer Typ Jazz-Pianist beschließt diese Programmwoche, nicht nur, weil er im Trio kommt. Verkörpert Allhoff den kraftvollen Stil-Eklektizisten des aktuellen Mainstreams, so ist David Gazarov ein Großmeister des traditionellen Swing-Bop (genau wie seine Begleiter, der München-Rückkehrer Thomas Stabenow am Bass und Swing-Professor Michael Keul am Schlagzeug). Angereichert freilich mit der russischen Klassik-Schule, die er am Moskauer Gnesin-Konservatorium durchlief und den Klängen seiner Heimat Aserbaidschan, die er vor 30 Jahren in Richtung München verließ. Zwischen diesen beiden Piano-Polen wirbelt mit A-Strain ein echter Groove-Orkan: Das Quintett der beiden australischen Veteranen Adrian Mears (Posaune) und Peter O'Mara (Gitarre) komplettiert sich mit Patrick Scales am Bass, Guido May an Drums und Matthias Bublath an den Tasten zur einer Funk- und Latin-Jazz-Truppe der Extraklasse.

Diese Woche lohnt sich auch wieder der Blick über München hinaus. Das A-Train - gewissermaßen die Berliner Parallele zur Unterfahrt - präsentiert in zwei Streams zwei Jazz-Generationen. Erst mit dem Duo Elegance zwei - echte wie im übertragenen Sinne - Jazz-Professoren: den Vibrafonisten David Friedman und den Saxofonisten Peter Weniger. Dann den vielversprechenden jungen Sänger Atrin Madani, der im vergangenen Jahr auch Stipendiat der Villa Waldberta war.

Tim Allhoff , Do., 8. April, A-Strain , Fr., 9. April, David Gazarov Trio , Mi., 14. April, jeweils 20 Uhr, Unterfahrt, www.unterfahrt.de; Duo Elegance , Do., 8. April, Atrin Madani , Fr., 9. April, jeweils 20.15 Uhr, A-Trane Berlin, www.a-trane.de

© SZ vom 07.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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