Isarvorstadt:Live-Sessions aus der Schlangengrube

Plötzlich funktionieren Dinge, die man nie für möglich gehalten hätte. Der Saxofonist Tom Reinbrecht will in Kontakt mit dem Publikum bleiben. (Foto: Stephan Rumpf)

Für den Saxofonisten Tom Reinbrecht ist Aufgeben keine Option, via Stream schafft er Konzert-Atmosphäre

Von Katrin Kurz, Isarvorstadt

Als im März der erste Lockdown verkündet wurde, hat sich Tom Reinbrecht im Elektronik-Fachhandel noch schnell mit technischem Material eingedeckt. Kamera, Meeting-Software und Kabel, die bisher für seine Auftritte als Saxofonist nicht notwendig waren. Denn eines war ihm klar: "Das wird eine längere Geschichte." Von heute auf morgen fielen Konzerte und gebuchte Events weg, auch die Unterrichtsstunden mussten abgesagt werden. Sich auf das "Durcheinander" mit Anträgen und Formularen bei den versprochenen Wirtschaftshilfen einzulassen, war für ihn schnell frustrierend. Er wollte aktiv bleiben, weiter Musik machen und in Kontakt mit Publikum und Künstler-Freunden bleiben. Der Vollblut-Musiker gründete kurz entschlossen ein Crowdfunding-Projekt auf seiner Homepage, gegen einen finanziellen Beitrag möchte er Konzert-Atmosphäre in die heimischen Wohnzimmer transportieren. Im Februar startet er mit solchen Live-Sessions, die er mit mobilen Kameras, Interviews und Moderation als Online-Stream präsentiert. Die Aufnahmen werden anschließend auf einem Album verewigt und dem Publikum zugeschickt.

Als "Snake-Pit", Schlangengrube, bezeichnet er sein Projekt, in Anlehnung an das gleichnamige Aufnahmestudio des Motown-Labels. Wie in einer solchen fühlt man sich wohl, wenn es bei einer Live-Aufnahme keine Möglichkeit der Wiederholung oder Korrektur gibt. Passt es zum Anlass und den geltenden Vorschriften, bietet Reinbrecht Privat-Konzerte an oder komponiert eigene Songs für den Zuhörer. Sein Metier reicht von Jazz-Pop über Funk and Soul bis hin zu Latin-Pop. Selbst der Saxofon-Unterricht mit den Schülern klappt erstaunlich gut via Videokonferenz. "Das Positive ist, dass plötzlich Dinge funktionieren, die man nie für möglich gehalten hätte", sagt er zufrieden. Diese Erkenntnis macht schon allein beim Zuhören Mut.

© SZ vom 02.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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